Studie in Pink - Teil 2

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Wir betraten das Labor und dort stand er.

Er hantierte mit einer Pipette und er war ... beeindruckend.
Hochkonzentriert bei der Arbeit und doch sah ich ihm an, dass sein Geist seine Umgebung genauestens scannte. So auch Mike, aber vor allem mich, den ihm Unbekannten. Diese hellwache Aufmerksamkeit war ... ja ... sexy.

Außerdem sah er verdammt gut aus.
Natürlich kannte ich sein Aussehen von Fotos und Videos, aber ich hatte mich bewusst bisher von ihm ferngehalten. Nun stand ich ihm also das erste Mal leibhaftig gegenüber.
Seine Augen, von so undefinierbarer Farbe. Hell und leuchtend.
Seine seidigen, schwarzen Locken.
Aber vor allem seine Wangenknochen. Oh diese Wangenknochen...

Ja, das gute alte Spiel „Ich fick dich, bis du den Verstand verlierst und dann verlierst du dein Leben", war in diesem Augenblick mehr als nur verlockend.
Aber nein, ich hatte mit ihm anderes vor, also riss ich mich zusammen.

Ich sah Mike an.
„Ganz anders hier als zu meiner Zeit", sagte ich und warf ihm damit den Ball zu.
Er lachte gequält.
„Du hast ja keine Ahnung ..."
Er spielte es gut, dass ich sein alter Bekannter wäre. Nun, das war auch besser für ihn.

Sherlock ließ sich von seiner Arbeit nicht ablenken.
„Mike? Borgen sie mir Ihr Handy?"
Das waren die ersten Worte, die ich von seiner Stimme hörte. So ein wunderbarer, dunkler Bariton.
Sexy, verdammt sexy.
Ich schmunzelte in mich hinein.
Ja, die nächsten Monate würden in mehr als einer Hinsicht aufregend werden.

Mike reagierte verlegen. Er fühlte sich in der gesamten Situation nicht wohl in seiner Haut. Gott sei Dank kümmerte Sherlock sich gerade nicht um ihn. Er konzentrierte sich auf seine Tätigkeit ... und auf mich.
Ich spürte es mit jeder Faser meines Körpers.
Es waren entscheidende Augenblicke.
Jetzt würde es sich zum ersten Mal zeigen, ob es mir gelingen würde, Sherlock Holmes an der Nase herum zu führen.
Nicht, dass ich eine Sekunde daran zweifelte, immerhin reden wir hier von mir, Moriarty, dem intelligentesten Menschen auf der gesamten Erde.

„Oh, Sorry, ich hab mein Handy nicht hier, hab's wohl noch in der Manteltasche", sagte Mike.
„Nehmen Sie doch das Festnetz."
Sherlock sah nicht mal auf.
„Ich texte lieber", knurrte er.
Jetzt war mein Augenblick.
„Hier nehmen Sie meines", sagte ich und reichte ihm das Handy, dass ich mir für „John Watson" zugelegt hatte und für Sherlock Holmes entsprechend präpariert hatte.
Er nahm es entgegen.
„Danke."

Mike stellte mich vor.
„Ein alter Freund von mir, John Watson."
Ein Seitenblick von Sherlock auf mich.
„Afghanistan oder Irak?"
Oh, er war gut und enttäuschte mich nicht. Er SAH, was er sehen sollte.
„Was?!", reagierte ich pflichtschuldig.
„Ich fragte, welcher Krieg? Afghanistan oder Irak?"
„Ähm ... Afghanistan. Entschuldigen Sie bitte, aber woher wussten Sie ...?"

Wir wurde von Molly, dem Lämmchen, unterbrochen, das ihm einen Kaffee brachte und irgendetwas Unwichtiges über Lippenstift blökte.



„Wie stehen Sie zu Geigen?"

Oh Sherlock, du bist großartig. Du reagierst genau, wie ich es vorausgesehen habe.

„Wie bitte?"
„Nun, es kommt vor, dass ich mitten in der Nacht Geige spiele, wenn ich nachdenken muss und tagelang nicht rede. Mitglieder einer Wohngemeinschaft sollten das Schlimmste voneinander wissen, meinen Sie nicht?"

Ja! Großartig.

Ich sah kurz fragend hinüber zu Mike und dann sofort zu meinem Objekt der Begierde zurück.
"Wer sagte etwas von einer Wohngemeinschaft?"
Mike grinste und schüttelte leicht den Kopf.
„Nun", sagte Sherlock, „ich habe Mike heute morgen erzählt, dass ich einen Mitbewohner suche. Und jetzt stellt er mir einen alten Bekannten vor, der gerade vom Militärdienst aus Afghanistan zurück ist. Nicht schwer, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen, oder?"

Wie recht du hast, mein Darling!

„Woher wussten Sie das mit Afghanistan?"
Er ging nicht auf meine Frage ein.
„Ich habe da ein Auge auf eine Wohnung in der Innenstadt geworfen, zusammen sollten wir sie uns leisten können. Wir treffen uns morgen um 19 Uhr dort. So, und nun muss ich gehen ... habe meine Reitgerte in der Pathologie vergessen."
Innerlich musste ich grinsen. Er war schon speziell, ja und ich würde viel Freude mit ihm haben.

„Warten Sie!", rief ich. „War es das jetzt?!"
Sherlock drehte sich an der Tür noch einmal mit einem dramatischen Schwung seines langen Mantels um.
„War das was?"
„Na ja ... wir kennen uns gerade ein paar Minuten und gehen uns eine Wohnung ansehen?"
Sherlock lächelte verschmitzt und sorgte damit für wohlige Schauer in meinem Inneren.
„Ja. Problem?"

Natürlich wusste ich, wo die Wohnung lag. Selbstverständlich. Aber John Watson würde es nicht wissen und er würde so etwas durchaus als problematisch empfinden, also hakte ich nach.
„Hören Sie, wir beide wissen nichts voneinander. Ich habe keine Ahnung, wo wir uns treffen. Ich kenne nicht mal Ihren Namen!"
Ich war aufgeregt.
Jetzt würde er los legen und mich „deduzieren." Er würde zeigen, was er drauf hat.
Und für mich würde sich zeigen, ob meine ganze Vorbereitung sich gelohnt hatte.

Oh Baby, komm, tu es für mich! Zeig mir, was du kannst!

Das Janus ProjektWhere stories live. Discover now