2 | 17. Ein Wort

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Ich... ach, lest selbst.


Annas POV

Ich liebte London. Schon immer. Diese Stadt schaffe es immer aufs neue, mich zu faszinieren und in ihren Bann zu ziehen. Aber es war eben keine Stadt, in der ich leben wollen würde. Dafür war sie zu hektisch, zu laut und irgendwann nervtötend. Aber ich liebte, dass ich die Zeit mit Raphael teilen konnte und er sich für mich Harry Potter auf Englisch antat.

Das Theaterstück war genauso toll gewesen, wie ich es mir erhofft hatte. Während Raphael und ich durch die Straßen spazierten und an der Themse auskamen, hing ich meinen Gedanken hinterher und fragte mich, wie sie es geschafft hatten, die ganzen Effekte zu zaubern.

Dennoch hatte ich das Gefühl, dass Raphael irgendwie angespannt war. Vielleicht konnte er sich nicht ganz auf seine Freizeit konzentrieren. Mit den Gedanken schien er fast immer beim nächsten Album.

Umso mehr freute es mich, dass er es geschafft hatte, sich eine weitere Woche freizuschaufeln. Ich konnte nur erahnen, welche Schimpfwörter ihm John deswegen an den Kopf geschmissen hatte, aber wegen unserer Karrieren kam unsere Zeit zu zweit einfach viel zu oft zu kurz. Dass er dann auch noch Middelburg ausgesucht hatte, war mein absolutes Highlight. Er tat sich freiwillig eine Woche lang eine kleine holländische Stadt an und das nur für mich.

Ich hatte schon lange überlegt, wie ich ihm meine Großeltern vorstellen könnte, aber unsere engen Terminkalender hatten das nur erschwert. Dass er es selbst in die Hand genommen hatte, überraschte und erfreute mich zugleich. Jetzt kannte er wirklich jeden Aspekt an mir, wusste vollständig wo ich herkam.

Von Middelburg aus fuhr ich mit ihm nach Yerseke, dem Geburtsort meiner Mutter, zeigte ihm wo ich als Kind am Meer gespielt hatte. Ich hätte gerne eine Fahrradtour nach Veere gemacht, aber RAF Camora hatte da etwas gegen gehabt.

"Ich fahr doch nicht auf so einem Hollandrad", hatte er geschimpft, weswegen ich mich dazu hatte breitschlagen lassen, Roller auszuleihen. Das empfand mein italienischer Macho als männlicher. Mir sollte es recht sein.

Während wir in England angenehme Anonymität genossen hatten, machte Holland uns das schwerer. Raphael wurde häufig erkannt. Und ich bemerkte, wie sehr ihn das stresste. Er war durchgängig angespannt, schien sich von allen Seiten beobachtet zu fühlen. In Berlin war mir das nie so stark aufgefallen, aber da waren wir auch meistens in Gegenden unterwegs, wo man ihn schon vor dem Ruhm kannte und entsprechend in Ruhe ließ.

Obwohl keine Ferienzeit war, waren einige Deutsche, Österreicher und Schweizer und darunter auch Jugendliche unterwegs. Vereinzelt wurde Raphael nach Fotos gefragt, die ich dann schnell machte. Irgendwie sickerte jetzt erst richtig zu mir durch, wie bekannt er eigentlich war und warum er ständig Abudi um sich herum hatte. Er schien einen Bodyguard mittlerweile wirklich zu brauchen.

"Das nächste Mal nehmen wir Abudi mit", murmelte ich als ich an einer der Eisdielen mit ihm stand.

Raphael zog eine Augenbraue hoch. "Hältst du es nicht mehr mit mir aus?", fauchte er beleidigt.

"Quatsch. Aber du bist total angespannt, weil dich hier doch mehr Leute erkennen und ansprechen. Wenn Abudi bei sowas dabei ist, bist du viel ruhiger. Ich will nur, dass du entspannst, Rapha."

Sein harter Gesichtsausdruck wurde weich und er legte einen Arm um mich. Ich lehnte mich an ihn und er drückte mir einen Kuss aufs Haar. "Ich entspanne mich", versprach er. "Du weißt, ich kann nur nicht gut Urlaub machen. Und dass dein Opa mich unterschwellig immer noch mit der Harpune bedroht, macht es nicht besser."

Ich lachte auf. "Du bist der erste Mann, den ich hierher bringe. Sieh es ihm nach." Ich trat nach vorne. "Twee kopjes alstublieft. Een met pistache en de andere met chocolade en framboos", bestellte ich unser Eis.

BESSER SAG NIX - SAG MIR ALLES | RAF CamoraWhere stories live. Discover now