f i f t y t w o

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-Mittwoch, 27. Dezember 2018-

Als ich meine Augen öffne, weil das Sonnenlicht auf sie fällt, grummle ich leise und drehe mich zur anderen Seite. Seufzend liege ich eine Weile herum, bevor ich beschließe, aufzustehen. Shawn musste heute noch einmal mit den anderen ins Studio und so war ich bereits alleine, als ich aufgewacht bin. Ich krame eine Jeans und ein weißes Shirt hervor, bevor ich ins Bad gehe, dort alles inklusive Unterwäsche anziehe und mich dann noch allgemein fertig mache. Immer noch leicht müde gehe ich nach unten, um ein Müsli oder etwas ähnliches zu essen. Ich greife nach der Verpackung und einer Packung Milch, um es zuzubereiten, bevor ich mich an den Küchentisch setze und anfange, zu essen. Da ich alleine bin und so mit niemandem währenddessen reden kann, brauche ich nicht sonderlich lange und räume so alles wieder weg, nachdem ich aufgegessen habe. Dann gehe ich wieder nach oben ins Zimmer und nehme mein Handy zur Hand, bevor es damit endet, dass ich wieder auf dem Bett liege und ein wenig mit Aaliyah schreibe, bevor ein Anruf unsere Konversation unterbricht. Als ich Liams Namen auf dem Bildschirm erkennen kann, stehe ich aus Reflex auf und nehme den Anruf an. „Hey!" sage ich dann so sanft und ruhig ich kann, auch wenn ich viel zu aufgeregt wegen den Neuigkeiten bin, die er hat. Liam antwortet nicht sofort, aber als ich das Schluchzen durch den Hörer hören kann, steigt meine Sorge. „Was ist passiert, Liam?" frage ich vorsichtig, während ich mir durch die Haare fahre. „Es... es geht um... Chloe." „Es gibt Neuigkeiten?" Aufgeregt hebe ich meine Augenbrauen, aber gleichzeitig steigt die Angst, dass es etwas Ernstes ist. „Ich... ich will dir das eigentlich nicht über... das Telefon sagen, aber du bist in M-miami und es geht nicht anders..." Ich schlucke und beiße mir auf die Unterlippe, als würde ich bereits erahnen, was jetzt kommt. „Heute... heute morgen, als ich Chloe besucht habe, wollten die Ärzte mich nichts ins Zimmer lassen. Sie meinten, dass... dass etwas nicht mit den Geräten stimmt und... irgendwann haben sie mich nur mitleidig angeschaut und... und..." Liams Stimme bricht ab und auch wenn er es noch nicht ausgesprochen hat, weiß ich bereits, was los ist. Ich merke, wie sich langsam Tränen in meinen Augen sammeln und drohen, mir über die Wangen laufen. Chloe war erst 16! „Liam, bitte sag nicht, dass..." „Sie ist tot, Emma." Liam flüstert nur kraftlos und der Schmerz in seiner Stimme hat das Fass dann zum Überlaufen gebracht. Immer mehr Tränen laufen mir nun über das Gesicht und ich mache mir gar nicht erst die Mühe, sie wegzuwischen. „Ich... wollte es dir nur sagen..." Mit diesen Worten legt Liam wieder auf und lässt mich dadurch vollkommen überrumpelt zurück. Langsam lasse ich meine Hand mit dem Handy wieder sinken und zucke leicht zusammen, als ich unten im Haus die Tür zuschlagen höre. Dumpfe Stimmen dringen zu mir hoch und machen mir damit klar, dass Shawn und seine Crew wieder zurück sind. Ein leises Schluchzen verlässt meinen Mund und ich presse meine Lippen aufeinander, bevor ich mich am Bettpfosten hinabrutschen lasse, die Beine anziehe und meinen Kopf auf meine Knie lege.
Schritte nähern sich dem Zimmer und fast schon automatisch halte ich die Luft an, um ein Schluchzen zu verhindern, als sich die Tür bereits wieder öffnet. „Oh Gott Emma!" Die Stimme gehört eindeutig nicht Shawn und so gucke ich vorsichtig hoch, direkt in Andrews Augen, bevor ich meine wieder schließe und den Kopf senke. Ich kann das nicht glauben... Chloe soll wirklich endgültig weg sein? Ich meine, ich kannte sie erst ein knappes halbes Jahr, aber trotzdem ist sie mir in der Zeit unglaublich wichtig geworden und dementsprechend ist es für mich umso schlimmer, dass sie durch einen Unfall gestorben ist, bei dem der Fahrer einfach wieder abgehauen ist...
Ich atme zittrig ein und langsam wieder aus, aber es bringt nichts, es tut immer noch weh.

Die Tür öffnet sich ein weiteres Mal und schon kurz darauf spüre ich seine Arme, die sich vorsichtig um mich legen und zu sich ziehen. „Hey Emma, alles gut. Ich bin da..." Als ich Shawn an seiner Stimme erkenne, lehne ich mich einfach gegen ihn und schlucke hart. Shawn streicht mir vorsichtig über den Arm und gibt mir einen Kuss auf meine Schläfe, bevor wir ruhig werden. Irgendwann kommen bei mir keine Tränen mehr und dennoch fühle ich mich wie ein einziger Wasserbehälter.
„Möchtest du erzählen, was passiert ist?" Langsam hebe ich meinen Kopf und schaue ihm in seine Augen, bevor ich schlucke und kurz nicke. „Es... es geht um Chloe." Shawn hebt seine Augenbrauen und scheint ebenfalls zu ahnen, was los ist. „Heute Morgen haben die Geräte verrück gespielt und schließlich..." Ich schließe meine Augen und lasse meinen Kopf auf seine Schulter fallen, als doch noch Tränen kommen. „Oh Emma..." Shawn klingt mitfühlend, aber auch leicht überfordert, was man ihm aber nicht übel nehmen kann. „Sie ist weg..." murmle ich und spüre, wie Shawn mich fester umarmt und ebenfalls tief durchatmet.
Ich schließe meine Augen und lasse alle gemeinsamen Augenblicke, die ich mit Chloe habe, noch einmal Revue passieren. Damals, als ich sie das erste Mal gesehen habe, weil ich fast in Liam reingerannt wäre und er mich ihr vorgestellt hat. Oder als sie total schockiert war, als ich in Biologie alles mit Leichtigkeit hingeschrieben habe, weil ich an dem Tag mein Date mit Shawn hatte. Dann war da noch die spontane Aktion mit meinen Haaren, für die Chloe ja ebenfalls verantwortlich ist. Die vielen Tage, die wir gemeinsam verbracht haben und dann schließlich der Tag, an dem ich das letzte Mal mit ihr geredet habe; der Tag ihres Unfalls. Danach die ganzen Tage, die ich im Krankenhaus bei ihr war und jetzt? Jetzt ist sie weg.

Nur nebenbei spüre ich, wie Shawn mich langsam und vorsichtig hochhebt, weil ich ja vor dem Bett auf dem Boden gehockt habe und mich auf etwas Weichem ablegt. Schnell erkenne ich, dass es das Bett ist und als Shawn sich dann zu mir legt und seine Arme um meine Hüfte schlingt, fühle ich mich ein kleines Stückchen besser.

ᴛᴏʀᴏɴᴛᴏ ʟᴏᴠᴇ || sᴍOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz