Kapitel 29

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Das arbeitsreiche und doch entspannende Wochenende war viel zu schnell vorbei und der Alltag holte uns ein. Mit neuer Energie und guter Laune kam ich Montagmorgen im Hotel an und machte einen Abstecher in den Garten. Die Sache mit Sven hatte ich nicht vergessen, doch sie war erst einmal in die Ferne gerückt, selbst als ich mit ihm Textnachrichten austauschte. Ihm ging es gut, auch wenn die Schulung stressig war. Oft genug überlegte ich, ob ich ihm meine Gefühle schreiben sollte, doch das war ein Thema, das ich lieber von Angesicht zu Angesicht besprach. Textnachrichten fand ich unpersönlich.

Durch den Garten schlendernd genoss ich den würzigen und lieblichen Geruch der Blumen. Sobald ein knatterndes Geräusch erklang, hüpfte mein Herz vor Freude und ich konnte nicht schnell genug zu der Stelle kommen, an der Adrian stets sein Fahrwerk abstellte.

Mit einem breiten Grinsen kam ich auf ihn zu und musterte ihn, wie er seinen Helm abzog und sich durch die Haare strich. Das war bei ihm eine wiederkehrende Geste, wie ich feststellte.

„Guten Morgen, Adrian. Na, war es gestern noch erholsam?", fragte ich neugierig. Nach der Heimkehr waren die beiden noch auf eine kleine Spritztour gefahren.

„Guten Morgen. Oh ja, es war wundervoll, aber wir waren nicht mehr lange weg. Das Wochenende steckt uns in den Knochen", gestand mein Geschäftspartner. Mit einem liebevollen Lächeln strich er über seine Kawasaki. „Brav sein, Prince Charming. Keine Frauen verführen, hörst du?"

Lachend warf ich den Kopf in den Nacken. „Bist du sicher, dass du gerade mit einem Stück Metall sprichst und nicht mit dir selbst?", stichelte ich.

Gespielt arrogant hob Adrian seine Nase in die Luft. „Ich verführe keine Frauen", meinte er spitz, was mich erst recht zum Lachen brachte.

„Ach nein?", prustete ich hinter vorgehaltener Hand. Aber er sprach die Wahrheit. Er war zu allen freundlich, charmant und sparte nicht mit Komplimenten, aber er flirtete nicht. Eine Mischung, die ich von alleinstehenden Männern so nicht kannte.

„Nein. Das erledigt mein gutes Stück hier", erwiderte Adrian und klopfte auf das Motorrad.

„Einbildung ist auch eine Bildung", bemerkte ich frech und ehe Adrian auf den Gedanken kam, noch etwas hinzuzufügen, lief ich auf die Eingangstür zu und hielt sie ihm mit einer kleinen Verbeugung auf. „Bitte sehr, nach dir."

„Wie freundlich von dir", lächelte Adrian und ging vor mir in die Eingangshalle.

Hinter dem Tresen stand Bjørn und sortierte etwas, doch sobald er uns sah, hob er grüßend die Hand. Mit einem Blatt in der Hand winkte er uns zu sich. „Es kamen einige Anfragen von Reisegruppen aus Amsterdam. Levis Bilder finden dort scheinbar einen großen Anklang", erklärte er.

Wir schnappten uns die Papiere und überflogen sie, ehe wir zu der Entscheidung kamen, sie nachher in Ruhe durchzugehen. Zuerst wollten wir wissen, ob es Probleme über das Wochenende gegeben hatte.

Bjørn schüttelte den Kopf. „Alles im grünen Bereich. Idun ist diese Woche noch krankgeschrieben, aber das ist kein Problem. Ihr seid da und ihr könnt auf uns zählen", sagte er und heftete einige Zettel in einem Ordner ab. „Ich würde nächsten Montag einen freien Tag brauchen. Meine Nichte hat Geburtstag und wünscht sich, eine Walsafari zu machen. In Eidfjord gibt es das nicht und sie kommen uns das nächste Wochenende besuchen."

„Überhaupt kein Problem. Wir sind genug Leute, nicht wahr, Adrian?", fragte ich an den Schwarzhaarigen gewandt. Sollte es brenzlig werden, würde Sven sicherlich auch aushelfen, aber ich ging nicht davon aus, dass solch eine Situation eintrat.

„Auf jeden Fall. Das steht bei Nic und mir auch noch auf dem Programm. Vielleicht kommt Freyja mit?"

War das gerade eine indirekte Einladung? Oder wie sollte ich das verstehen? „Du willst, dass ich mitkomme?", fragte ich vorsichtig.

Midnight Sun - Ein Jahr zum VerliebenWhere stories live. Discover now