10. - Kapitel 3 (3)

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Der Dienstag brachte die Klausur und schon beim Frühstück lief Kiana mehrmals anderen vor die Füße.

„Du hast deinen Pullover falschrum an.", bemerkte Viktoria lachend am Esstisch. Kiana sah an sich herunter, bemerkte zuerst, dass die Naht außen, dann, dass das Kragenschild vorne war und ließ den Kopf in die Hände fallen.

„Oh nein.", nuschelte sie. Als sie ihre Hände aus dem Gesicht nahm, sie war im Polster des Stuhls weitestgehend versunken, hielt sie sich einen Lernzettel vor ihr Gesicht. Kianas Handgelenk wurde von Hannah nach unten getippt.

„Du machst dir zu viel Stress." Kiana drehte ihren Zeigefinger in den Stoff ihres Pullovers ein.

„Aber was, wenn das Lernen nicht gereicht hat? Wenn ich die Klausuren falsch eingeschätzt habe? – zu einfach? Was, wenn ich das falsche gelernt habe oder" Viktoria runzelte die Stirn.

„Du lernst seit zwei Wochen mehr als gesund wäre."

„Habt ihr denn keine Angst oder Sorge oder, oder" Kiana las lieber die ersten drei Stichpunkte des Zettels anstatt weiterzufragen. All ihre Worte klangen für sie doppelt so laut. Die letzten Tage hatte sie anstatt zu schlafen und in die schwärze des Zimmers gezweifelt.

„Also, ja, aber nicht so wie du. Du musst dir aber auch viel weniger Sorgen als ich machen." Viktoria zuckte mit den Schultern. Kiana lockerte den Griff um ihren Pulloverstoff.

Hannah schluckte runter. „Ich mache mir auch Sorgen, aber" Ihr Handy summte. Sie ließ ihren Zopf los, antwortete sofort und begann zu lächeln. „‚Die Familie ist notwendiger als der Staat'." Kiana nickte.

„Naja.", antwortete Viktoria und seufzte zur Mauer vor dem Fenster. Sie stützte ihre Wange mit der linken Hand. Ihre Augenbrauen zucken zusammen. Kiana wollte nachfragen, doch angesichts ihres Blickes, ließ sie es lieber.

„Schaut mal.", flüsterte Viktoria, als Suma wieder einmal etwas aß. Kiana drehte sich um. Hannah machte sich die Mühe nicht. „Vielleicht sollte ich ihn zum 14. Fragen." Er hatte seinen Schreibblock und ein Buch dabei. Den Titel konnte sie nicht erkennen. Während des Essens klappte er es in der Mitte auf, kramte ein zerknittertes, vollgekritzeltes Papier aus seiner Jackentasche und schrieb etwas auf die unterste Ecke.

Immer nur dienstags und donnerstags war er hier aufzufinden. Kurz bevor das Buffet schloss, verschwand er nach Nirwana und kam zum Unterricht zurück – oder auch nicht. Ihm schien es egal zu sein.

Kiana blinzelte mehrfach auf ihren Teller. Wenn Suma da war, musste es schon spät sein. Sofort guckte sie zur Uhr und sprang auf. „Wir haben nur noch zehn Minuten." Hannah nickte sofort und zog Viktoria mit sich hoch.

Oben angekommen zog Kiana ihren Pullover richtig an. Ihr Zopf verrutschte und ihre Haare stoben knisternd auseinander. Fürs Kämmen war keine Zeit. Viktoria ging schon mal vor und Hannah packte ihre Sachen noch zusammen. Währenddessen tippte Kiana mit ihren Füßen abwechselnd nach vorne und hinten, blickte hinaus, um gegen ihren schweren Kopf anzukämpfen und hielt einen Zettel gegen die Sonne.

Zuerst hatten sie Chemie, danach Wirtschaft. Kiana lernte somit noch zwei dankbare fünf-Minuten-Pausen.

Kurz vor der Klausur fixierte sie ihre Hände, die sie kaum zu einer Faust ballen konnte. Es saß ein zufälliges Drittel der elften Klassen an den Tischen, nur jeweils eine Person aus jedem Zimmer. Am Tisch neben ihr las Suma den zerknitterten Zettel vom Frühstück.

Eine Lehrerin die Kiana nicht kannte, lächelte, während sie sieben zusammengetackerte Zettel vor jeden Schüler legte.

„Ab jetzt habt ihr 125 Minuten Zeit. – Außer" Nun holte sie einen Notizzettel hervor. „Yasmin Essa?" Ein Mädchen in der hintersten Reihe zeigte auf. „Bjarne Dahl?" Ein Junge im Rollstuhl hob die Hand. „und Suma Hayashi?" Keine Reaktion. Weder zeigte er auf, noch sagte er etwas. Er lehnte sich weder zurück noch nach vorne. Suma machte keine Anstalten, irgendetwas zu machen. „Du?", tippte die Frau, als sie die Blicke der anderen bemerkte und sah ihn direkt an. Suma verdrehte die Augen. Die Lehrerin auch. „Ihr habt 150 Minuten Zeit." Wieder reagierte er nicht. „Soweit verstanden?"

Blumenbrechen (Wird Nicht Mehr Überarbeitet Und Auch Nicht Fortgesetzt)Where stories live. Discover now