Ungebetene Gäste

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„Schachmatt!“
„Verdammt!“, Harry lehnte sich entmutigt zurück, während Ron breit grinste.
Hermine sah flüchtig von ihrem Buch auf und war überrascht, dass die beiden die Runde Zauberschach bereits beendet hatten. Sie war wohl mal wieder völlig in das Buch vertieft gewesen und hatte dabei die Zeit vergessen. Es war morgens und die drei saßen in einer der drei Schlafzimmer des Hauptquartiers und vertrieben sich die Zeit, während der Orden sich in der Küche versammelt hatte und irgendwelche strenggeheimen Dinge besprach. Mrs. Weasley hatte die Langziehohren von George und Fred endgültig entsorgt, weshalb sie nicht auf dem neusten Stand waren- sehr zu ihrem Missfallen. Weil das neue Hauptquartier jedoch sehr klein war, bekamen sie dennoch hin und wieder etwas mit. So auch jetzt. Als die drei Freunde die Türklingel hörten, horchten sie auf. Selbst Hermine legte ihr Buch beiseite. Soweit sie wussten waren alle Ordensmitglieder bereits eingetroffen- wer also konnte das sein? Sie hörten, wie jemand zur Tür lief und sie öffnete. „Was ist mit ihr?“, hörten sie Sirius' Stimme fragen. Hermine saß sich mit gerunzelter Stirn auf. Sie konnten die Antwort der Person, die vor der Tür stand, nicht verstehen, aber schließlich sagte Sirius: „Bring sie rein.“ 
Die drei sahen sich ratlos an. Jemand betrat das Haus und die Tür fiel ins Schloss. Erneut erklangen Schritte. „Was ist los, Sirius?“, fragte Lupin mit angespannter Stimme. Sirius' Antwort war zu leise, als dass sie sie verstehen könnten. „Es ist auf jeden Fall unüblich.“, antwortete Lupin auf eine Frage, die Sirius ihm gestellt haben musste. „Wie lang ist es her, seit sie gebissen wurde?“
„Ungefähr eine Woche.“, erwiderte eine Stimme, die ihnen nur zu gut bekannt war. Harry stand abrupt auf. „Was zur Hölle macht Malfoy hier?!“, stieß er hervor. Ron und Hermine schienen nicht weniger fassungslos. Die Stimmen draußen entfernten sich und Harry ging hastig zur Tür. Er öffnete sie einen Spaltbreit und sah gerade noch, wie Malfoy mit Jocelyn auf den Armen den Flur hinunter verschwand. 
„Ich wusste es!“, Harry schloss die Tür wieder und wandte sich aufgebracht zu seinen Freunden um. „Malfoy hat irgendwas vor! Ich wette, er benutzt Jocelyn, um an Informationen über den Orden zu kommen!“
„Jocelyn? Haben Sirius und Lupin über sie geredet?“, fragte Ron nach. „Ja, sie scheint verletzt.“, sagte Harry und lief fieberhaft im Zimmer auf und ab. Hermine schürzte die Lippen. „Woher weiß Malfoy überhaupt, wo das Hauptquartier ist?“, rätselte sie.
„Ich sehe, ihr habt auch schon Wind von unseren neuen Gästen bekommen?“, Fred tauchte wie aus dem Nichts neben Ron auf dem Bett auf, der erschrocken zusammen zuckte.
„Die Kinder der zwei schlimmsten Todesserfamilien mitten zwischen uns!“, rief George, der urplötzlich neben Hermine erschien, theatralisch aus. Die Zwillinge hatten die letzten Tage in der Wohnung über ihrem immer erfolgreicher werdenden Scherzartikelladen übernachtet, aber nun waren sie für ein paar Tage wieder heimgekommen.
„Wenn ihr mich fragt, ist Sirius total verrückt, die ins Haus zu lassen.“, schüttelte Fred den Kopf.
„Warum suchen sie ausgerechnet hier Hilfe? Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn.“, meinte Ron verständnislos. „Für dich vielleicht nicht, Brüderchen. Ich jedoch bin mir sicher, dass Fortescues angebliche Verletzung nur ein Vorwand ist.“, sagte Fred und nickte eindrücklich.
„Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Sirius und Lupin darauf hereinfallen würden. Sie müssen irgendeinen Grund haben, sie hereinzulassen.“, sagte Hermine.
