Immer diese Paare

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Als ich aufwache, tut mir der Rücken fürchterlich weh. Die Couch ist auf Dauer - trotz Bastians Spezialauswahlkriterium: sahnig-weich - doch härter als man meinen würde. Dazu kommt Tua, der anscheinend die halbe Nacht auf mir verbracht hat. Sein ganzer riesenhafter Körper lastet so schwer auf mir, dass ich mich frage, wie ich nicht im Prozess des Erstickens wach werden konnte heute Nacht, denn jetzt fühlt es sich an, als hätte *jemand* - Tua! - meine gesamten Organe zu einem Universalorgan zusammengequetscht und es ist kein angenehmes Gefühl.
"Oh, du Fettsack!", stöhne ich und versuche vergeblich, meinen Freund von mir runterzuschieben.
"Was? Nein, hier wohnt kein Linus", murmelt er im Halbschlaf.
"Da hast du recht", seufze ich. "Bastian und ich wohnen hier, hallo, willkommen in der Realität!", schnipse ich vor seinen Augen rum, damit er sie endlich öffnet, was prompt geschieht. Verwunderter denn je glotzt Tua mich an und ich starre zurück. Wir liefern uns ein stillschweigendes Blickduell, bis ich ihm einen Blitzkuss verpasse und seine temporäre Ablenkung nutze, um mich unter ihm hervorzuwinden.
"Ich habe geträumt, das ständig Menschen in meine Wohnung wollten, die nach einem Linus gefragt haben. Und dann kam immer eine Monsterkatze und hat sie gefressen. Mir hat sie nie was getan", erzählt er.
"Linus? Eine Monsterkatze?", wiederhole ich und ziehe ein Gesicht, das meine ernsthafte Besorgnis um seine geistige Gesundheit widerspiegeln soll.
Tua schüttelt über sich selbst den Kopf und gähnt, bevor er mich mit geschlossenen Augen zu sich heranwinkt. "Du bist gemütlich, komm wieder her", murrt er.
"Vergiss es, Kumpel, ich war die halbe Nacht über deine Matratze, zumindest brüllen das meine schmerzenden Innereien."
"Mann, bist du 'ne Mimose", grummelt er und tastet nach einem Kissen, das ich ihm zur Strafe für seine Bemerkung direkt vor die Nase feuere.
"Ich möchte dich mal erleben, wenn jemand, der so viel wiegt wie du, mehrere Stunden auf dir schläft", motze ich.
"Das würde mir nix ausmachen, ich bin robust und keine Heulsuse wie du."
"Weißt du was? Meine Faust ist wesentlich robuster als dein vorlautes Mundwerk! Für jeden weiteren Kommentar dieser Sorte, kannst du dir gleich einen deiner Zähne auf eine Kette auffädeln", drohe ich.
"Meine Fresse kannst ja nichtmal du hässlicher modellieren", behauptet er.
"Kaffee odee Tee?", wechsele ich unvermittelt das Thema. Ein Friedensangebot.
"Setz eine große Kanne Tee auf", befiehlt er.
Mein Handy zeigt mir ein paar neue Nachrichten an.

-

Bastian: Stean hat mir gesagt, dass du das mit dem Idioten geklärt hast und der den Post entfernt hat. Gut gemacht. Hast du Lust auf ein Versöhnungsessen heute Abend?

Iara: Klar, gern. :)

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Mika: Schon was geplant bei dir heute? Sonst könntest du mit Pari und mir am Nachmittag eine Wohnung besichtigen. Die aus dem Internet.

Iara: Ja, Wohnungsbesichtigung klingt gut. Wann und wo?

Mika: Jannowitzbrücke, um 12.30 Uhr.

Iara: Okay. :D

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"Mika und Pari wollen eine Wohnung mit mir besichtigen", grinse ich Tua an, der zu mir an die Küchentheke getreten ist und geistesabwesend mit meinen Haaren spielt.
"Wann?"
"Früher Nachmittag, ich muss so gegen zwölf hier los."
"Vorher Frühstück auf dem Balkon mit Stean?"
"Der kann sich selbst versorgen, lass uns lieber in mein Zimmer und dort dann Netflix&Chill. Carrie hat mir gestern einige Serien empfohlen, bevor sie gegangen ist."
Tua zuckt die Schultern und schüttet Kelloggs in zwei leere Schüsseln, um sie anschließend mit Milch aufzugießen. Wir nehmen noch Obst mit nach hinten sowie den Tee und ich schmeiße übrig geblienes extra Falafel von gestern in die Mikrowelle.

Es folgt ein ziemlich ereignisloser Vormittag. Dann begleitet mich Tua bis zum vereinbarten Treffpunkt, wo ich von meinen Freunden in Empfang genommen werde.
"Werdet ihr jetzt eins von diesen ekligen Paaren, die nirgendwo mehr alleine hingehen?", mustert Mika uns kritisch.
"Sprach derjenige, der auf keinen Fall etwas über seine ominöse Verabredung letztens verraten will", kontere ich.
"Das hat damit nix zu tun", wehrt er ab.
"Da ich anscheinend unerwünscht bin ..." Tua drückt mich kurz an sich, küsst mich auf die Wange und winkt Pari und Mika, während er zurück zur Bahn schlendert.

"Nein, wir werden keins dieser eklig-klebrigsüßen Pärchen", strecke ich Letzterem die Zunge raus. "Wir können uns eben gut leiden und wenn man längere Zeit ohne den anderen auskommen musste, dann gibt es da ein gewisses Nachholbedürfnis."
"Nachholbedürfnis", schnaubt Mika. "Wie oft in der Nacht auf vorgestern?"
"Als ob ich mitzähle", zeige ich ihm einen Vogel.
"Natürlich zählst du mit. Du bist versaut, Iara. Deshalb mag ich dich unter anderem."
Ertappt halte ich drei Finger in die Höhe.
"Nicht schlecht", nickt Mika und Pari seufzt sehnsüchtig.
"Nachholbedürfnis. Selbst schuld", streut sie trocken Salz in die Wunde.
"Aua, du bist aber schlecht aufgelegt", wende ich mich an sie.
"Gar nicht", lächelt sie fröhlich. "Im Gegenteil. Tim und ich haben gestern ein bisschen geschrieben und festgelegt, das wir ein zweites Mal mit euch in die KKK-Bar gehen werden."
"Ihr schreibt also?", wackle ich mit den Augenbrauen.
"Das mit den Augenbrauen kannst du lassen, er ist ja nicht blöd, natürlich hat er gemerkt, dass du uns verkuppeln wolltest und er meinte, er müsste sich erstmal von dieser seltsamen Geschichte mit dir erholen."
"Ihr habt eine Geschichte, du und ihr Tim?"
"Ach, jetzt ist es mein Tim?", zickt Pari ihn beleidigt an. "In Wirklichkeit ist er Iaras Tim. Sie hat ihn geküsst."
"Er hat von dem Kuss erzählt?"
"So wie ich dich kenne, war das nicht das Einzige, was zwischen euch passiert ist. Und, nein, er hat nicht direkt davon erzählt, das war bloß eine Vermutung, wir haben dich als Gesprächsthema vermieden. Obwohl du deiner besten Freundin sowas ruhig anvertrauen könntest!"
"Unterstellungen", spiele ich die Unschuldige. "Außerdem hatte ich das gerade erst mit Carrie, ich kann doch nicht ständig allen alles erzählen", grummele ich.
"Hast du mit dem Kerl auch geschlafen?" Mika wirkt zurecht entsetzt.
"Versucht hab ich's", nuschele ich, was ihm ein empörtes Japsen entlockt.
"Was ist passiert?", fragt Pari, nun plötzlich besorgt.
"Ich fing an zu weinen. Tims Geruch war nicht wie Tuas und dann wurde mir klar, dass er nicht die Person war, die ich so dringend brauchte. Es war im Nachhinein betrachtet ziemlich peinlich", ziehe ich die Schultern hoch.
"Nachdem du das jetzt weißt", schlingt Mika einen Arm um meine Hüfte, "kannst du ihm Pari wohl überlassen."
"Resteficken ist nicht gleich Resteficken, mein Freund. Tim ist ein sehr gutaussehender und dazu verdammt netter Typ."
"Darüber können wir uns nach der Besichtigung weiter unterhalten", greift Pari ein und Mika und ich nicken einvernehmlich.

ÜbergangslösungTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon