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Seit einer Woche bin ich hier, zu Hause und verbringe die meiste Zeit damit in Selbstmitleid zu versinken.
Wenn Emelie mich nicht immer wieder zum Essen zwingt oder ins Badezimmer würde ich vierundzwanzig, sieben an die tapezierte Wand im Schlafzimmer starren.
Ich hatte sie damals mit Stolz ausgesucht als Emelie und ich zusammengezogen sind, aber jetzt kann ich das blumige Muster nicht mehr ertragen.

Tyler und den Rest bin ich aus dem Weg gegangen, da ich mich bei Ihnen nicht zeigen ließ.
Zumindest ist Gabe alle zwei Tage vorbeigekommen, um nach den Rechten zu sehen.
Dem Rest scheint es egal zu sein, wo ich bin und wie es mir geht.

Durch Gabe kriege ich nebenbei mit was die anderen so treiben.
Er berichtete mir das Tyler und Luca sich geprügelt haben, nachdem Ty erfahren hatte, was Luca mir angetan hat, trotz dessen er immer noch wütend ist und mich immer noch als schuldig hält, obwohl selbst Daniel und Paul mein Alibi bestätigen konnten.

Ich kann meinem Bruder nicht unter die Augen treten, ohne in einen Schleier aus Tränen und Trauer zu verfallen.
Es muss viel mehr Zeit vergehen um, dass Geschehen zu verarbeiten.

Tyler hat mich nicht einmal gefragt, wie es mir geht.

Mein Rücken ist einigermaßen verheilt, nachdem Emelie mich verarztet hat und es weiterhin macht.
Der Schmerz hat aufgehört, nur wenn ich anstoße, zieht es noch etwas.

Bei Jason und mir ist eine Art Funkstille, da ich mich weigere an seine Anrufe zu antworten, sowie Nachrichten.
Er versuchte es täglich, vergebens.

Ich wollte ran gehen aber der kleine, hartnäckige Teil in mir, ist zu stolz und rebelliert, sobald ich es versuche.

Das Klopfen an der Tür holt mich aus den Gedanken und ich sehe zu Emelie rüber, die am Türrahmen lehnt.

»Ich habe uns etwas zum Essen gemacht«. Emelie schenkt mir ein Lächeln und deutet in Richtung Flur.
Ihre Stimme klingt fordernd.

Hunger habe ich nicht, aber Emelie wird mir keine Wahl lassen und ihr Temperament möchte ich nicht abbekommen, weswegen ich zustimmend nicke und ihr in die Küche folge.

»Ich habe für uns dein Lieblingsessen gemacht«.

Ich schlendere durch den schmalen Flur in die Küche wo sich der köstliche Geruch von Reis und Gemüse bereits in der Luft verteilt hat.
Vielleicht esse ich doch mehr als ich im Augenblick möchte.

Der Tisch ist liebevoll gedeckt und das Essen angerichtet.
Ich nehme auf einen der Stühle Platz und begutachte nochmals alles gründlich.

»Ich weiß, wie ich dich rumkriege«, sie zwinkert mir zu und klopft sich stolz den imaginären Staub von den Schultern.

Schweigend esse ich, mit der Hoffnung das Emelie kein Gespräch mit mir anfängt.

»Hat er sich eigentlich nochmal gemeldet?«, beginnt sie und meine Blase der Hoffnung zerplatzt.

»Wer?«, ich schaufle mir ein Löffel Reis in den Mund, um nicht antworten zu müssen.

Ich weiß, worauf sie hinaus möchte und um ehrlich zu sein, bin ich nicht in der Stimmung darüber zu sprechen.

»Jason«, der Name fällt mit einer kleinen Andeutung über die Lippen.

Ich schüttele nur den Kopf und erzähle ihr nicht das er mich seit Tag eins, versucht zu kontaktieren.

»Seltsam den vorhin habe ich einen Anruf von ihm bekommen und er hat nach dir gefragt«, sie zieht eine Augenbraue nach oben und sieht mich mit ertapptem Blick an.

Ich lasse mir nicht anmerken, dass sie mich erwischt hat.

»Komisch«, ich weiche ihren ernsten Gesichtsausdruck aus und sehe überall hin, nur nicht zu ihr.

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