Kapitel 3.29

926 36 7
                                    


"Du kannst deiner kleinen Schwester ruhig mal einen Gefallen tun", sprach ich in mein Telefon, als ich am späten Vormittag nach einem Treffen mit unserer Hochzeitsplanerin wieder in den Fahrstuhl stieg.

Dank der eisigen Temperaturen, die heute draußen herrschten, bedeckte eine Mütze meinen Kopf und meine Hände steckten in kuscheligen Handschuhen damit ich mich nicht gleich in einen Eisberg verwandeln würde. Es war sogar so kalt, dass sich mein Atem beim Sprechen zu weißen Nebelschwaden formte.

"Du weißt, dass das nicht geht", hörte ich meinen Bruder am anderen Ende der Leitung sagen. "Ich kann einfach nicht länger als fünf Minuten mit Dad in einem Raum sein, ohne dass alles in einen Streit ausartet. Ich möchte euch allen mit meiner Anwesenheit einfach nicht das Weihnachtsfest verderben."

Es war wirklich nicht die leichteste Aufgabe meinen Bruder dazu zu bewegen Weihnachten bei uns in Kanada zu verbringen. Er konnte sich mit dem Gedanken einfach nicht anfreunden so viel Zeit mit unserem Vater zu verbringen.

"Der einzige, der es verderben wird, ist Dad, wenn er eure jahrelange Auseinandersetzung nicht endlich mal ruhen lässt", schnaubte ich verärgert und presste die Mappe, die mir unsere Hochzeitsplanerin vor wenigen Minuten überreicht hatte, enger an meine Brust. "Er muss doch nicht ständig versuchen irgendwelche alten Geschichten hervor zu kramen und auf längst vergessenen Fehlern herumhacken. Diese Stimmung zwischen euch ist für die ganze Familie mittlerweile unerträglich. Ich warte nur darauf, dass er einen Grund findet dich endgültig fertig zu machen."

Finn seufzte laut auf. "Ich fürchte den haben wir ihm schon gegeben, Schwesterherz. Denn wenn er von der deiner Verlobung erfährt und herausfindet, dass ich schon länger als er davon weiß, bin nicht nur ich, sondern auch Shawn und du geliefert."

Nachdenklich biss ich mir auf meine Unterlippe, während mein Kopf noch die Worte meines Bruders verarbeitete.

"Er wird ziemlich sauer und enttäuscht von uns sein, nicht wahr?", fragte ich, nachdem der Lift angehalten und seine Tür geöffnet hatte. "So wie du es ausdrückst klingt es ja noch ganz harmlos", sagte der Junge belustigt. "Man könnte ja fast denken Dad würde wie ein normaler Vater reagieren. Nur dumm, dass er nicht ganz so viel Liebe für seine Kinder wie einer besitzt."

"Finn, bitte", mahnte ich ihn vorwurfsvoll und klamm mein Handy zwischen meine Schulter und meinen Kopf damit ich eine Hand frei hatte, um die Wohnungstür aufzuschließen. "Auch wenn es oft nicht so aussah, Dad wollte immer nur das Beste für uns."

Ich drückte die Tür zu unserer Wohnung auf, und horchte einen kurzen Moment, um herauszufinden ob Shawn schon von seinem Treffen mit Andrew zurück war. Aber es war still, er schien noch nicht wieder da zu sein.

"Das Beste?", fragte Finn empört. "Das einzige was dieser Mann von uns wollte war, dass wir seinen Willen erfüllen, June. Nicht mehr und nicht weniger." Augenverdrehend zog ich mir meine Mütze und meine Handschuhe aus. Das Thema Dad war bei Finn einfach aussichtslos. Sie würden sich einander immer wieder Vorwürfe machen.

"Lassen wir das Thema okay? Ich will mich nicht mit dir wegen so etwas streiten. Dafür habe ich zurzeit einfach keinen Kopf", murmelte ich nachdem ich mir meine Jacke ausgezogen hatte. "Erzähl mir lieber wie es bei dir läuft", verlangte ich und nahm die Mappe mit den Unterlagen unserer Hochzeit von der Kommode.

"Gut", brummte mein Bruder wenig überzeugend in sein Handy. "Merk ich", seufzte ich und lief in Richtung Schlafzimmer, um die Mappe zu den restlichen Katalogen und Blättern zu legen.

Nach wenigen Sekunden begann Finn doch mit der Sprache heraus zu rücken und erzählte mir von seiner neuen Wohnung, die in einem anderen Stadtteil von Madrid lag, als die jetzige.

Total vertieft in seine Erzählungen, öffnete ich die Schlafzimmertür. Doch ich kam nicht weiter als ein paar Schritte, denn vor meinen Füßen entdeckte ich plötzlich drei kleine Pillen. Ich hob meinen Blick und sah, dass der Fußboden vor unserem Bett voll von diesen kleinen Tabletten lag.

Shawn saß zusammengekauert und eingeschlossen von den Tabletten vor unserem Bett. Der Anblick der leeren Pillendose neben ihm, ließ mein Herz stolpern und mir rutschte mein Smartphone und die Mappe aus der Hand.

Der Aufprall meines Handys hallte durch den gesamten Raum und ließ die Person vor mir zusammenzucken. Aus Shawns Augen flossen Tränen, als er mich ansah.

"Shawn", stieß ich mit zitternder Stimme aus und ließ mich vor ihn auf die Knie sinken. Wie automatisch griffen die zittrigen Hände meines Freundes nach meinen.

Shawns ganzer Körper bebte und ich spürte wie schwer es ihm viel zu atmen. Mir selbst fiel es auch schwer Luft zu holen, als ich ihn so sah. Ein Schmerz, wie ich ihn noch nie zu vor gespürt hatte, überkam mich als Shawn seinen Mund öffnete.

Die Worte, die seine Lippen nur wenige Sekunden später verließen, brachten mich dazu ebenfalls in Tränen auszubrechen.

"June, ich glaube ich schaff das nicht mehr ... ich brauch dich..."

Und in diesem Moment schrie alles in mir von hier weg zu laufen. Mein Kopf sagte mir ich sollte seine Hand loslassen, aufstehen und davonlaufen.

Aber hörte nicht auf meinen Kopf, ich rannte nicht weg.

Ich blieb genau an der Stelle sitzen, an der ich war und hielt Shawn fest. Als Warnung für meinen eigenen Kopf, dass ich hier nicht ohne ihn weggehen würde, hielt ich mich an seinem warmen Körper fest.

Mit meinen Händen strich ich dabei vorsichtig über seinen Rücken und versuchte ihn zu beruhigen, während mir selbst noch immer Tränen über die Wange liefen.

"Ich kann nicht mehr, June. Ich schaff das einfach nicht mehr, ich brauch deine Hilfe", wiederholte Shawn immer wieder leise und mit zittriger Stimme als ich seinen Oberkörper berührte. Ich spürte wie sich sein Brustkorb unregelmäßig unter meiner Hand hob und senkte.

"Ist okay", flüsterte ich mit erstickter Stimme, während ich versuchte nicht noch mehr zu weinen. "Ich bin hier, Shawn", schniefte ich und tastete vorsichtig den Fingern meines Verlobten. "Wir schaffen das", drückte ich seine Hand, "ich verspreche es dir."

Vorsichtig löste ich mich von meinem Freund und begann mit meinen Fingern ihm die verschwitzen Haare aus der Stirn zu streichen. Dabei zwang ich mich in seine Augen sehen.

"Alles wird gut", flüsterte dabei immer wieder vor mich hin, obwohl ich in diesem Moment selbst nicht die Kraft hatte, um an meine Worte zu glauben.

Und mit einem Mal sah ich, wie sich Shawns braune Augen nach hinten verdrehten und seine Atmung flacher wurde. Er schloss seine Augenlider.

"Shawn", rief ich entsetzt und berührte sein Gesicht. Aber schon da zeigte er keinerlei Reaktion mehr. Panisch streckte ich mich nach meinem Handy aus, das noch immer auf dem Boden lag.

Schluchzend legte ich Shawns Kopf auf meinem Schoß ab und tippte die Telefonnummer des Notrufes in mein Handy ein. Mit meiner freien Hand fuhr ich immer wieder über seine Wange, in der Hoffnung, er würde wieder seine Augen aufschlagen.

Aber er tat es nicht.

. . .

i can't lose you,
because if i ever
did, i'd have lost
my best friend,
my soulmate,
my smile,
my laugh,
my everything. 
by unknown

 by unknown

Oops! This image does not follow our content guidelines. To continue publishing, please remove it or upload a different image.
Vollidioten küsst man nicht | Shawn Mendes Fanfiction (Teil 1+2+3+4)Where stories live. Discover now