285. Argumente

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"Sowas könnten wir echt öfters machen.", streckte Ace sich, als sie vor dem Schiff standen. Sie hatten schon mal einige Sachen in die Kajüte gebracht, die ihnen in den vergangenen Tagen geschenkt wurden. Morgen würden sie wieder zurücksegeln. "Ja, mal sehen.", lächelte Seren nickend. Das Paar wollte sich wieder auf den Weg in die Stadt machen, als ein lauter Streit ihre Aufmerksamkeit erregte. Nachdem sie einen Blick getauscht hatten gingen sie auf die zwei jungen Männer zu, von denen sie einen ziemlich schnell beim Näherkommen identifizierten.

"Artis, was ist hier los?", wollte seine Mutter auch direkt wissen. Er hatte den anderen am Kragen und war offenkundig im Begriff, ihm eine zu verpassen, hatte er doch bereits ausgeholt. "Der Kerl wollte mit Hope..." "Artis, untersteh dich!", kam da seine Schwester angelaufen. "Der Typ wollte was?", brauste Ace auf und spannte sich sichtbar an. Seine Frau hingegen lockerte ihre Haltung, verschränkte die Arme und beschloss, die Situation vorerst zu beobachten. "Er hat nichts getan, womit ich nicht einverstanden gewesen wäre, Dad.", meinte Hope schnell, bevor ihr Bruder etwas sagen konnte. Dicht trat ihr Vater zu ihr heran und schaute ihr ernst in die Augen. "Wie bitte?", knurrte er geradezu. "Tony hat nichts schlimmes gemacht.", brachte sie kleinlaut heraus. Damit kannte sie dann schon mal den Namen des Schwarzhaarigen, der Seren seit einigen Momenten schier versuchte, in den Boden zu starren, was sie gewissenhaft ignorierte. "Du willst mir also keine vernünftige Antwort geben?", meinte Ace, was tatsächlich mehr wie eine Feststellung als wie eine Frage klang und Hope schüttelte unsicher ihren gesenkten Kopf. Er ging zu seinem Sohn, der ihm direkt Platz machte. "Dann wirst du es mir sagen.", baute er sich vor dem Jüngeren auf. "Was hast du mit meiner Tochter gemacht?", setzte er hinterher. "Tz.", wollte er sich abwenden. "Untersteh dich!", griff der Ältere ihn am Oberarm. "Fass mich gefälligst nicht an!", befreite er sich von seiner Hand. "Mutter, mach doch irgendwas.", flehte ihre Tochter. "Das ist deine Mutter?", schoss Tonys Blick zu ihr. "Ja.", sagte sie verunsichert. "Was ist dein Problem, Junge?", ging Seren gelassen auf ihn zu und kam neben ihrem Mann zum Stehen. Ganz klar hatte er irgendwas gegen sie, das sie sich nicht erklären konnte.

"Gleich hat er ein ziemlich großes.", kam es von Ace. "Jetzt komm runter.", legte sie ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter, auch wenn sie nicht erwartete, dass es sonderlich viel brachte. "Du hast meinen Vater um seinen Traum gebracht.", ballte er die Fäuste. "Ich weiß noch nicht mal, wer deine Eltern sind.", erwiderte sie ungerührt. "Du hast dich die ganzen Jahre feiern lassen und gemütlich in deinem Palast gesessen. Was genau soll an dir denn überhaupt so beeindruckend sein?", redete er weiter, als hätte er sie nicht gehört. "Junge, treib es nicht zu weit.", verhärtete sich ihre Mimik. "Er wollte immer König der Piraten werden und das hast du ihm kaputt gemacht!", schrie er sie an. Seren schloss die Augen, atmete durch und schaute ihn dann wieder an. Bei genauerem Betrachten, war die Ähnlichkeit kaum von der Hand zu weisen. "Du bist also der Sohn von Ruffy. Dann weißt du auch vor wem du stehst und dass ich sowas wie deine Tante bin.", stellte sie ernst fest. "Was soll dann diese Respektlosigkeit?", verengten sich ihre Seelenspiegel eine Spur. "Respekt habe ich nur vor Menschen, die ihn auch verdienen.", zischte er zurück.

Direkt stand Hope vor ihrer Mutter und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige. Sie war enttäuscht und fassungslos. "Wie kannst du es wagen, sowas zu sagen?! Sie wäre gestorben für die Welt! Also auch für dich! Kennst du die Geschichte nicht?!", brüllte sie wutentbrannt. "Du meinst die Variante, die sie verbreitet?", nickte er abfällig in Richtung Seren. "Pass bloß auf, Bengel." Ace war eindeutig dabei, seine Geduld zu verlieren. "Noch ein Wort und du bist fällig.", kam es von Artis. "Aufhören! Und zwar alle.", schob die Blondine ihren Mann und die Kinder zur Seite. "Was willst du von mir?", fragte sie ernst. "Ruffy und ich haben uns darauf verständigt, dass er den Titel nicht will. Das Regieren der Welt wäre auch einfach nichts für ihn. Seinen Traum hat er sich trotzdem erfüllt und ist zufrieden mit seinem Leben. Wo liegt also dein Problem?" "Du lügst.", schaute Tony finster zu ihr. "Tut sie nicht.", erklang die Stimme vom Strohhut. "Wieso sollte sie auch? Sie ist meine Schwester und hat keinen Grund dazu." "Aber Dad...", wollte er protestieren. "Ich war an dem Tag dabei. Sie ist drauf gegangen, um uns alle zu retten und hat sich damit verdient, was sie erschaffen und geschaffen hat. Die Welt, wie du sie kennst, würde es ohne sie nicht geben und dich vielleicht auch nicht.", schnitt sein Vater ihm das Wort ab. "Willst du es sehen? Kannst du es nicht glauben, weil du es nicht selbst miterlebt hast? Tausende Leute waren dabei und können davon berichten. Wie hätte ich die bitte alle dazu bringen sollen, mich anzuerkennen, wenn es nicht wahr wäre, was man erzählt?", zog Seren die Brauen zusammen. "Was meinst du mit, ob ich es sehen will?", fragte er verwundert. "Ich kann es dir zeigen, was ich erlebt und gefühlt habe. Bevor du fragst, nein, ich kann das nicht manipulieren.", antwortete sie ruhig. "Sowas kannst du?", runzelte er misstrauisch die Stirn. "Ja.", hielt Isis ihm lächelnd die Hand hin, worauf er unwillkürlich große Augen bekam. Nach einem Moment ergriff er zögerlich ihre Rechte.

Erinnerungen und Gefühle prasselten auf den jungen Mann ein und er konnte es so schnell gar nicht begreifen, was geschah. Er spürte ihren Zwiespalt, die Schmerzen und auch die Traurigkeit, die sie empfand, als sie sich gewiss war, dass nur ihr Tod die Lösung sein konnte. Es dauerte nur Sekunden und dann ließ Isis ihn bereits wieder los. Mit einem tränenverschleierten Blick starrte er sie an. "Warum?", konnte er nur hauchen. "Das musst du nicht mehr fragen, denn du kennst die Antwort bereits.", sagte sie und der Ausdruck in den roten Seelenspiegeln war sanft. Natürlich hatte sie damit recht, doch trotzdem verstand er nicht, wie jemand so selbstlos handeln konnte und bereit war, alles aufzugeben. "Entschuldige.", murmelte er betreten. "Schwamm drüber. Wir alle machen Fehler. Wichtig ist nur, dass wir daraus lernen und sie nicht wiederholen.", grinste Seren breit. "Da das nun geklärt ist, können wir ja den Tag heute noch zum feiern nutzen.", streckte sie sich einmal. Verdutzt schaute Tony sie an, war es doch nicht normal, dass man sowas so schnell abtat. Allerdings war es vielleicht auch die beste Entscheidung, so damit umzugehen.

"Moment mal.", warf Ace ein. "Wir haben noch immer nicht geklärt, was nun mit ihm und Hope war.", griff er das Thema wieder auf. Seine Frau verdrehte ihre Augen, die Tochter sah schnell weg und der junge Mann wirkte direkt, als hätte man ihn bei etwas erwischt. "Was sollen die beiden denn gemacht haben?", legte Ruffy den Kopf schräg. "Genau das wüsste ich gerne.", stellte Ace fest. "Tony, sag es doch einfach.", meinte der Kaiser unbedarft und sein Sohn schielte zur Seite. Seren schmiegte sich an ihren Mann und strich ihm über die Schulter, "Schatz, was haben wir denn mit siebzehn gemacht?", schaute sie vielsagend zu ihm auf. Dem Sommersprossigen entgleisten die Gesichtszüge, bevor sie sich vor Wut anspannten. "Du wolltest... Du hast...", bekam er geradeso heraus. "Mit meiner Tochter?!", donnerte er fassungslos. "Dad, bitte!", kam es peinlich berührt von Hope. "Du bist noch viel zu jung dafür.", fuhr er sie an. "Hast du das damals auch zu Mum gesagt?", zog Artis eine Braue hoch. Er konnte seine Schwester in der Situation schlecht im Stich lassen, auch wenn er es selbst nicht gerade berauschend fand. Ace klappte der Mund auf und er war dann sprachlos. Da fehlten ihm gerade eindeutig die Argumente.

Flamme der Freiheit Teil 2 🗸Where stories live. Discover now