26.

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Völlig ausgepowert lasse ich mich in irgendeine Wiese fallen und fische mein Telefon aus meiner Tasche. Mit einem Blick auf die Uhr stelle ich fest, dass es mittlerweile fünfunddreißig Minuten her ist, seit mich Cass angerufen hat. Mit zittrigen Fingern wähle ich Evans Nummer.

"Lu?" Fragt mich mein Bruder, durch den leicht angepissten Tonfall dringt Sorge durch. Im Hintergrund höre ich die Stimmen der Jungs, sie müssen noch bei Cass sein.

"Evan." Sage ich mit zittriger Stimme.

"Was ist geschehen, Lu?" Fragt Ev nun scharf und die Stimmen im Hintergrund verstummen auf einmal.

"Dad..." sage ich nur, wobei mir Tränen in die Augen steigen und meine Stimme bricht.

"Was hat er getan?" Unterbricht mich Evan, seine Stimme ist angespannt. So als ob er sich das nicht denken könnte...

"Er... hat gemeint ich sei eine... eine Enttäuschung, zu nichts zu gebrauchen... und er... hat es wieder getan." Schluchze ich.

"Wo bist du, kleine?" Höre ich Seans Stimme, Evan muss mich auf Lautsprecher gestellt haben und seltsamerweise macht es mir nichts aus. Ich habe sofort ein Bild im Kopf, wie alle angespannt herumsitzen und sich konzentriert zu dem Telefon beugen.

"Ich hab keine Ahnung... Hier ist eine Wiese und ein Wald, aber kein Haus weit und breit." Murmele ich beschämt, ich hätte mir merken sollen, wie ich hierher gelaufen bin. "Keine Sorge, ich finde irgendwie wieder nach Hause."

Füge ich hinzu, mittlerweile habe ich mich etwas beruhigt.

"Ja ist sicher eine gute Idee, dass du Mitten in der Nacht alleine durch einen Ort läufst, wo dich jemand auf einer Party ausnutzen wollte, zu der Person die dich angegriffen hat nach Hause." Ertönt die genervte Stimme meines Bruders.

"Sorry Evan. Ich habe nur keinen Plan wo ich bin, noch wo ich hin soll." Sage ich kleinlaut.

"Ich komme dich suchen und dann rufen wir die Polizei." Sagt Evan beschwichtigend.

Kurz bevor er auflegt, höre ich noch wie die Jungs sagen, das sie ebenfalls helfen.

Mittlerweile sind meine Handgelenke blau angeschwollen und auf meinem Bauch hat sich ebenfalls ein blauer Fleck gebildet. Meinen Rücken will ich gar nicht sehen. Zu meinem Pech hat er genau die Stelle erwischt an der mich der Football letzte Woche ebenfalls getroffen hat. Mittlerweile ist es stock dunkel. Seufzend lasse ich mich in das weiche Gras fallen und beginne die Sterne zu zählen. Das hat mir meine Mom beigebracht, wenn ich verzweifelt war, oder traurig, ist sie mit mir Sterne zählen gegangen. In Zeiten wie diesen vermisse ich sie umso mehr.

"LU?" höre ich wenig später die laute Stimme meines Bruders. Schnell springe ich auf, wobei mir ein lautes stöhnen entfährt. Mein Rücken schmerzt. Und laufe so schnell, wie es sich, demoliert wie ich bin, machen lässt auf die Stimme zu.

"Evan." Rufe ich mit zittriger Stimme, sobald ich ihn sehen kann. Ungefähr zehn der Jungs gehen neben ihm, er muss sie angerufen haben, und durchsuchen die Wiese. Ich bin nahe genug, dass ich mich in seine Arme werfen kann. Fest drückt er mich an sich, sodass mir ein ächzen entfährt. Augenblicklich lässt er mich los.

"Hey kleine." Sagt Kyle und strubbelt mir durch das Haar.

