Die Glut und Kälte des Zorns

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Sie erhebt sich, ihre Augen auf die seinen gerichtet.

Sobald sie steht, nimmt Jan sein Gewehr in seine linke Hand, und dann versetzt er ihr mit seiner Rechten eine schallende Ohrfeige. Die Wucht des Schlags wirft sie um und befördert sie in die Wand hinter ihr.

Annas Aufschrei zerreisst Leonies Herz. Heisse Wut überkommt sie. Sie stellt sich auf die Füsse und macht einen Hechtsprung nach Jans Beinen.

Dann bricht das Chaos über sie herein.

Sie kommt in Kontakt mit Jans Knien und merkt, wie sie zur Seite weichen. Er verliert das Gleichgewicht, als gleichzeitig etwas anderes mit ihm kollidiert, und dann mit Leonie. Jan fällt zu Boden. Eine Gestalt landet auf ihr – sie fühlt harte Knochen und angespannte Muskeln.

Sie sieht, wie Jan sich wieder erhebt und nach seinem Gewehr greift, während sie sich unter dem Gewicht auf ihr kaum rühren kann. Dann bewegt sich die Gestalt und die Last verschwindet. Sie erhebt sich auf ihre Knie und blickt in Karls Augen. Er sieht so überrascht aus wie Leonie sich fühlt. Offensichtlich hat auch er versucht, sich auf Jan zu stürzen, und ist dabei auf Leonie gelandet.

Der Griff von Jans Gewehr rammt sich in Leonies Brust und wirft sie rückwärts auf den Boden. Sie sieht, wie Jan nochmals ausholt, um Karl einen ähnlichen Schlag zu versetzen, aber der springt auf und geht ein paar Schritte zurück.

„Wir reden miteinander, wenn wir zurück sind, Karl", sagt Jan mit zischender Stimme.

Aber Karls Blick ist auf Leonie gerichtet. Sein Gesichtsausdruck ist undurchschaubar. Dann bricht er den Augenkontakt und schaut zu Boden.

Jan atmet geräuschvoll ein, dann richtet er sein Gewehr auf sie. Dabei fällt sein Blick auf den Boden rechts von ihr, und er zögert. Er hat die traurigen Überreste seiner Drohne entdeckt.

Er nähert sich und berührt den Bolzen der Armbrust, der immer noch im Gerät steckt, mit seiner Fussspitze. „Warst du das?"

„Ja", antwortet sie, „und es hat mir Spass gemacht". Sie kann sich ein Grinsen nicht verklemmen.

Dann wartet sie darauf, dass er ihr ins Gesicht tritt, oder dass er sie erschiesst. Aber er bewegt sich einige Schritte von ihr weg und wendet sich den anderen zu.

„Emma." Seine Stimme ist bestimmt und fest. „Du bringst alle hoch ins Reduit. Robert bleibt bei mir, und auch Leonie. Wir müssen miteinander reden. Wir kommen später nach."

Robert kommt Jans Befehl nach und stellt sich neben ihn.

Die anderen stehen auf. Karl geht zu Leonies Freunden, um Anna zu helfen. Als sie sich aufgerichtet hat, umarmen sich die zwei. Der Gedanke, dass er ihr offenbar verziehen hat, erfüllt Leonie mit unerwarteter Freude. Anna sagt ihm etwas, Leonie kann die Worte nicht verstehen. Dann schauen beide zu ihr. Rosie und Klaus gesellen sich zu ihnen.

Emma nähert sich der Gruppe, gefolgt von Adam. Sie reden mit leiser Stimme. Dann dreht sie sich um und geht auf Jan, Robert und Leonie zu. Adam bleibt zurück.

„Vater", sagt Emma. „Komm mit uns. Lass uns zusammen gehen." Sie streckt eine Hand zu ihm aus.

Er starrt sie an, offenbar überrascht, dann schüttelt er seinen Kopf. „Ich habe dir gesagt, dass du voraus gehen sollst. Ich komme nach."

„Bitte. Wir ... brauchen zwei Schusswaffen, um alle in Schach zu halten." Sie weist auf Leonies Freunde. „Und es wird bald dunkel."

„Wir brauchen nicht lang. Ihr geht voraus. Das schafft ihr schon. Die werden nichts Dummes anstellen, solange ich die kleine Leonie hier habe." Er zeigt mit dem Gewehr auf Leonie, sein Blick auf seine Tochter gerichtet.

Welt der RuinenWhere stories live. Discover now