205. Magnet Strömungen

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"Unser letzter Zwischenstopp.", meinte Seren mit Blick auf die Insel. "Müssen wir dort lange warten?", fragte Ann neben ihr. Mit jedem Tag wurde sie nervöser und unruhiger. "Wir werden sehen, ob wir einen aufgeladenen Port bekommen können, dann geht es schneller. Kümmere du dich doch am besten darum.", lächelte die Blondine. "Ist gut.", nickte die Kommandantin. Das Schiff wurde vertaut und die Mannschaft ging an Land. Die Aufgaben waren verteilt und die Kapitänin steuerte zielsicher eine Kneipe an.

"Guter Mann, können Sie mir wohl sagen, wie lange es hier dauert, bis der Port sich neu ausrichtet?", setzte sie sich auf einen Barhocker. "Es ist lange her, dass das letzte Schiff hier angelegt hat.", wischte der Wirt sich die Hände an einem dreckigen Tuch ab, was er sich anschließend über die Schulter warf. "Vier Tage.", grinste er dann und entblößte somit eine lückenhafte Zahnpracht. "Das geht ja noch.", murmelte sie. "Vielen Danke.", stand Seren direkt wieder auf und ging nach draußen. Der Laden war ihr doch ein wenig zu schmuddelig, um dort länger zu verweilen.

"Alles klar, Prinzessin?", lächelte Shiroi sie auf der Straße an. "Soweit ja. Ich hoffe nur, dass Ann einen Port auftreiben kann. Vier Tage sind schon ziemlich lang.", nahm sie seine Hand. "Es gab noch keinerlei Berichte, also sind sie mit Sicherheit auch noch unterwegs.", meinte er zuversichtlich. "Ja, du wirst recht haben.", nickte sie langsam. "Komm, vertreiben wir uns ein wenig die Zeit damit, die Stadt anzuschauen.", schlug ihr Mann vor. "Ist gut.", schmunzelte sie. Wahrscheinlich war ihre bessere Hälfte mal wieder auf Essen aus. Doch da es sowieso gerade gegen Mittag war, passte es ihr ganz gut.

Die Zwei schlenderten die Straße entlang und der Ort war wirklich schön. Das Pflaster wies in den Fugen keinerlei Unkraut auf, die Mülleimer waren geleert, sonst lag nichts herum und die Fassaden der Häuser wirkten, wie gerade frisch gestrichen. "Schön hier.", kommentierte der Kapitän. "In der Tat.", lächelte seine Frau. "Nicht wahr?", erklang es neben ihnen und beide schauten irritiert nach rechts. In einigem Abstand befand sich eine Dame mit roten, gelockten Haaren, die ein sehr edel wirkendes Kleid in einem dunklen grün trug. Neben ihr stand ein schwarzhaariger Mann im Anzug, der einen Jungen an der Hand hatte. Die Linke von dem Kleinen hielt eine junge Frau, die schätzungsweise achtzehn sein musste und sie war der Anderen wie aus dem Gesicht geschnitten. Ein knielanges, hellblaues Kleid umspielte ihre Beine durch den leichten Wind. Das Paar ging auf die Vier zu und blieb kurz vor ihnen stehen.

"Wir möchten Sie herzlich willkommen heißen. Unsere Familie kümmert sich hier auf der Insel um alles.", sagte die ältere Frau freundlich. "Vielen Dank.", entgegnete der junge Mann höflich. "Mein Name ist Shiroi und das ist meine Frau Seren.", stellte er sich und die Blondine vor. "Sehr erfreut. Ich bin Theodor.", neigte er leicht das Haupt. "Meine Frau Margarete. Unsere Kinder Dorothea und Immanuel.", deutet er auf die genannten Personen. "Es freut uns ebenfalls.", nickte die Kapitänin ihm zu. "Würden Sie uns die Ehre erweisen, uns heute Abend beim Essen Gesellschaft zu leisten?", fragte die Ältere. "Klar, gerne.", grinste Shiroi direkt. "Entschuldigen Sie meinen Gatten. Er ist solche Umgangsformen nicht gewohnt und bei mir ist es auch schon einige Jahre her, muss ich gestehen.", erklärte die Blondine und schielte kurz mahnend neben sich. "Das macht nichts.", meinte die Jüngere auf einen Blick ihrer Mutter hin. "Meine Eltern können, was das angeht, auch nicht aus ihrer Haut heraus, aber ihr könnt ganz normal reden, das nimmt euch niemand übel.", fügte sie fröhlich hinzu. "Na dann.", grinste Seren ein wenig aufgezwungen. "Wir nehmen die Einladung gerne an.", sagte sie ruhig. "Bringen Sie doch ein paar Freunde vom Schiff mit. Ich bin mir sicher, dass die Kinder sich über spannende Geschichten freuen würden und Sie sicherlich so manche zu erzählen haben.", kam es von Margarete. "Wir haben hier so selten Schiffe, die anlegen, weil die Magnet Strömungen zu dieser Insel so unsicher sind. Das ist ein großes Ereignis und soll gebührend gefeiert werden.", verkündete Theodor, was viele Bewohner aufhorchen ließ.

"Also hat die Nadel nur so durchgedreht, weil der Kurs hätte verschwinden können?", fragte Hitomi am Abend. "Laut unseren Navigatoren, wäre das eine Erklärung.", nickte die Blondine. Sie und ihr Mann hatten sich für ihre Mäntel entschieden und die Anderen waren bei ihren normalen Klamotten geblieben. "Wir sollten trotzdem wachsam sein.", gab Kuzan zu bedenken. "Ja, sehe ich auch so.", verzog Seren minimal das Gesicht. "Ach, kommt schon, Leute. Die scheinen doch echt nett zu sein.", kam es von Shiroi. "Das war ja klar. Bei dir ist auch jeder nett, der dich füttert.", verdrehte Marco die Augen. "Hör doch auf mit dem Mist.", murmelte der Kapitän, was ein Auflachen nach sich zog.

"Ist es das?", wollte Ann mit großen Augen wissen, als sie vor einer Art Schloss ankamen. "Das sollte es sein.", ließ Seren ihren Blick über die Fassade schweifen. Das Gebäude war wirklich imposant, besaß drei Stockwerke und durch die riesigen Fenster sah man nur rot, durch die bereits zugezogenen Vorhänge. "Das ist mega.", quietschte Cecil. "Ich weiß ja nicht.", legte Marry zweifelnd den Kopf schief, "Ihr meintet doch, sie wären nur zu viert." "Mehr haben wir nicht gesehen und sie haben keine weiteren Familienangehörigen erwähnt.", fuhr sich Seren mit den Fingern durch die blonde Mähne. "Lasst uns einfach reingehen und es rausfinden.", griff Shiroi grinsend die Hand seiner Frau.

Flamme der Freiheit Teil 2 🗸Where stories live. Discover now