35.

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"Keine Angst, Lu. Ich hab nicht vor dir weh zu tun. Es ist nur..." etwas unsicher macht er Pause.

"Was ist? Du kannst es mir sagen." Meine Stimme ist leise, doch ich weiß, dass er sie hören kann.

"Es ist so, dass ich in der Vergangenheit Mädchen nicht respektiert habe. Ich habe die meisten zu meinem Vorteil benutzt." Etwas unruhig beobachtet er meine Reaktion, doch ich bleibe still. "Ich bin nicht mehr so. Ich würde dir nie absichtlich wehtun." Fast etwas verzweifelt klingt seine Stimme.

Diesen Satz habe ich schon so oft gehört und mittlerweile glaube ich ihm.

"Ich weiß." Sage ich ehrlich und sehe ihm in die Augen In seinem Blick liegt pure Verletzlichkeit. "Deine Vergangenheit ist mir egal. Die Zukunft zählt, denn sie liegt vor uns. Ich habe auch Dinge getan auf die ich nicht stolz bin." Etwas gequält lächelnd sehe ich ihn an, dann schweift mein Blick zum Meer.

"Ich liebe es. Es ist so ruhig, so gleichmäßig. Ich fühle mich immer sicher, wenn ich am Meer bin." Wechsle ich aprupt das Thema.

"Ich verstehe schon, aber den Wald liebe ich fast noch mehr. Er erinnert mich an dich. Wunderschön und standhaft." Seine Antwort überrascht mich. Mit hochgezogenen Augenbrauen blicke ich ihn an. "Schon seit ich dich kenne, selbst als wir noch nicht klar gekommen sind, habe ich den Wald mit dir verbunden, vielleicht wegen der Geschichte mit dem Sturz beim Fangen spielen." Unsicher kratzt er sich am Kopf.

Als wir sieben Jahre alt waren, sind Evan und Zack immer ohne mich in den Wald geschlichen.

"Aber, Mom..." Quengele ich "ich will auch mit in den Wald." Mit meinem besten Hundeblick sehe ich sie an.

"Dann musst du Evan bitten dich mitzunehmen." Sagt sie nur ruhig.

Etwas unsicher laufe ich zu Evan, der mit Zack im Garten spielt. "Evan, Evan! Darf ich mit in den Wald kommen, zum spielen?" Frage ich mit pipsieger Stimme, die blauen Augen sehen ihn bittend an. Evan sieht etwas genervt zu Zack, doch dieser grinst nur fies, was mir selbst damals schon seltsam vorgekommen ist.

"Nehmen wir sie doch mit, dann zeigen wir ihr unser ganz besonderes Spiel." Schlägt er vor. Das scheint Evan nicht zu überzeugen, denn er zuckt nur mit den Achseln.

"Ich weiß nicht..." sagt er, doch schließlich kann Zack ihn überzeugen. An diesem Tag war ich so glücklich wie noch nie. Ich darf zum ersten Mal mit Evan und Zack im Wald spielen...

Endlich im Wald angekommen , schicken mich die beiden Jungs schon mal voraus, da sie noch etwas vorbereiten müssen. Hätte ich geanht was sie machen, wäre ich zuhause geblieben.

Als ich also so alleine durch den Wald stolpere, wird es immer dunkler, die Bäume schließen immer mehr Licht aus, werden immer dichter. Doch das hält mich nicht davon ab, weiter zu laufen, schließlich möchte ich den Jungs beweisen, dass ich mutig bin. Unsicher werde ich erst, als neben mir Geräusche ertönen, die bedrohlich näher kommen. Ein lautes Knacken neben mir, Schritte die mich verfolgen, entsetzliche Geräusche, die wie leise Schreie klingen. Dann überwältigt mich die Angst völlig. Schreiend mache ich mich auf den Rückweg, schnell laufe ich, so schnell wie noch nie.

