Kapitel 121 - Ich gehöre zu dir

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Raven

"Wie bist du hier reingekommen?", frage ich unsicher und merke, wie mein Puls sich beschleunigt.

"Cate", sagt er knapp und sieht mich mit leeren Augen an.

"O", mache ich und wippe unsicher auf meinen Füßen umher.

Ich höre Harry tief einatmen und er sieht auf mein Bett, auf dem meine braune Tasche liegt. "Du hast deine Tasche bei mir vergessen."

Als Danke nicke ich ihm nur kurz zu.

"Ich habe dich unendlich mal angerufen."

"Ich weiß", sage ich leise und sehe schuldbewusst auf den Boden.

"Wieso bist du nicht rangegangen?"

"Ich wollte nicht", meine ich mit zuckenden Achseln.

Er seufzt. "Raven, du kannst nicht einfach abhauen und meine Anrufe ignorieren. Und das den ganzen beschissenen Tag."

"Es tut mir Leid, aber ich war nunmal wütend auf dich."

"Dann solltest du mit mir darüber reden und dich nicht verhalten, wie ein Kind."

Ich kneife meine Augen zusammen und sehe ihn scharf an. "Ich verhalte mich nicht wie ein Kind."

Harry verdreht die Augen und stützt sich von dem Fensterbrett ab. "Jetzt hör endlich auf ständig einen Streit zu beginnen. Willst du das nicht lieber normal klären? Wir sind keine pubertierenden Teenager mehr."

Auf einmal komme ich mir so bescheuert vor. Ich schiebe es einfach mal auf meine Tage.

"Okay", seufze ich ergeben und lasse mich auf mein Bett fallen. Ich will mich nicht schon wieder mit Harry streiten, ich will ihn endlich wieder bei mir haben. Der Tag heute ohne ihn, war merkwürdig und so leer ohne ihn.

Harry setzt sich auf Cates Bett mir gegenüber und lehnt seine Ellenbogen auf seine Knie und faltet seine Hände.

"Wo ist Cate eigentlich?", frage ich.

"Bei Andy. Sie hat mir nur ihren Schlüssel gegeben."

"Okay..." Ich weiß nicht, was ich sagen soll.

"Okay", atmet er tief ein. "Also wieso bist du heute gegangen?"

"Weil du gemein warst."

"Ich war nicht gemein."

"Du hast mich nicht ernst genommen und hast Witze über meine Periode gemacht."

Seine Mundwinkel zucken. "Weil du dich aufgeführt hast, wie eine Frau in den Wechseljahren."

"Mal davon abgesehen, dass ich nunmal Hormonenschwankungen habe, habe ich trotzdem genug Gründe, um mich so aufzuführen."

Kurze Stille, dann seufzt er. "Ich wollte dir die Sache mit New York noch sagen."

"Wann? Das ist schon zwei Wochen her."

"Ich... Keine Ahnung, aber ich wollte es dir nicht verheimlichen. Ich dachte, um ehrlich zu sein, nicht, dass du so ausrastest."

"Findest du, dass ich übertrieben habe?", frage ich und fühle mich plötzlich schlecht, weil ich ihn so angeschrien habe.

Er zuckt mit den Schultern. "Kann ich dir nicht sagen. Ich wüsste nicht mal, wie ich reagieren würde, wenn ich an deiner Stelle wäre."

Ich nicke leicht mit dem Kopf und schürze die Lippen.

"Und die Sache mit dem Buch", fängt Harry an, doch ich unterbreche ihn.

"Nein, stop", sage ich und halt eine Hand hoch. "Darüber möchte ich nicht reden. Zumindest jetzt nicht... Irgendwie hat das einen größeren Effekt auf mich, als ich dachte."

Er lässt die Schultern hängen. "Ja, ich verstehe."

Es herrscht wieder ein kurzes Schweigen zwischen uns, dann frage ich unglücklich: "Und... Was hälst du von New York? Ich meine, das ist eine riesige Chance für dich."

"Ich weiß", antwortet er mit einem nachdenklichen Ton.

