2 | 20. Ungebetener Besuch

2.2K 105 71
                                    

Ich wollte euch nicht zu lange quälen. Also hier ist das nächste Kapitel. ❤️

Für alle, die Bella und Marten nachtrauern, gibt es heute ein kleines Wiedersehen.

Annas POV - September 2018

Ich hielt mich an der Stange fest, setzte eine Hand über die andere und zog mich mühsam hoch. Mir entwich ein Stöhnen, ich schlang meine Beine darum und keuchte auf.

„Alter", murmelte ich. „Wie schaffen die Mädels ins Martens Laden es sich dabei auszuziehen?"

Bella, die an der Stange daneben lehnte, war nass geschwitzt und schüttelte benommen den Kopf. „Ich hab keine Ahnung. Und du hast wenigstens noch Kraft in den Armen und kannst dich hochziehen."

„Dafür sterben meine Beine gerade." Fragend sah ich die Trainerin an. „Was muss ich jetzt machen? Loslassen und nach hinten lehnen?"

„Und die Spannung im Oberkörper nicht vergessen", nickte diese.

Bella trat hinter mich, stützte meinen Rücken leicht und ich ließ die Stange los. „Oh mein Gott, du hast es!", rief Bella fröhlich.

„Fuck, ich falle!" Und damit ließ die Kraft in meinen Beinen nach und ich riss Bella mit zu Boden. Mir wich die Luft aus den Lungen und ich musste lachen.

Bella rieb sich den Ellenbogen. „Aua", murmelte sie.

„Ich brauch ne Pause. Ich hab Voltaren in meiner Handtasche - falls mein Knöchel sich nochmal meldet." Ich nickte auf die dunkelgraue Céline Luggage und rappelte mich vom Boden auf. Ich streckte mich. Meine Muskeln fühlten sich müde an und ich unterdrückte ein Gähnen. Keine Ahnung, warum ich mich von Bella dazu hatte überreden lassen. Ich hatte eigentlich überhaupt keine Zeit für eine weitere Freizeitbeschäftigung.

„Ey, was hast du alles in dieser Handtasche? Wie viele Lippenstifte kann man immer mitschleppen?" Bella war fast mit dem ganzen Kopf versunken. Plötzlich hielt sie ruckartig inne. „Sag mir, dass das nicht wahr ist, Anna."

Mir wurde heiß und kalt und ich stürmte auf sie zu. „Gib das her!"

Sie hielt die Hand um die kleine Dose umschlossen, hielt ihren Arm nach oben. Verflucht seien die zehn Zentimeter, die sie größer war. „Anna, ich dachte, du hättest das hinter dir."

„Es ist nur im Moment, okay?" Ich trat einen Schritt nach hinten, sah verlegen zu Boden.

„Fuck, Anna. Im Examen hab ich es ja noch verstanden, aber warum jetzt?" Sie nahm den Arm runter, betrachtete die kleine Dose Ritalin. Sie seufzte. „Okay, wenigstens keine heftige Dosis. Welchen Apotheker hast du bestochen?"

„Johann hat es mir aus Köln mitgebracht."

„Ey, ihr zwei seid nicht normal." Sie schüttelte den Kopf.

Ich ließ mich auf den Boden fallen. „Ich schaff das sonst momentan einfach alles nicht, okay? Ich bin jeden Tag mindestens neun Stunden in der Kanzlei und Zuhause muss ich dann meistens noch was vorbereiten. Dann hab ich die blöden Autohäuser an der Backe und eine Hochzeit im Nacken. Das macht meine Konzentration sonst nicht mit."

Bellas Gesichtsausdruck wurde weich. „Oh Anna", murmelte sie, setzte sich zu mir auf den Parkettboden des Studios. Dass da gerade fünf andere Frauen knapp bekleidet zu lauter HipHop Musik an Stangen hingen, ignorierten wir beide. Pause war Pause. „Du riskierst deine Gesundheit. Wann siehst du endlich ein, dass es so nicht weitergehen kann? Du bist kein Übermensch. Ich dachte, dein Vater wäre bereit, dich zu entlasten."

„Entlasten heißt bei ihm, dass ich nur noch einmal die Woche persönlich anwesend sein muss", murmelte ich verbittert und dachte an die Auseinandersetzung mit meinem Papa von vor ein paar Wochen.

BESSER SAG NIX - SAG MIR ALLES | RAF CamoraWhere stories live. Discover now