The Great Game - Teil 10

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Ich bin der Meinung, nur wenn man eine Sache perfekt plant und auch kleinste Details im Vorhinein festlegt, dann ist man in der Lage, flexibel auf veränderte Gegebenheiten zu reagieren und diese Details wenn notwendig so abzuändern, dass der Gesamtablauf nicht davon gestört und das gewünschte Endergebnis dennoch erzielt wird.

Das zeigte sich auch hier wieder. Es gibt eben immer Dinge, die man im Vorfeld nicht wissen kann.
Ich hatte geplant gehabt, nach diesen ganzen Fällen, von denen Sherlock nun wusste, dass sein Erzrivale Moriarty hinter allem steckte, ein Treffen zwischen ihm und „Moriarty" zu veranlassen.
Dann kam die Sache mit dem verschwundenen USB Stick mit dem Bruce Partington Programm auf.
Das spielte mir in die Hände, denn ich wollte diesen Stick haben und plante nun, ihn zu nutzen, um Sherlock an einen von mir gewünschten Ort zu locken.

Ich war also, während Sherlock mit anderen Dingen beschäftigt schien, immer mal wieder losgezogen, um dieses Rätsel zu lösen. Es war recht simpel. Ich hatte mit der Verlobten gesprochen, mit Westies Vorgesetzten, mit einigen Freunden ... und hatte schnell herausbekommen, was sich zugetragen hatte.
Es war die selbe alte Geschichte, wie sie immer wieder vorkommt. Ein junger Mann mit Schulden, ein wertvoller Gegenstand der einfach zu stehlen ist, der Bestohlene, der einen Verdacht hegt, ein handfester Streit und am Ende ist einer tot.
So war es gewesen und der Stick musste immer noch bei dem Schuldigen sein: dem Bruder der Verlobten.

Soweit war die Sache gediehen und ich wollte mich daran machen, den Stick von dem Bruder zu besorgen, als ich etwas im ersten Augenblick Beunruhigendes feststellte:
Sherlock war mir während der Untersuchungen die ganze Zeit auf den Fersen gewesen.
War er misstrauisch geworden? Verdächtigte er mich etwa?
Doch dann wurde mir klar, was los war. Sherlock wollte unbedingt diesen Stick in die Hände bekommen und er wollte verhindern, dass „John Watson" ihn fand und ohne große Umstände an Mycroft übergab.
Er wollte es deswegen, weil er er nun seinerseits plante, mit Hilfe dieses „Geschenks" Moriarty aus der Reserve zu locken und zu einem Treffen zu überreden.
Bingo.
Als mir das klar wurde, lehnte ich mich bequem zurück und ließ Sherlock die restliche Arbeit übernehmen.

Es klappte natürlich und es dauerte nicht lange, da hatten wir den Stick in der Hand und dem Bruder zwei Tage Zeit gelassen, sich selber zu stellen. Angeblich, um seiner Schwester den Schmerz zu verringern. Er war ein feiger Hund. Ich war sicher, dass er statt dessen das Land würde verlassen wollen. Er würde es nicht schaffen, meine Leute waren schon auf ihn angesetzt und würden ihn unauffällig aus dem Weg schaffen.
Sherlock hatte nun also den Stick.
Das Bruce Partington- Raketenabwehrprogramm.
Ich würde diesen Stick bekommen und ihn profitabel verkaufen, denn ich hatte immerhin mit dem Vermeergemälde einige Millionen in den Sand gesetzt und andererseits auch eine gewisse Reputation zu wahren.

Aber bis es so weit war, hatte ich Geduld und wartete darauf dass Sherlock mich, Moriarty, kontaktierte.
Wir saßen zu Hause in der Baker Street.
Er war angespannt wie eine Feder und würde mich nicht lange warten lassen.
Seine ganze Körpersprache zeigte mir, dass er im Augenblick nur darauf wartete, mich, John Watson, loszuwerden.
Also stand ich von meinem Laptop auf, an dem ich gearbeitet hatte und sagte:
„Sherlock, ich werde zum Abendessen nicht da sein, ich bin mit Sarah verabredet."
Seine Augen verdunkelten sich.
Er hasste es, wenn ich ... Dates hatte.
„Hhhmmm", brummte er nur.
„Es ist noch Risotto im Kühlschrank ..."
Keine Antwort. Na dann nicht.

Ich hatte kaum die Wohnung verlassen, da ließ mein Handy einen Signalton hören.
Eine Nachricht auf Sherlocks Blog.
Ich las sie.
„Ich habe die Partington Pläne. Kommen Sie. Mitternacht, das Schwimmbad, wo alles angefangen hat."
Ich grinste. Nun war es also soweit.

Als erstes schrieb ich Richard eine SMS mit den Worten: „Es geht los."
Damit war alles gesagt, denn er wusste was er zu tun hatte, wie er sich herzurichten hatte und was er mitzubringen hatte.
Dann eine weitere Nachricht mit der Zeit- und Ortsangabe:
„Mitternacht. Schwimmbad, Lexington Street. Sei zwei Stunden vorher dort."
Ich grinste und machte mich auf den Weg zu Sarah, der dummen Kuh.

Und dann tauchte ein Problem auf.
Selbst ein genialer Planer wie ich kann den menschlichen Faktor nicht komplett vorausberechnen, er wird immer eine Variable in jedweder Berechnung bleiben.
Dieser menschliche Faktor war in diesem Falle Richard.
Er schrieb zurück. Etwas, was er eigentlich unter gar keinen Umständen tun sollte und wenn, dann nur im absoluten Notfall.
Er schrieb: „John, wir müssen uns sehen, bitte. Jetzt."
Es klang drängend und das gefiel mir gar nicht.
Der Kleine hatte die Anweisung zu tun, was man ihm befahl. Er hatte genaue Richtlinien bekommen für das, was er zu tu hatte und dabei nur genug künstlerische Freiheit, um die Rolle so auszufüllen, dass sie perfekt wäre.
Dass er mich anschrieb und zu sich bat, war nicht vorgesehen.

Ich rief also Sarah an und sagte ihr ab.
Sherlock konnte diese Frau nicht leiden, es war also wenig wahrscheinlich, dass er das herausfinden würde.
Und wenn, würde ich mir bis dahin eine Begründung einfallen lassen.
Jetzt jedoch machte ich mich auf den Weg zu Richard.
Und ich hoffte, dass der Kleine mir keine Schwierigkeiten machen würde.
Es ist immer ärgerlich, wenn einem im entscheidenden Moment ein Werkzeug zerbricht.

Das Janus ProjektWhere stories live. Discover now