"Wir haben sie gefunden!" Ruft Josh begeistert aus und will mich in eine Bären Umarmung schließen, doch Zack hält ihn zurück. Nun sehen alle komisch auf meinen Bauch.

Seufzend gehe ich zu Evan und frage ihn: "Wann hast du es ihnen gesagt?" Etwas böse sehe ich ihn an.

"Als Dad eingezogen ist." Gibt er klein bei. "Ich dachte wenn ich Hilfe brauche, könnten mir am besten Footballer helfen." Sagt er ernst.

Seufzend gebe ich auf. Wo er Recht hat, hat er Recht.

Plötzlich springe ich ungefähr einen Meter hoch, denn irgendjemand hat meinen blauen Fleck am Rücken angetoucht.

"Josh. Bist du bescheuert? Das tut weh!" Rufe ich entsetzt aus, als ich gesehen habe mit wem ich die Ehre habe.

Auf dem Nachhauseweg erzähle ich den Jungs was geschehen ist, sie kommen alle mit und warten bis die Polizei kommt.

Da Evan keinen Schlüssel mitgenommen hat, gehe ich dicht gefolgt von den Jungs die Stufen hoch und stecke meinen Schlüssel in die Haustür, da wird sie plötzlich aufgerissen und ich springe entsetzt zurück.

"Lauren, wo warst du? Wir haben noch nicht fertig gesprochen." Schnurrt mein Dad beinahe und kommt einen Schritt auf mich zu. Wie gelähmt stehe ich vor ihm, unfähig mich zu bewegen. Plötzlich schließen sich von hinten zwei durchtrainierte Arme um mich und Zacks tiefe Stimme dringt an mein Ohr.

"Doch ich denke, diese Diskussion ist beendet." Damit hebt er mich hoch und stellt mich hinter sich und die anderen.

"Dad, wir haben die Polizei gerufen, sie werden bald hier sein." Sagt Evan kalt.

"Evan!" Ruft mein Vater geschockt. "Ich habe dir nie etwas getan." Sagt er, wobei er nach vorne stolpert.

"Lu ist ebenso ein Teil von mir. Sie ist mein Zwilling, Dad und ich liebe sie. Du hast auch mir wehgetan als du sie fertig gemacht hast." Zischt mein Bruder. Nur Sekunden später kann ich das Blaulicht des Streifenwagens sehen, der in unsere Einfahrt einbiegt.

Als die Polizisten meinen Vater abführen , brüllt er irgendetwas unverständliches in meine Richtung was mich zusammenzucken lässt. Dem Sanitäter der sich meine blauen Flecken ansieht, fällt es auf. "Keine Sorge, du musst ihn nicht mehr sehen." Beruhigt er mich und verbindet die schmerzenden Stellen mit einer kühlenden Salbe. Dankend lächle ich ihm zu.

Als die Polizei meine Aussage aufgenommen hat, versprechen sie mir, ihn hinter Gitter zu bringen, sodass er nicht mehr zu mir käme.
Ich murmele ein leises Dankeschön und gehe zurück ins Wohnzimmer, wo die Jungs sitzen.

Langsam gehe ich um die Couch herum, wobei ich aussehen muss wie ein Zombie und will mich gerade auf den Boden setzten, als mich zwei Arme zu sich ziehen. Ich atme einen beruhigenden Duft ein und sehe dann zu dem Gesicht hoch.

"Zack? Was machst du da?" Frage ich ihn so leise, dass es unter den Gesprächen der anderen untergeht.

"Siehst du, du bist nicht alleine." Flüstert er in mein Ohr.

"Dankeschön." Sage ich, wobei meine Stimme bricht. Damit setzt mich Zack neben sich auf der Bank ab und ich spreche etwas lauter zu allen. "Danke, dass ihr da seit."

So findet dieser schreckliche Abend ein Ende und nur wenig später lege ich meinen Kopf in Zacks Schoß ab, wo ich zu dem beruhigenden Gefühl von Fingern in meinen Haaren einschlafe.

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