Bei der Vorstellung, dass Harry nach Amerika gehen wird, bekomme ich einen höllischen Schmerz in der Brust.

Wenn er tatsächlich gehen würde, dann... Ja, was wäre dann? Dann wäre ich am Boden zerstört.

Dann wäre meine Sonne weg, mein Licht, mein Atem.

Ich kann mir kein Leben ohne Harry hier in London ausmalen, denn sonst würde ich wahrscheinlich an dem Schmerz kollabieren.

"Ich weiß noch nicht, ob ich nach Amerika gehen werde, Baby", sagt Harry einfühlsam, als er merkt, dass meine Laune von Sekunde zu Sekunde sinkt.

"Ich habe deine Anrufe nicht angenommen, weil ich mit Ben in einem Café war", flüstere ich schon fast. Mein Blick auf den Boden gerichtet und meine Stimme gebrochen gemischt mit einem schrecklichen Gewissen.

Harry ist einfach wieder so lieb, er muss es wissen.

Doch er sieht so gut wie gar nicht geschockt aus oder irgendetwas anderes. Sein Blick ist fast schon gefühlskalt.

"Ich weiß", meint er nur neutral und sieht aus dem Fenster. "Ich habe dich gesehen, wie du aus seinem Auto ausgestiegen bist."

Ich reise entsetzt die Augen auf. Das ist ja noch schlimmer wie, wenn ich es ihm selbst sage.

Er sieht wieder zu mir und lacht leise verbittert auf. "Ich dachte nicht, dass du es mir selbst sagen wirst."

"Aber das habe ich."

"Wie kam es dazu?", fragt er sicher und gibt mir kein Stück das Gefühl, dass er sauer oder enttäuscht ist.

"Wir haben uns zufällig am Bahnhof getroffen", erzähle ich unsicher. "Und dann hat er mich gefragt und ja..."

"Und du warst noch so sauer auf mich, dass du zugestimmt hast." Ich kann seine Stimmung immer noch nicht einschätzen. Irgendetwas zwischen gut und böse.

Ich nicke.

Harry atmet tief ein und aus, steht auf und stellt sich wieder ans Fenster, sieht heraus.

Kann er mir jetzt endlich mal sagen, ob er wütend auf mich ist oder nicht? Ich fühle mich so hilflos.

"Ich will, dass du weißt, dass ich dir vertraue", sagt er mit fester Stimme. "Aber ich will auch, dass du weißt, dass ich Ben absolut nicht ausstehen kann und ich es nie befürworten könnte, dass so etwas wie heute öfters vorkommt. Ich werde dir nicht verbieten dich mit irgendwelchen Leuten zu treffen, die du magst, aber ich will mir einfach sicher sein können, dass du weißt, wo du hingehörst."

Erleichtert atme ich aus und merke jetzt erst, dass ich die ganze Zeit die Luft angehalten habe. "Ich gehöre zu dir", sage ich leise und sehe auf seinen Hinterkopf.

Ich sehe ihn von hinten lächeln und stehe auf. Liebevoll schlinge ich meine Arme von hinten um seine Taille und presse meine Wange fest gegen seinen Rücken. "Es tut mir Leid."

Ganz leicht spüre ich seine Atembewegungen an meiner Brust und ich bedaure es, dass ich sein Herz nicht hören kann.

Er dreht sich zu mir um und drückt mich fest an seine Brust.

Jetzt kann ich sein Herz hören.

"Mir tut es auch Leid", sagt er und küsst meinen Kopf. "Morgen darfst du wieder zu den Kursen gehen."

Ich muss schmunzeln und drücke mich noch fester an ihn. "Ich liebe dich."

Harry lacht leise und nimmt meinen Kopf zwischen seine Hände. "Ich liebe dich", sagt er und küsst mich.


Sorry, für das kurze Kapitel, aber auf Klassenfahrt zu schreiben ist schwieriger, als ich dachte.

Ich hoffe, ihr genießt das schöne Wetter :)



Lives Collide 2 Hikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin