Zweiundsiebzig

8K 446 45
                                    

"Wie fühlst du dich?", frage ich Avery, als wir im Zimmer angekommen sind und er gerade aufgewacht.

Er versucht die Atemmaske runterzunehmen, aber ich hindere ihn daran. Dennoch nimmt er sie runter und lächelt mich müde an.

"Ich liebe dich", flüstert er rau.

Unter kommenden Tränen, nehme ich sein Gesicht in meine Hände und drücke ihm ein Kuss auf die Stirn.

"Ich liebe dich, Avery", hauche ich gegen seine kühle Stirn. Er schmunzelt, als ich ihn wieder ansehe, was mich die Stirn runzeln lässt.

"Das hast du zum ersten mal gesagt", versucht er zu erklären, aber ich verstehe nichts, weswegen ich verwirrt "Was?" frage.

"Du hast zum ersten Mal ich liebe dich zu mir gesagt." Ich lache leise auf und lege mich zu ihm ins Bett.

"Wann hätte ich es dir sagen sollen? Während du eine Road Tour nach Houston, Texas gemacht hast?" Avery lacht ebenfalls auf "Touché." Dylan hat mir gesagt, dass das Cancer Center, das beste Krankenhaus im Land, was Krebs betrifft, in dem sie waren, in Houston ist.

"Ich liebe dich", wiederhole ich leise und ergattere dafür sein wunderschönes Lächeln. Avery zieht mich zu sich ins Bett und sofort kuschle ich mich an ihn.

Dylan sitzt in einem Sessel, den er neben das Krankenbett gestellt hat, auf der anderen Seite des Bettes und sieht uns schmunzelnd zu. Er hat mich gebeten nicht zu ernst zu sein und nicht die ganze Zeit zu weinen, weswegen ich auch eben den kleinen 'Witz' gemacht habe.

Ich schaue kurz zu ihm und er lächelt mich dankend an, bevor er stumm etwas sagt, ohne dass es Avery mitbekommt. Ich runzle die Stirn, da ich es nicht verstanden habe und er wiederholt es. Dylan formt die Worte 'Sag es ihm' mit dem Mund.

Ich nicke kaum merklich, bevor ich mich mit einem tiefen Atemzug aufrecht auf dem Bett neben Avery hinsetze und ihm in seine Augen sehe, die er gerade aufschlägt und mich anschaut.

"Avery", fange ich unsicher an. "Ich muss dir was sagen." Er runzelt erwartungsvoll die Stirn und setzt sich ebenfalls aufrecht hin.

"Baby, geht es dir gut?", fragt er besorgt. Ich nicke kaum merklich und schließe die Augen.

Mit geschlossenen Augen spreche ich die Worte "Ich bin schwanger" aus. Gerade als ich die Augen aufschlagen will und in ein überraschtes und vielleicht sorgenvolles Gesicht zu erwarten schaue, werde ich an eine warme Brust gedrückt.

"Das ist die schönste Nachricht, die ich je gehört habe", nuschelt er an meinem Ohr. Entrüstet sehe ich in der Umarmung von Avery zu Dylan, der wortlos 'Sag ich doch' mit seinen Lippen formt.

"Baby, das ist wundervoll", fängt er an. "Ich hoffe es ist so ein wunderschönes, herzensgutes und schlaues Mädchen, wie ihre Mutter." Ich schaue in seinen Armen zu ihm hoch. Er hat seine silbernen Augen geschlossen und ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen. Sein Anblick ist so herzzerreißend und wunderbar, dass es mir die Sprache verschlägt und sich Tränen in meinen Augen bilden.

Der Moment ist perfekt...

Bis er anfängt zu husten.

Sofort setze ich mich auf und steige vom Bett runter. Dylan reicht ihm ein Taschentuch, das Avery nimmt und reinhustet. Schnell schenke ich Wasser in den Becher auf dem Tisch und halte es ihm hin, als er sich ausgehustet hat.

"Danke", bedankt er sich nachdem er einen Schluck nimmt. Ich lächle ihn mitleidig an und nehme den Becher, den er ausgetrunken hat, aus der Hand uns stelle ihn wieder auf den Tisch.

"Du musst dich ausruhen", meint Dylan. "Wir sollten gehen." Ich stimme ihm mit einem leichten Nicken zu und gebe Avery einen kleinen Kuss auf den Mund. Doch er vertieft den Kuss, indem er mich näher zu sich zieht und seine Lippen leidenschaftlich auf meine legt.

Nachdem unsere Lippen sich schwerwiegend trennen, haucht er ein "Ich liebe dich so sehr, Joy Collister" an meine Haut und drückt mir einen leichten aber sinnlichen Kuss auf die Stirn.

"Und ich liebe dich unendlich, Avery Wyler", antworte ich und trenne mich widerwillig von ihm. Er muss sich jetzt ausruhen, sage ich mir und lege ihm die Atemmaske wieder an.

Auf dem Weg zur Tür, hält uns Avery auf. "Bruder", ruft er Dylan hinterher und wir drehen uns zu ihm. Er hat die Atemmaske wieder abgenommen und sieht seinen Zwilling an.

"Kann ich mit dir reden?" Dylan nickt und geht auf ihn zu, ich ihm hinterher. "Baby", fängt er an und schaut zu mir "könntest du bitte draußen auf Dylan warten? Er fährt dich dann nach Hause." Mit gerunzelter Stirn lächle ich ihn an und nicke. Wissend, dass ich sicherlich nicht nach Hause fahren werde, warte ich im Flur.

JoyWhere stories live. Discover now