„Malfoy ist durch und durch böse.“, sagte Harry finster. „Es ist doch offensichtlich, dass er nichts Gutes im Sinn hat.“
Ron nickte. „Harry hat recht.“
Die Tür öffnete sich erneut und Ginny schlüpfte hinein. „Ihr werdet nicht glauben, wen ich gerade gesehen habe!“, platzte sie heraus. „Malfoy!“, sagten Hermine, Ron, Harry und die Zwillinge im Chor. Ginny schien für einen Moment aus dem Konzept gebracht zu sein, aber schließlich meinte sie: „Was zur Hölle macht der hier?!“
„Den Orden ausspionieren.“, sagten George und Fred gleichzeitig. Ginny ließ sich in den Sessel plumpsen, in dem Harry bis vor kurzem gesessen hatte, und schüttelte verständnislos den Kopf. „Ich kapier' das Ganze echt nicht.“
„Ich auch nicht.“, sagte Hermine, deren Stirn immer noch gerunzelt war. Sie wollte noch etwas sagen, aber in dem Moment näherten sich Schritte. „Vielleicht sollten wir Dumbledore Bescheid sagen...“, hörten sie Sirius' Stimme. Lupins Antwort war nicht mehr zu hören, da sie beide zurück in die Küche gingen. „Dumbledore?“, wiederholte Ron ungläubig. Wenig später hörten sie erneut Stimmen auf dem Flur. Harry öffnete die Tür wieder einen Spaltbreit und beobachtete, wie Mrs. Weasley mit einem Tablett voller Tränke den Flur hinunterlief. Die nächste halbe Stunde rätselten sie über Malfoys Motiv und Jocelyns Rolle dabei, wobei Fred, George und Ron glaubten, dass Jocelyn mit ihm unter einer Decke steckte, während Harry, Hermine und Ginny glaubten, dass er sie mit irgendetwas erpresste. Als schließlich die Zimmertür aufging, waren sie so in ihre Diskussion vertieft, dass sie es erst gar nicht bemerkten. Erst als sich jemand belustigt räusperte, verstummten sie und wandten sich hastig zur Tür um. Dort stand Sirius und Harry platzte sofort raus: „Sirius, was macht Malfoy hier?!“ 
Sein Pate seufzte und trat ins Zimmer. Er schloss die Tür hinter sich und sagte dann mit gedämpfter Stimme: „Mir passt es auch nicht, dass er hier ist, das könnt ihr mir glauben.“
Sie sahen ihn alle gespannt an. „Aber wieso ist er hier? Woher wusste er überhaupt, wo das Hauptquartier ist?“, wollte Harry wissen.
Sirius verzog bedauernd das Gesicht. „Ich kann euch das nicht erzählen, tut mir leid.“, meinte er.
„Was hat Jocelyn?“, fragte Ginny. Sirius zögerte. „Ach komm schon, Sirius!“, bettelte sie. „Irgendetwas musst du uns doch erzählen können.“
„Sie wurde von einem Werwolf gebissen.“, erzählte Sirius widerstrebend. „Gestern war der erste Vollmond seit sie gebissen wurde, aber sie hat sich nicht verwandelt. Stattdessen hat sie starkes Fieber und Halluzinationen bekommen. Außerdem...“, er verstummte. „Außerdem?“, hakte George nach.
„Tut mir leid, mehr kann ich euch nicht sagen.“, schüttelte Sirius den Kopf.
„Und wie lang bleiben sie?“, fragte Ron missmutig. 
„So lange, bis es Jocelyn wieder besser geht.“
„Die beiden kommen aus den schlimmsten Todesserfamilien überhaupt! Wie verdächtig ist es bitte, dass sie gerade bei uns Hilfe suchen?“, sagte Fred mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Eben!“, stimmte Ron ihm zu. „Das ist doch bestimmt eine miese Falle.“
„Dumbledore vertraut Jocelyn, also tue ich es auch.“, meinte Sirius knapp.
„Ja, und was ist mit Malfoy?“, fragte Harry wütend.
Sein Pate seufzte entnervt. „Hört zu, Dumbledore weiß schon, was er macht. Wenn er sagt, dass von ihnen keine Gefahr ausgeht, dann wird das auch so sein.“
„Weiß er überhaupt schon Bescheid, dass sie hier sind?“, fragte Ron zweifelnd.
In dem Moment erklang ein schmerzerfüllter Schrei. „Was war das?“, fragte Hermine besorgt. Sirius ging zur Tür. „Bleibt einfach hier drin, okay?“, sagte er und verschwand aus dem Zimmer.

Burning DarknessWhere stories live. Discover now