Kapitel 49

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Lange, bevor mein Wecker am Sonntagmorgen die Nachtruhe beendete, stand ich auf und begann, für Sven ein kleines Geburtstagsfrühstück vorzubereiten. Während der Hefeteig ruhte, machte ich mich schick und lauschte immer wieder, ob Sven etwas von meinem Tun mitbekam.

Neugierig öffnete ich die Tür einen winzigen Spalt und lächelte, als ich seinen blonden Haarschopf unter der Bettdecke hervorlugen sah. Durch das warme Nachtlicht, das er sich besorgt hatte, konnte ich die dicken Wälzer für seine Arbeit, eine Bibel und seine Schreibunterlagen auf dem Tisch erkennen. Wahrscheinlich war er durch das Lernen erst spät ins Bett gekommen. Ich bewunderte Sven für seinen unermüdlichen Fleiß, den er für seine Arbeit als Seelsorger an den Tag legte, obwohl er selbst trauerte. Vielleicht versuchte er sogar, sich dadurch abzulenken oder aufzubauen.

Zufrieden, dass er tief schlief, eilte ich wieder in die Küche und buk frische Boller mit viel Butter, Zimt und Zucker. So, wie Erik und mein Vater sie am liebsten mochten und auch Sven schien eine Vorliebe dafür entwickelt zu haben. Für das nächste Wochenende nahm ich mir vor, einen Vorrat an Rosinenboller zu backen.

Während die süßen Stücke im Ofen eine goldene Farbe annahmen, knetete ich den Sauerteig, den ich abends in aller Heimlichkeit angesetzt hatte, ordentlich durch. Es ging nichts über selbstgemachtes, noch warmes Brot!

Nach und nach holte ich die fertigen Boller aus dem Ofen und schob dafür das Brot hinein. Dann setzte ich den Kaffee auf, presste mehrere Orangen aus und prüfte, ob der Apfelsaft aus der Gefriertruhe bereits flüssig war.

Alles lief zu meiner Zufriedenheit und ich gönnte mir einige Minuten auf der Couch mit einem heißen Kakao. Das Seelengetränk für gemütliche Stunden genoss ich gerne auch morgens oder wenn es mir nicht gut ging. Tee schmeckte mir zurzeit überhaupt nicht, weshalb ich lieber auf Kaffee und das Schokoladengetränk zurückgriff.

Es war der erste Geburtstag ohne meine Eltern und Erik ... Die Erkenntnis ließ mein Herz schneller schlagen und ich spürte, wie sich mein Blick verschleierte. Plötzlich wurde mir klar, dass ich Svens Geburtstag nur im Hotel feiern wollte, weil ich Angst vor der unheimlichen Leere in mir hatte. Früher waren unsere Familienfeiern bunt, lustig und manchmal auch laut gewesen, doch wenn ich allein mit Sven feiern würde, wäre alles ruhig und ich würde die alten Zeiten noch mehr vermissen.

War es selbstsüchtig, dass ich dem Schmerz entgehen wollte? Wenn ich es recht überlegte, war ich das. Sven war nie der Typ für Feten gewesen und nun drängte ich ihn fast schon dazu, meinen Wunsch zu akzeptieren.

An meiner Unterlippe nagend, sah ich in die Dunkelheit. Langsam ließ die Schwärze der Nacht nach und der Morgen legte einen Dunstschleier über das Meer. Das Rauschen der Wellen drang an meine Ohren und ich bekam ein schlechtes Gewissen. Bisher war mir nicht bewusst gewesen, dass Sven vielleicht nur meinetwegen eingewilligt hatte.

Schließlich war alles vorbereitet und ich drapierte das Frühstück auf ein Betttablett mit Beinen. Vollbeladen trug ich es so vorsichtig wie eine hauchdünne Kristallvase nach oben und war froh, dass ich die Tür vorhin nur angelehnt gelassen hatte.

Mit dem Ellenbogen machte ich das Licht an und weckte Sven mit einem Geburtstagslied. Unter der Decke begann es sich zu regen und so verschlafen, wie er mich ansah, wusste ich, dass er keinen Plan hatte, was gerade geschah.

„Gratulerer med dagen, Sven", lächelte ich und stellte das Tablett auf dem Boden ab, um Eriks Bruder fest in den Arm zu nehmen. Sachte drückte ich ihm einen Kuss auf die Wange und drückte ihn leicht von mir. „22 Jahre bist du schon", merkte ich noch immer lächelnd an. „Sven, bitte verzeih, dass ich dich zu einer Feier im Hotel gedrängt hatte. Ich ..."

Mit einem Finger an meine Lippen schüttelte er den Kopf. „Nein, Frejya. Ich bin dankbar, dass du mich herauslocken möchtest. Ansonsten würde ich den ganzen Tag über den Büchern sitzen und alles andere verdrängen, weil ...", begann er und ich sah einen schmerzvollen Ausdruck in seinen Augen, „... ich vermisse Erik schrecklich, auch die Art, wie er mich an Geburtstagen geweckt hat."

Midnight Sun - Ein Jahr zum VerliebenOnde histórias criam vida. Descubra agora