Kapitel 68

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Tenerife sea- Ed Sheeran

Cassie POV.:

Rauch umhüllt mich. Mit einem Mal hellt sich meine Umgebung auf. Ich stehe in einem Flugzeug. Eigentlich in dem Flugzeug, in dem ich auf dem Flug nach Havana saß. Vor mir empört sich der schmale Flugzeuggang, neben mir erhellen die Flugzeuglichter zwei Passanten. Erst als ich die beiden genauer betrachte, fällt mir auf, dass der Mann Shawn ziemlich ähnlich sieht. Auf jeden Fall sein Rücken, denn der Mann küsst seine Sitznachbarin. Es ist ein intensiver Kuss. Wahrscheinlich viel zu intensiv für die beiden, da sie im nächsten Moment erschrocken voneinander ablassen und sich mit weit geöffneten Augen anstarren. Ich muss lachen, als ich das Gesicht der Frau ausfindig machen kann.

Ich bin es.

Das Mädchen bin ich und der Junge ist Shawn. Das war der Flug, an dem Shawn und ich uns ein kleines Spielchen mit einer älteren Dame erlaubt hatten. Es war unser erster Kuss. Also eigentlich... Eigentlich war unser erster Kuss in der Grundschule. Shawn wurde von seinen Freunden auf die Probe gestellt, indem sie ihn dazu gezwungen haben, mich zu küssen. Damals haben wir uns davor total geekelt.

Jetzt, in diesem Flugzeug, sehen wir so aus, als bereuen wir es inständig. Shawn dreht sich ertappt um, während mein früheres Ich rot anläuft.

...

Wieder umhüllt mich stickiger Rauch und katapultiert mich zurück in die graue Dunkelheit.

Lautes Stöhnen bringt mich dazu, meine zugekniffenen Augen aufzumachen. Ich stehe in dem Haus, wo Shawn und ich in den Semesterferien gehaust hatten. Genauer gesagt, stehe ich in Shawns Schlafzimmer. Alleine bin ich nicht. Leider.

Vor mir, in dem riesigen Himmelsbett, läuft großes Kino. Es zeigt das Mal, wo Shawn und ich Sex haben. Mit einem Aufschrei husche ich hinter einer der Gardinen, in der Hoffnung, auf keinen Fall gesehen zu werden. Warum sollte ich denn eigentlich gesehen werden? Das hier sind Szenen in meinem Kopf, die mein Gehirn mir ins Gedächtnis ruft, wie diese Tragödie überhaupt angefangen hat. Hier findet der Ursprung statt. Nur deswegen habe ich mich auf Chris eingelassen. Ich wollte Shawn aus meinem Wortschatz streichen und Chris war meine sogenannte Erlösung. Oder eher Belastung?

Und dann schon wieder dieser ekelige Rauch.
...

,,Und dann haben wir einmal Streit und du flüchtest direkt zu den Typen, von dem du weißt, dass ich ihn hasse. Aber ich... ich versuche noch so loyal zu sein, wie es geht. Und was machst du? Du machst einfach Schluss! Ich hätte es schon auf der Hochzeit merken müssen! Du bist total verschossen in ihn! Weißt du was, Cassie? Ich hasse dich!"

Ich sitze auf der Rückbank seines Autos und beobachte die mir bekannte Szene. Ich weiß, was gleich passiert.Chris hält kurz inne und starrt auf seine Finger. Dann sagt er es.

,,Ich will dich gerade am liebsten tot sehen, Cassie Clark!"

Mit diesen Worten drückt er mit aller Kraft seinen Fuß auf das Gaspedal, obwohl es noch rot ist und obwohl die damalige Cassie laut losschreie.

,,Nein, Chris!" Dieser Satz hallt noch in meinem Kopf nach, ehe unser Auto gegen eines auf der Kreuzung knallt und durch die Luft fliegt. Auf einmal bin ich nicht mehr im Auto, sondern stehe zwischen all den Passanten auf einen der Bürgersteige. Chris' Auto fliegt mitsamt seinem und meinem Körper durch die Luft und landet nah bei mir. Alle Menschen um mich herum weichen beiseite. Nur ich bleibe auf der Stelle stehen und hechte zum Auto. Mein Ebenbild hat den Kopf nach vorne gebeugt und scheint nicht mehr zu atmen. Auch mir wird die Luft abgestellt.
Dann taucht wieder der Rauch auf und zieht mich von dieser Situation weg.

...

,,Fuck!", schreit Shawn durch den Raum. Ein lauter Knall durchfährt den Raum. Einer seiner Hocker fliegt gegen die Wand und haut ein Loch hinein. Wieder flucht Shawn, dann rauft er sich die Haare. Es ist sexy, trotzdem mache ich mir Sorgen. Anders als bei den Vorherigen, kenne ich diese Situation noch nicht. Und ich bin nicht dabei.

,,Shawn, beruhige dich!", ruft Aaliyah hinter mir. Als ich mich umdrehe, steht sie frisch geduscht und nur in ein Handtuch gewickelt in der Badezimmertür und mustert ihren großen Bruder mitleidig.

,,Wie? Ich habe sie umgebracht! Nur wegen mir ist sie in dieses Auto gestiegen! Ich hätte sie nur aufhalten müssen, dann wäre sie vielleicht nicht so verletzt!", schreit er seine Schwester an, als habe sie etwas falsch gemacht.
Diese reagiert ganz gelassen und schreit stumpf zurück.

,,Hast du aber nicht! Und das ist ja auch nicht schlimm! Du musst von dem Gedanken abgekommen und darauf klarkommen, dass du ihr das nicht angetan hast. Unfälle passieren. Das ist nunmal so! Also komm runter, Junge!"

Dann umhüllt mich wieder dieser Rauch.

...

Mein fünfzehnjähriges Ich steht weinend auf den Balkon des Krankenhaus, ich daneben. Ihre Augen sind auf die Lichter der Stadt gerichtet, die Zigarette qualmt an ihrem Mund, ehe sie sie zwischen zwei Fingern herauszieht und die überflüssigen Reste abklopft, so dass diese die restlichen Stockwerke hinunterfallen. Während sie es einfach nicht beachtet und weiterhin gedankenverloren in den schwarzen Nachthimmel starrt, verfolge ich die Aschenreste und sehe, wie sie langsam wie Konfetti auf den Boden segeln. Erst als ich ein Schluchzen neben mir wahrnehme, reiße ich mich von den Ascheresten los und entdecke eine aufgelöste fünfzehnjährige Cassie neben mir. Die Kippe wegschmeißend, versucht sie ihre Tränen zu unterdrücken.

Ich kann mich noch genau an diesem Moment erinnern. Es war an dem Tag, an dem mein Vater mir gesagt hat, dass die Diagnose schlecht aussieht und er sterben würde. Ich habe mir an diesem Tag geschworen, nie zu weinen, wenn er in meiner Nähe ist. Oder irgendjemand anderes.

Es ist Nacht. Deshalb stehe ich auf dem Balkon, rauche eine geklaute Zigarette meiner Mutter und weine. Ich habe es fast jeden Tag getan. Geweint und auch geraucht. Genau zwölf Tage hiernach ist Dad gestorben. Während Mom und Will erschüttert neben ihm am Bett geweint hatten, bin ich auf die Dachterrasse geflüchtet und habe geweint. So ausgelassen habe ich noch nie zuvor in meinem Leben geweint. Es hat mich kostbare Stunden gekostet, erstmal wieder richtig herunter zu kommen, so dass niemand etwas merken konnte.

Es war einer der schlimmsten Momente meines Lebens.

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Mein schlimmster Moment war, als ich ein Stück Fleisch von meinem Essen aus dem Balkon geworfen habe und es auf einer alten Frau mit Rolator gelandet ist. Ich habe mein Leben noch nie so gelacht. Bin daran fast verreckt.😂Ps: das ist jetzt genau 10 Stunden her...😂

Nein, Spaß. Aber ich hatte zum Glück den "Spaß", noch nie so einen richtig schlimmen Moment zu erfahren. Zum Glück...😌🧐

Leute, werft auf keinen Fall, Essen den Balkon runter. Vor allem nicht in der Innenstadt...😂

To be continued...❤️

Because I had you [Shawn Mendes FF]Où les histoires vivent. Découvrez maintenant