Ein neuer Tag, ein neuer Anfang

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Bereits veröffentlicht in Nichts wichtiges unter dem Kapiteltitel "bonus"

Es klingelt an der Tür und obwohl Tua mich bisher ganz gut vom Licht abgeschirmt hat, kann er mir keinen Schallschutz bieten. Nichtmal, als ich seinen Arm über meine vom grellen Schellen geschundenen Ohren schiebe. "Nein", jammere ich.
"Ignorier es", brummt Tua und zieht mich näher zu sich.
"Aber es ist laut", klage ich.
"Du bist auch laut", hält er dagegen. "Mach du doch auf, dann könnt ihr zusammen laut sein."
"Ich will aber nicht aufstehen", beschwere ich mich weiter.
Bevor ich weiß wie mir geschieht, schiebt er mich aus dem Bett und ich lande unsanft auf dem Boden. "Aua, du Vollidiot!", maule ich und schüttele den Kopf als Tua mir seinen Mittelfinger präsentiert und sich gähnend wegdreht.
Seufzend stehe ich auf, nehme mir seinen Hoodie, ziehe ihn sowie meine Jeans von gestern über und tapse, ebenfalls gähnend, in den Flur und nehme den Hörer ab, um herauszufinden, wer die Frechheit besitzt, meinen kostbaren Schlaf zu stören.

"Hallo?", frage ich.
"Iara?"
"Mika?", gebe ich irritiert zurück.
"Kann ich raufkommen?"
"Wenn du mir dann erklärst, was der Terror soll", zucke ich die Schultern und betätige den Summer.
"Pari ist auch gleich da", verkündet er, während ich ihn in die Wohnung schiebe.
"Ach, schön, und warum habt ihr Tuas Wohnung als Treffpunkt ausgewählt?"
"Weißt du, wie lange ich jetzt schon durch die Stadt gegurkt bin auf der Suche nach dir?" Genervt pustet er sich die Haare aus dem Gesicht. "Heute Morgen war ich erst bei Bastian und eben bei Tarik, da erzählt Jenn mir, dass du dich gestern Abend spontan mit Tua versöhnt hast. Wie kam's denn bitte dazu?"
"Also -", setze ich an, werde aber von der Türklingel unterbrochen.
"Ah, das ist Pari, vergiss es, wir reden nachher über dich und Tua", winkt er ab und verschwindet selbst, damit sie reinkann.
"Was soll das denn, Mika?", höre ich sie fluchen, kaum dass sie eingetreten ist. Mika zieht sie zu mir und holt einmal tief Luft.
"Leute, ich habe ein Riesenproblem. Martin und Alex wandern nach Neuseeland aus."
Paris und meine Reaktion fällt exakt gleich aus. Aus großen Glubschaugen starren wir ihn an. "Was?!", meinen wir schließlich synchron.
"Ja, sie haben das schon ewig geplant und ich dachte, die setzen das nie in die Tat um, aber sie haben mich vor zwei Tagen total damit überrumpelt und langsam setzt die Panik bei mir ein. In vier Monaten sind sie weg und ich kann mir die Wohnung allein nicht leisten. Ich kann mir gar keine Wohnung in Berlin alleine leisten, also brauche ich zwei neue Mitbewohner und na ja ... Da dachte ich an euch."
Mika knetet seine Hände und schaut unsicher zu uns runter.
Pari und ich wechseln einen entschiedenen Blick.
"Klar", sage ich.
"Klar?", hakt er nach, als würde er meinen Worten nicht trauen.
"Na, ich habe meine Mietschulden bei Bastian beglichen, wenn ich umziehe in eine Dreier-WG, kann ich sogar etwas ansparen. Das wäre super", erläutere ich.
"Sehe ich genauso", pflichtet Pari mir bei. "Immerhin studiere ich, da zählt jeder Euro."
"Echt?", grinst er breit.
"Ganz echt, Mika-Pika", lache ich und umarme ihn, wobei Pari direkt einsteigt.
"Wir machen das schon", redet sie ihm gut zu.
"Ehrlich, Mädels, ihr seid die Besten", murmelt er überglücklich.
"Naw, du bist der Beste", widerspreche ich und Pari nickt.

