s i x t y t w o.

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-Samstag, 12. Januar 2019-

Blinzelnd öffne ich am nächsten Morgen meine Augen und muss für einen Moment erst einmal realisieren, dass Shawn wirklich endlich wieder neben mir liegt. Aus diesem Grund kuschle ich mich an ihn und schließe noch für ein paar Minuten die Augen. Nach kurzer Zeit legt Shawn seinen Arm um mich und zieht mich näher an sich. „Hey Emma..." fängt er leise an und allein die Tatsache, dass er mich nach so langer Zeit wieder bei meinem richtigen Namen nennt, lässt mich aufschauen. „Du weißt, was heute ist?" Ich schlucke und nicke dann leicht, bevor ich meinen Kopf dann wieder auf seiner Schulter ablege. „Ich bin bei dir und ich weiß ganz genau, dass du das meistern wirst." Abermals nicke ich.

Den Vormittag über war ich nicht seht gesprächig und saß mehr oder weniger nur in meinem Zimmer und habe das Kleid angestarrt, das ich heute tragen werde. Schließlich, als ich mich wirklich fertig machen musste, ziehe ich mich an und ziehe gerade den Reißverschluss zu, als es an der Tür klopft und Karen den Raum betritt. „Kann ich dir helfen, Emma?" Ich lächle ganz leicht und bedanke mich leise, als Karen sich bereits daran macht, meine Haare leicht zu locken und zu einer Hochsteckfrisur zu fassen. Da meine Haare immer noch relativ kurz sind, stellt sich das zwar als schwieriger heraus als gedacht, aber schlussendlich sitze ich doch mit fertigen Haaren vor dem Spiegel. Ich atme tief durch und stehe auf, um mir meine Jacke zu nehmen und mich auf den Weg nach unten zu machen. Geschminkt habe ich mich mit Absicht nicht, weil ich bereits ahne, dass ich weinen werde.
Unten stehen Aaliyah und Manuel, während Shawn gerade erst zu ihnen tritt. Bei den dreien angekommen ziehe ich mir meine Schuhe an und atme dann tief durch, als Aaliyah mich bereits in den Arm nimmt. „Du schaffst das." murmelt sie in meine Schulter und löst sich wieder von mir, weshalb sie mein leichtes, kurzes Lächeln noch sehen kann.

Schon, als der Wagen vor dem kleinen Friedhof hält, zieht sich mein Herz zusammen und mein Hals wird trocken. Nur langsam steige ich aus und betrachte die Kapelle, in der die Trauerfeier für Chloe stattfinden soll. Shawn nimmt meine Hand und schaut mich aufmunternd an, weshalb ich mich ein wenig stärker fühle und mich dazu durchringen kann, loszugehen. Es ist eigentlich ein schöner Tag, kaum Wolken am Himmel und vergleichsweise warm. Wir gehen den schmalen Kiesweg entlang, immer weiter auf die Kapelle zu, vor der einige Leute stehen. Erst von Nahem kann ich Katharina und Stefan, Chloes Eltern, erkennen und lasse Shawns Hand los, um zu ihnen zu gehen. Als auch sie mich entdecken, lächeln sie traurig und nehmen mich beide in den Arm, als ich bei ihnen angekommen bin. Nur zaghaft löse ich mich wieder und will etwas sagen, aber kein Wort kommt über meine Lippen. „Ist schon okay, Emma. Wir wissen, dass sie dir viel bedeutet hat und wie schwer dir das alles fallen muss." So nicke ich einfach stumm und gehe zurück zu Shawn, um gemeinsam mit ihm die Kapelle zu betreten. Schon als ich den Sarg erblicke, verkrampfe ich mich ein wenig und schlucke hart, als ich Liam in der vorletzten Reihe entdecke. „Gehen wir zu ihm?" frage ich Shawn leise, der nickt und so nehmen wir neben meinem besten Freund Platz, der daraufhin aufschaut. „Emma!" sagt er und klingt erstaunlich überrascht. Ich sage aber einfach nichts dazu und richte meinen Blick nach vorne, als Chloes Eltern dann auch die Kapelle betreten und es somit losgeht.
„Chloe Marie Campbell nahm am 27. Dezember 2018 Abschied von dieser Welt, viel zu früh. Sie führte ein glückliches Leben, hatte tolle Freunde und eine heile Familie. Wir sind hier heute beisammen, um ihr die letzte Ehre zu erweisen und von ihr Abschied zu nehmen. Ihre Eltern haben beschlossen, ihr noch so junges Leben nachzuerzählen, damit sie immer in Erinnerung bleiben wird." Katharina und Stefan gehen nach vorne und stellen sich neben den Sarg, bevor Chloes Mutter anfängt, zu reden. Das Ganze ist vom ersten Satz an so emotional, dass ich erneut nach Shawns Hand greife und er beruhigend mit seinem Daumen über meinen Handrücken streicht. Chloe ist war nur 16 Jahre alt geworden, hat aber doch einiges erlebt und es war schön, so doch noch etwas über sie zu erfahren.
„Falls es noch jemanden gibt, der gerne etwas über Chloe sagen möchte, so kann er dies nun tun." Ich beiße mir auf die Unterlippe, bevor ich tief durchatme und aufstehe. Sowohl Shawn, als auch Liam gucken mich überrascht an, bevor Shawn ebenfalls aufsteht, um mir Platz zu machen. Mit klopfendem Herzen mache ich mich auf den Weg nach vorne und stelle mich ebenfalls neben den Sarg. Als mein Blick auf sie fällt, wie sie da mit blasser Haut und dennoch wunderschön daliegt, hätte ich sofort losweinen können. Ich reiße mich aber zusammen und räuspere mich leise, bevor ich anfange. „Also, ich kannte Chloe lange nicht so gut wie die meisten anderen, die hier sind. Dennoch ist sie mir in dem halben Jahr, in dem ich sie besser kennengelernt habe, so sehr ans Herz gewachsen, dass mir der bloße Gedanke daran, sie nie wiedersehen zu können, Tränen in die Augen treibt. Chloe war ein unglaublich positiver Mensch, der es immer geschafft hat, einen aufzumuntern und der immer für einen da war, egal wie schlecht man drauf war. Sie hatte etwas an sich, das man einfach nicht beschreiben kann. Immer, wenn ich bei ihr war, fühlte ich mich wohl und ich konnte mit ihr über alles reden. Ich fühlte mich akzeptiert und... als wäre ich Ich selbst. So fühle ich mich nicht bei vielen Personen und... Ich weiß einfach nicht, wie eine so wundervolle Person wie Chloe Marie Campbell es verdient haben sollte, uns so früh verlassen zu müssen. Ich würde so so viel dafür geben, wenn sie heute noch... bei uns sein könnte, bei mir sein könnte, oder auch bei Liam und ihren Eltern. Du fehlst mir, Chloe. Und ich werde dich niemals vergessen."

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Bitte hört euch das Lied dazu an, ich finde es so emotional :/

ᴛᴏʀᴏɴᴛᴏ ʟᴏᴠᴇ || sᴍWhere stories live. Discover now