Kapitel 13

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In den darauffolgenden Tagen wurden meine Nerven auf eine harte Probe gestellt. Morgens hatte ich meine Ruhe, doch sobald ich das knatternde Geräusch vernahm, sank meine Laune rapide und erreichte ihren Nullpunkt, kaum, dass ich das schwarz glänzende Haar entdeckte oder seine freundliche Begrüßung an die Mitarbeiter mitbekam. Zu meinem Erstaunen war diese auch noch in Norwegisch und mich beschlich das Gefühl, dass er sich lediglich einschleimen wollte. Zu mir war er mal freundlich, dann wieder arrogant und zum Kotzen.

Hatte Adrian nicht von einem Friedensangebot gesprochen? Warum machte er mir mit seinen Stimmungswechseln das Leben schwer?

Bisher hatte ich mich erfolgreich geweigert, ihm Zutritt zum Büro zu geben, weshalb Idun vorschlug, das Nebenzimmer als zweiten Raum zu benutzen. Wenigstens trennte uns jetzt eine Wand!

So auch am Freitag, als Idun mit einem Kaffee in mein Büro kam. Mittlerweile hatte ich mich durch den ganzen Papierkram gewühlt und konnte auch meinen Teil beitragen. Im Moment war ich dabei, die Rechnungen vom letzten Jahr durchzusehen, die meine Eltern sorgfältig in einem Ordner abgeheftet hatten. Ordnung war ihr Lebensmotto, was mir half, mich zurechtzufinden. Im Kopf überschlug ich die Zahlen und war mit dem Gewinn zufrieden.

„Kommst du zurecht?", wollte Idun wissen.

„Ja, ich habe keine Probleme", antwortete ich und nahm den Kaffeebecher entgegen. Seufzend sog ich den kräftigen Geruch ein und nahm einen Schluck. Idun hatte genau die richtige Menge an Zucker getroffen! Erneut seufzte ich und warf einen Blick aus dem Fenster.

„Sag mal, Idun ...", begann ich nachdenklich, während ich die Gäste auf der Terrasse beobachtete. Ein älteres Ehepaar hatte die Stühle so gedreht, dass sie auf das Meer sehen konnten und sie schienen sich mit Drinks und einem alten Kofferradio zu vergnügen, denn ich hörte ihr Lachen.

„Was denn?", wollte die beste Freundin meiner Mutter wissen und lehnte sich gegen den Schreibtisch.

„Hast du nicht auch das Gefühl, dass Mister Da Idiot sich einschleimen will und versucht, sich beliebt zu machen?"

Idun begann zu lachen. „Mister Da Idiot?", grunzte sie vergnügt. „Wie kommst du denn darauf?"

Ich zuckte mit den Schultern. „Er ist doch ein Idiot, oder etwa nicht?"

Jetzt schüttelte Idun den Kopf und meinte, dass er zuvorkommend und hilfsbereit wäre. „Vielleicht ist seine Art von Humor etwas gewöhnungsbedürftig, aber ich habe nicht das Gefühl, dass er ein schlechter Kerl ist und sich einschleimen will, sondern sich einleben möchte. Mit seinen paar norwegischen Brocken, die jeden Tag ein bisschen mehr werden, hat er Eira bereits verzaubert. Bjørn hilft ihm mit den Übersetzungen."

Das hatte ich definitiv nicht erwartet und ich fragte mich, ob Adrian ein guter Schauspieler war. Es musste doch einen Haken an der Sache geben! „So recht bin ich nicht davon überzeugt", gestand ich bekümmert. Zu mir war er mal so, mal so und ich wusste nie so recht, was als Nächstes kommen würde.

„Ich denke, er versucht, mit dir auszukommen und er ist es nicht gewohnt, mit einer Frau zusammenzuarbeiten", mutmaßte Idun. „Zu uns ist er nett und die Gäste haben sich auch nicht über ihn beschwert. Im Übrigen repariert er gerade die Wasserleitung unten im Keller."

„Hm? Oh, war die Firma noch nicht da?", wollte ich wissen, da diese beauftragt worden war, das Rohr auszutauschen, nachdem ein Angestellter Wassertropfen unter der Leitung und daraufhin ein Loch entdeckt hatte, das wir notdürftig geflickt hatten.

„Sie haben gestern die Rohre gebracht, wurden aber zu einem Notfall gerufen, und da Adrian keine Zeit verschwenden wollte, hat er sich den Werkzeugkasten geschnappt und ist in den Keller marschiert."

Midnight Sun - Ein Jahr zum VerliebenWhere stories live. Discover now