"Guten Morgen", meldet sich Tua noch ein wenig verschlafen.
"Hey, sorry für den Aufstand", entschuldigt sich Mika sofort.
Tua winkt ab und setzt Wasser auf. "Noch jemand Kaffee?"
Paris Hand schnellt in die Höhe und ich folge ihrem Beispiel.
"Wenn ihr wollt, suche ich schon mal Wohnungen raus, die wir dann nächste Woche besichtigen können", bietet Mika uns an.
"Wohnungen?", mischt sich Tua ein.
"Wir haben beschlossen, dass wir zu dritt zusammen ziehen", kläre ich ihn auf.
"Achso", reibt er sich die Augen und füllt die French Press.
"So, ich glaube, ihr beide seid uns auch noch eine Erklärung schuldig." Meine beste Freundin zeigt anklagend mit dem Finger auf Tua und mich.
Er lächelt. "Ich habe mich entschuldigt und sie hat die Entschuldigung angenommen."
"Es hat gestern irgendwie gepasst, ich hatte davor mit Tarek geredet und dieses Gefühl im Bauch, dass alles wieder gut werden könnte und dann kam Jenn mit Tua im Schlepptau. Das war ein abgefahrener Tag", schwelge ich in Erinnerungen. Mental sehe ich Tim vor mir, der mich dazu überredet hat, Tua wieder um ein Treffen zu bitten, trotz allem, und wie der Zufall es so will, rückt Pari im nächsten Moment in mein Sichtfeld.
"Süße, wie läuft's eigentlich bei dir so in Sachen Liebe?", will ich neugierig wissen und massiere ihr die Schultern.
"Fang mir bloß nicht davon an", grummelt sie.
"Es gibt da jemanden, den ich dir gerne vorstellen würde."
Pari legt misstrauisch die Stirn in Falten. "Und wen?"
"Tim."
"Wiegand? Den kenn ich doch und mit dem verstehst du dich ja auch nicht mehr besonders prickelnd, wenn ich da nichts verwechsele."
"Nicht Wiegand."
"Tim-Tim? Der Tim?", schaltet Tua sich ein. Automatisch knüpft er die korrekten Verbindungen.
"Genau der. Wir sollten zu viert was unternehmen", schlage ich vor.
"Ein Doppeldate?", stöhnt Tua.
"Von deinen Problemen mit Doppeldates hab ich nie etwas gespürt, wenn wir mit Tarek und Jenn unterwegs waren", tadele ich ihn.
"Die sind unsere besten Freunde, das ist was anderes", zickt er.
"Pari ist meine beste Freundin und Tim kennst du gar nicht, vielleicht ist er dein neuer bester Freund", argumentiere ich und schmunzele, als er die Augen verdreht.
"Darf ich auch mal was sagen?", beschwert Pari sich verärgert.
"Nur zu", wende ich mich ihr zu.
"Eine Verkupplungsaktion? Darauf hab ich überhaupt keinen Bock", wehrt sie ab.
"Du wirst Bock drauf haben, sobald du ihn erstmal gesehen hast", flüstere ich ihr zu.
"Das bezweifle ich", murrt sie.
"Darauf würde ich Wetten über horrende Summen abschließen, ernsthaft."
"Du musst es ja wissen", gibt sie kleinbei.
"Ich bin nicht stolz auf die Art, wie ich mir diese Urteilskraft erarbeitet habe", erkenne ich und fange Tuas verständnisvolles Lächeln auf, das mir einen warmen, angenehmen Schauer über den Rücken jagt. Er hat mir wirklich verziehen.
"Tut mir leid, euch zu unterbrechen, aber guckt mal." Mika hält mir und Pari sein Handy hin. Die Wohnung auf den Bildern scheint geräumig, mit drei gleichgroßen Zimmern, einem großen Flur, einem hellen Bad mit Wanne und Dusche, einer schwedisch anmutenden Einbauküche und einem Balkon zum Hinterhof rausgehend.
"Hübsch", kommentiere ich.
"Sieht prima aus", bestätigt Pari.
"Es gäbe kein Wohnzimmer, aber das brauchen wir wahrscheinlich sowieso nicht. Der Preis ist toll, das ist bezahlbar und zumindest im Internet gab's keinen Haken dran."
"Dann schauen wir uns die doch mal an", bestimme ich.
"Ich mache dann einen Termin nächste Woche aus. Und danke nochmal, dass ihr das mit mir macht."
"Nichts lieber als das", wuschelt Pari ihm durch die Haare.
"Was sie sagt", zeige ich bloß auf sie und küsse Tua auf die Wange. Ich glaube, alles wird wieder gut.

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