Zweiunddreißig

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Ich stehe hinter der Bar, da Reece im Personalbereich ist und von dort Nachschub holt.

Seit wir miteinander geschlafen haben, ist nichts mehr passiert. Wir haben uns weder geküsst, noch sonst was. Es war auch kein bisschen komisch zwischen uns. Eher normal, was ich und bestimmt auch er, sehr begrüße.

Es ist kurz vor neun und die Bar ist rappelvoll. Jeder an den Tischen wurde bedient und denen, die an der Bar sitzen, schenke ich von Zeit zu Zeit nach.

"Noch einen Tequila", murmelt die junge Frau am Tresen. Sie hatte schon drei davon getrunken und schien auch nicht so schnell aufhören zu wollen. Sie trägt eine helle Jeans und ein rotes Oberteil, welches am Rücken frei ist. Mit ihrem blonden Haaren und ihrer dezenten Schminke, sieht sie sehr hübsch aus und müsste ungefähr in meinem Alter sein.

"Findest du nicht das es langsam reicht?", rede ich ruhig auf sie ein. Sie hebt den Kopf vom Tresen und schaut mich durch himmelblaue Augen an. Das Mädchen wirkt traurig und ihr Eyeliner ist an der rechten Seite leicht verschmiert.

Sie legt den Kopf wieder auf den Tresen und murmelt "Wenn deine beste Freundin mit deinem Freund schläft, dann würdest du dich auch betrinken."

"Das tut mir Leid", sage ich traurig und sie hebt den Kopf an.

"Braucht es nicht, die beiden verdienen einander. Diese Bitch ist schon lange nicht mehr meine beste Freundin. Und jetzt nachdem sie mit James geschlafen hat, kann sie mich mal. Und James kann mich auch mal."

"Das ist die richtige Einstellung", ich lächle sie an und sie lacht ebenfalls.

"Twyla", stellt sie sich vor und streckt mir ihre Hand hin. Lächelnd nehme ich ihre Hand und schüttle sie "Joy."

"Also Joy, was macht eine junge Frau, wie du, in einer Bar?" Verdammt warum sagen das alle? Eine Frau, wie ich.

"Ich arbeite", gebe ich leicht genervt von mir.

"Das sehe ich auch, aber warum arbeitest du nicht in einem Dinner als Kellnerin oder in einem Geschäft als Verkäuferin?" Sie setzt sich auf und schaut mich gespannt an.

Doch ich zucke nur mit den Schultern und schnappe mir die Tequilaflasche.

"Willst du deinen Tequila oder nicht?" Twyla legt ihren Kopf zur Seite und mustert mich, bevor sie folgendes sagt.

"Du bist noch nicht lange in dieser Stadt, deinen Klamotten und deiner Attitude nach zu urteilen, hast du genug Geld um nicht arbeiten zu müssen. Aber du tust es dennoch und zwar in einer Bar, also musst du entweder vor jemanden weglaufen oder du hast es satt von dem Geld deiner Eltern zu leben und willst selber etwas verdienen."

Ich blinzle sie mehrmals an und bin komplett sprachlos. Wie hat sie das gemacht? Oder besser gesagt, was hat sie da gerade gemacht?

"Wie-", mehr bekomme ich nicht raus, denn sie schneidet mir das Wort ab.

"Ich bin eine gute Menschenkennerin und Expertin, was Mikroexpressionen und Körpersprache angeht", erklärt sie und deutet mir ihr noch einen Tequila einzuschenken.

"Zwei Fragen", kündige ich an während ich den Tequila in ihren Shotglas schenke "Was zur Hölle sind Mikroexpressionen? Und wenn du doch so eine gute Menschenkennerin und Expertin für Körpersprache und das andere bist, wie konntest du dann nicht kommen sehen, dass dein Freund dich mit deiner besten Freundin betrügt?"

Sie lacht und dabei sieht sie noch hübscher aus, als sie eh schon ist.

"Mikroexpressionen sind flüchtige Gesichtsausdrücke, die Sekundenbruchteile dauern. Menschen, wie ich, die gute Beobachter sind, können zum Beispiel Lügner anhand von diesen entlarven. Und zu deiner zweiten Frage: Ich wusste es schon bevor ich es 'offiziell' wusste, doch ich habe nichts gesagt und wollte schauen, wie weit die beiden gehen. Letztendlich sind die zwei Kackbratzen zu weit gegangen, indem sie nun auch noch offiziell zusammen sind", sie verdreht angeekelt die Augen und ext den Tequila runter.

Ich fange langsam an dieses Mädchen zu mögen.

"Und was hat mich verraten?", frage ich perplex und bin gespannt auf ihre Antwort.

"Diese Jeans", sie zeigt auf meine schwarze Hose "ist, obwohl man es ihr kein bisschen ansieht, verdammt teuer." Sie hat recht. Das ist meine Lieblingsjeans, die hab ich als ich noch in Denver war und Daddy's Geld beabsichtigt aus dem Fenster geschmissen habe, gekauft. Ich bin nicht Stolz auf meine Zeit in Denver, nur damit ihr es wisst.

"Und dein Blick zu dem Typen da", sie zeigt auf den Mann im Anzug, der sein Smartphone in der Hand hält und darauf rumtippt "ist purer Hass, obwohl du ihn nicht kennst. Also vermute ich, dass du deinen schnössligen Vater in ihn siehst", sie zieht eine Augenbraue hoch und sieht mich fragend an.

"Wow, du bist echt gut", lobe ich sie anerkennend, gehe aber nicht weiter darauf ein.

JoyWhere stories live. Discover now