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-Donnerstag, 5. Juli 2018-

"Du bist so ruhig, seit du gestern Abend wiedergekommen bist, Emma. Ist irgendetwas passiert?" 

Ich gucke Avery an und überlege wirklich für einen Moment, ob ich es ihr erzählen soll, lasse es dann aber doch sein. Stattdessen schüttle ich nur den Kopf und entschuldige mich dann, um in mein Zimmer zu gehen. Kurzerhand setze ich mich mit meinem Laptop auf das Bett und fahre ihn hoch. Währenddessen frage ich Lynn und Lia, ob sie Zeit haben, zu skypen. 

'Hier ist es gleich Mitternacht und ich muss morgen früh aufstehen :(' kommt kurz darauf die Nachricht von Lia und Lynn schein auch nicht erreichbar zu sein. Frustriert stöhne ich auf und gucke an die Decke, bevor ich beschließe, eine andere Person anzurufen.

"Emma?", fragt Shawn direkt nachdem er den Anruf angenommen hat. 

"Hey Shawn", murmle ich und beiße mir auf die Unterlippe. 

"Wie geht's dir?", fragt er und klingt ehrlich interessiert. 

"Könnte ich heute eventuell bei dir übernachten?", weiche ich der Frage aus, in dem Wissen, sie früher oder später eh beantworten zu müssen. 

"N-natürlich, ich hole dich in einer halben Stunde ab." 

"Danke Shawn", sage ich noch leise, bevor ich auflege und die nötigsten Sachen einpacke. War es eine so gute Idee, bei Shawn zu übernachten? Ich weiß es nicht, aber ich schätze mal, dass ich es herausfinden werde.

Mit der Tasche mache ich mich auf den Weg nach draußen, damit Shawn nicht wieder klingeln muss. „Wo willst du hin?" fragt Ethan, als er mich mit der Tasche sieht. 

"Ich übernachte bei einem Freund", gebe ich ihm stumpf als Antwort und öffne die Tür, als er noch einmal nach mir ruft. 

"Bitte pass auf dich auf, ja?" 

Ich gucke ihn kurz stumm an, bevor ich nicke und die Tür hinter mir zuziehe. In der Einfahrt lasse ich meine Tasche fallen und setze mich auf diese, während ich mein Handy hervorhole und ein wenig auf Instagram herumgucke. Lange kann ich das allerdings nicht tun, denn jemand kommt auf mich zu. Ich hebe den Blick und sehe Shawn, er trägt einen Kapuzenhoodie, dessen Kapuze er tief ins Gesicht gezogen hat, eine dunkle Jeans, schwarze Schuhe und noch eine Jeansjacke. Alles in Allem sieht er trotz der langsam eintretenden Dunkelheit unverschämt gut aus und ich stehe erst auf, als er direkt vor mir steht. Kurz gucken wir uns einfach an und als er etwas sagen will, falle ich ihm einfach in die Arme und merke, wie auch er seine Arme um mich legt und mich fest an sich drückt. 

"Wollen wir?", fragt er dann, als wir uns wieder lösen und ich nicke leicht. Erstaunlicherweise nimmt Shawn meine Tasche und deutet mir dann mit einem Nicken an, dass das schon in Ordnung geht. So gehen wir also los, schweigend nebeneinander. Beinahe den gesamten Weg über streifen sich unsere Hände immer wieder, bis ich irgendwann spüre, wie er vorsichtig nach meiner Hand greift und sie mit seiner verschränkt. Ein leichtes Lächeln breitet sich auf meinen Lippen aus und ich merke, wie die Anspannung von ihm abfällt. Händchen haltend kommen wir bei ihm zuhause an und werden von seinen Eltern begrüßt, die erst uns, dann zwischen uns gucken und da fällt mir ein, dass wir ja immer noch mit verschränkten Händen dastehen. Shawn scheint das auch jetzt erst wieder bemerkt zu haben, denn er räuspert sich und entschuldigt uns dann, bevor er mit hinter sich her nach oben und in sein Zimmer zieht. 

"Das war mal mehr als komisch. Wahrscheinlich denken sie jetzt wieder, dass wir zusammen sind, wie gestern auch schon." 

Ich habe das eigentlich als Scherz gemeint, aber Shawn scheint das ernst genommen zu haben. 

"Tut mir leid", murmelt er und setzt sich auf sein Bett. Fragend gucke ich ihn an, bevor ich mich mit einigem Abstand neben ihn setze. 

"Was sollte dir denn leidtun?" 

"Ich habe doch deine Hand genommen, wegen mir denken sie jetzt wieder etwas Falsches." 

Ich ziehe meine Augenbrauen nach oben und rücke nun doch etwas näher zu ihm. 

"Aber sowohl du als auch ich haben vergessen, dass wir sie gehalten haben. Außerdem habe ich es doch zugelassen, also ist das Ganze sicherlich nicht deine Schuld." 

Shawn atmet tief durch, bevor er nickt und sich durch seine Haare fährt. Ich habe meinen Mund schon geöffnet, um etwas zu sagen, da vibriert mein Handy und ich hole es hervor. 

"Oh", mache ich nur und lese die Erinnerung meines Kalenders dann erneut. 

"Was ist?", fragt Shawn vorsichtig und ich halte ihm mein Handy hin. 

"Passt vielleicht nicht gerade zum Thema, aber es ist doch WM und naja, Deutschland ist im Halbfinale..." 

Trotz der Situation lächelt Shawn und fragt, gegen wen und wann genau Deutschland spielt. 

"Sie spielen übermorgen, also am 7., um 16:00 Uhr deutscher Zeit, also um 10:00 Uhr morgens hier, wenn es überhaupt hier übertragen wird. Oh, und Deutschland spielt gegen Brasilien." 

"Klar wird die WM hier übertragen, in Ottawa gibt es sogar Public Viewing." 

"Aber bin ich da nicht ziemlich alleine mit meinem Deutschland-Trikot?" 

Shawn lacht. 

"Darüber musst du dir definitiv keine Gedanken machen. Die meisten der Zuschauer unterstützen Deutschland und haben auch selbst Trikots. Also fällst du nicht auf, wenn du ein Trikot trägst." 

Nun grinse ich glücklich. 

"Jetzt stellt sich aber die Frage, wie man von Toronto nach Ottawa kommt." 

Shawn guckt mich an, als wäre ich dumm, weshalb ich fragend zurückgucke. 

"Das sollte definitiv kein Problem sein, ich habe genug Kontakte." 

Nun überrascht blinzle ich. 

"Du... du würdest da gemeinsam mit mit hinfahren?" 

Shawn lächelt und nickt, weshalb ich ihm kurzerhand einfach um den Hals falle. 

"Danke danke danke!" 

Ich freue mich so sehr, dass es mir beinahe schon peinlich ist, aber als Shawn sanft lacht und meint, dass er das für mich jederzeit machen würde, ist mir das sowieso egal, weil diese Aussage viel zu süß war.

Jetzt freue ich mich wirklich darauf, weil ich das Spiel sehen kann, sowieso schon immer mal die Atmosphäre beim Public Viewing erfahren wollte und das ganze dann jetzt such noch mit Shawn bei mir erleben darf. Das wird ein toller Tag, und wenn Deutschland dann noch gewinnt, wird er nur umso besser.

ᴛᴏʀᴏɴᴛᴏ ʟᴏᴠᴇ || sᴍWhere stories live. Discover now