Fünfundsiebzig

8.4K 437 51
                                    

Es ist Ok? Nein, nichts ist Ok! Der Mann, den ich liebe liegt im Sterben und nur weil ich kurz über etwas, was Dylan gemacht hat, gelacht habe, heißt es noch lange nicht, dass ich die Liebe zu Avery so leicht vergessen werde und mich an seinen Bruder schmeiße, wenn er erst tot ist.

Nach unserem Gespräch, ist Dylan gekommen und ich bin raus gegangen um mich an der frischen Luft wieder zu beruhigen.

Nun stehe ich seit einer halben Stunde hier und kann immer noch nicht glauben, was Avery gesagt hat. Ungläubig schüttle ich den Kopf und gehe wieder rein. Auf dem Weg in sein Krankenhauszimmer, denke ich über seine Worte nach.

"Hören Sie, ich bin hier um meine Freundin zu unterstützen, OK? Also entweder Sie sagen mir wo er liegt oder ich gehe Ihnen so lange auf die Nerven, bis ich es weiß." Die Stimme kommt mir bekannt vor.

"Jetzt beruhig dich, sonst bekommt die arme Krankenschwester noch einen Herzinfarkt", antwortet eine andere Stimme, die mir ebenfalls bekannt vorkommt.

"Sag mir nicht, dass ich mich beruhigen soll, Peralez!" Ich gehe um die Ecke und meine Vermutung stellt sich als richtig heraus.

"Twyla. Reece."

"Na endlich!" Twyla belegt die genervte Krankenschwester mit einem bösen Blick und wirft die Hände in die Luft. Sie kommt auf mich zugelaufen und umarmt mich stürmisch.

"Oh mein Gott, Joy. Das tut mir so unendlich leid", sagt sie in die Umarmung hinein. Wir trennen uns und ich lächle sie traurig an. Tränen bitte kommt nicht...

Auch Reece umarmt mich und sagt dann "Kratzt der Idiot wohl endlich ab." Stirnrunzelnd löse ich mich aus der Umarmung und will gerade was sagen, doch Twyla kommt mir zuvor und schlägt ihn auf den Hinterkopf.

"Peralez, hab ein wenig Respekt!", schreit sie ihn an, hackt sich bei mir unter und geht mit mir am Arm los. "Vergiss den Idioten, lass uns zu Dylan gehen." Ich versuche sie zurückzuhalten um wenigstens ihr den Schock zu ersparen.

"Twyla, Dylan ist eigentlich A-", sie unterbricht mich und zieht mich weiter, bis ich uns zu Avery's Krankenzimmer lotse und wir genau davor stehen. Nochmal versuche ich es ihr zu sagen, dass es Zwillinge sind, aber sie ist einfach zu hyperaktiv und zu schnell.

Mit einem leisen Ruck öffnet sie die Tür und streckt ihren Kopf rein. Nach zwei Sekunden Stille realisiert sie, öffnet die Tür ganz und steht nun stocksteif im Türrahmen.

"Was ist das?"

"Das sind zwei Vollidioten", meint Reece und drängt sich zwischen mir und Twyla durch ins Zimmer. Dylan steht sofort von seinem Stuhl auf und wird von Reece in eine brüderliche Umarmung gezogen, während Reece ihn traurig den Hinterkopf streichelt.

"Woah, mal ganz ruhig hier! Ihr seid Zwillinge?!", schreit Twyla aus. Plötzlich lachen Dylan, Reece und sogar Avery. Ich gucke sie nur entschuldigend an, als sie verwirrt zu mir rüber sieht.

"Ich hab doch gesagt du kratzt vor mir ab", meint Reece Avery sagen zu müssen. Entnervt atme ich aus und stelle mich zu Avery an die Bettseite. "Was soll das?", frage ich ihn gereizt und funkle ihn wütend an. Reece zieht eine Augenbraue nach oben und setzt zum Reden an, als Avery mit einem kleinen Huster dazwischenfunkt.

Behutsam nimmt er meine Hand und streichelt sie mit seinem Daumen. "Baby, du missversteht hier was. Reece und ich haben immer aus drum Spaß gewettet wer früher 'abkratzt'."

"Was für ein Scheiß Spaß ist das denn bitte?", fragt Twyla eher rhetorisch. Vollkommen verständnislos runzle ich die Stirn und schaue die beiden an, die sich ein Spaß aus dem Tod machen.

Reece versucht aufzuklären, indem er folgendes sagt. "Ave ist immer auf Risiko gegangen, wenn er gesurft hat. Er ist immer die wildesten und größten Wellen geritten. Einmal ist er vom Board abgerutscht und wäre fast ums Leben gekommen, ertrunken. Dylan und ich haben ihm immer versucht auszureden auf so hohe Wellen zu surfen, dass wir eine 'Wette' gemacht haben wer zuerst abkratzt. Er wegen zu hohem Risiko im Wasser und ich auf der Straße, weil ich beim Motorradfahren manchmal übertreibe."

Ohne auf seine ausführliche Aussage einzugehen, frage ich ihn perplex "Du wusstest schon länger, dass sie Zwillinge sind?" Reece runzelt die Stirn. "Natürlich, ich wusste es von Anfang an. Ich habe ihnen den A&D Surfshop vermietet, bis sie es mir dann über die Jahre abbezahlt haben."

"Du hast mir nichts gesagt", stelle ich bestürzt fest. Er hätte es mir sagen können, als wir eine Nacht miteinander verbracht haben.

"Und mir hätte es auch mal jemand sagen können." Twyla setzt sich beleidigt auf Dylan's Stuhl und verschränkt die Arme ineinander.

Reece kommt auf meine Seite und nimmt mich seitlich in den Arm. "Ich dachte du wusstest das. Und wegen dem 'Abkratzen': Nimm's nicht so ernst, Babe." Bei dem Kosenamen zucke ich heftig zusammen und schaue zu Avery, der ihn plötzlich böse anfunkelt und Anstalten macht aufzustehen.

"Hey, nenn mein Mädchen nicht so und betatsch sie auch nicht!" Avery schwingt die Beine vom Bett und zieht mich zu sich zwischen ihnen. "Ich bin der Einzige, der sie so nennen und anfassen darf", sagt er lächelnd und küsst mich auf die Stirn.

JoyWhere stories live. Discover now