Als ich kurz über meine Schulter sehe, da ich bemerke, dass mich etwas verfolgt, passiert es, ich falle über eine Wurzel. Ein lauter Schrei entfährt mir, doch es ist bereits zu spät. Durch das laute knacken und den Schmerz der mich fast zeitgleich erreicht, wird mir bewusst, dass etwas schlimmes passiert ist. Mein erster Gedanke damals war natürlich, das etwas gebrochen ist, doch richtig realisiert habe ich es nicht.

"Auuuu!" Schreie ich, als ich am Boden zum liegen komme.

"Luuuu?" Höre ich die piepsige Stimme meines Bruders hinter mir. Als ich mich unter schmerzen umdrehe, sehe ich wie er neben Zack steht und mich argwöhnisch mustert. Langsam sehe ich auch an die Stelle an der sein Blick hängen geblieben ist, doch was ich sehe lässt mir den Atem stocken. Mein Unterschenkel macht einen seltsamen Knick, nur ganz leicht, doch man kann es sehen. Die Jungs mustern noch meinen Fuß, als ich schon zu weinen beginne. Schneller als sie habe ich realisiert, dass mein Fuß gebrochen ist.

Ich kann unter Tränen beobachten, wie die Jungs in Panik ausbrechen und zu diskutieren beginnen, was sie jetzt machen sollen. Mein Fuß tut so weh und das lasse ich sie auch wissen.

"Schnell, wir müssen sie zurück tragen!" Sagt Zack schnell. Das findet Evan wohl gut, doch dann runzelt er die Stirn.

"Du weißt genau, dass ich keine guten Nerven habe..." bemerkt er, wobei er den Satz offen in der Luft hängen lässt.

"Okay, ich trage sie." Sagt Zack entschlossen. Vorsichtigt schiebt er seine Arme unter meinen Körper und hebt mich hoch. Sobald ich in seinen Armen liege, läuft er los. Langsam aber sicher setzt er einen Fuß vor den nächsten.

Ich kann mir nicht helfen, ich fühle mich sicher in seinen Armen. Fast augenblicklich beruhige ich mich etwas und sehe ihm von unten ins Gesicht.

"Danke." Murmele ich. Nur wenig später sind wir zuhause angekommen und meine Mom fährt sofort mit mir ins Krankenhaus.

"Fangen spielen? Wirklich? So nennst du es, wenn du ein kleines Mädchen durch den Wald jagst, und sie sich nacher den Fuß bricht?" Frage ich spöttisch.

"Jetzt tu nicht so." Damit streckt er mir die Zunge raus. "Ich hab dich sogar zurück getragen."

"Ja, weil ich nicht laufen konnte und mein Bruder schwache Nerven hat." Kontere ich lachend. Schnell ducke ich mich unter seinen Armen weg, die mich umschließen wollen. Doch nicht all zu lange halte ich das durch, denn schon beim zweiten Mal erwischt er mich. Zack nutzt den Vorteil, dass er stärker ist als ich und trägt mich ins Wasser hinein. Quitschend kralle ich mich an ihn, doch das scheint er sich nicht einfach so gefallen zu lassen, denn mit einem lauten Platscher landen wir beide im Wasser.

"Zaaack..." jammere ich als ich wieder auftauche "was sollte das, jetzt bin ich nass." Murre ich wie ein kleines Kind.

"Stell dir vor, ich auch." Mit einem Grinsen im Gesicht kommt er näher zu mir und setzt mir den Blumenkranz abermals auf den Kopf, da er neben mir im Wasser getrieben ist.

"Dankeschön." Sage ich leise, sodass er es gerade noch hören kann. "Das war eines der schönsten Dates die ich jemals hatte. Außerdem eines der außergewöhnlichsten."

"Du brauchst mir nicht zu danken, wir können das öfter machen, natürlich aber ohne die Jungs die dich angraben." Frech grinst er mir zu. Schnell springe ich ihm in die Arme und drücke ihm ein Küsschen auf die Wange. Als ich wieder am Boden stehe, zieht er mich zu sich und küsst mich. Einer der schösten Küsse meines Lebens. Er schmeckt salzig, warm und nach Zack.

Ein unglaubliches Gefühl...

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