201. Die ganze Zeit

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Der Mann sah sie abwartend an und war sich nicht sicher, ob es so schlau gewesen war, sie um sowas zu bitten. Es war lange her, dass er sich mal einen Steckbrief angeschaut hatte und zu der Zeit hießen die Kapitäne der Bande Shiroi und Seren. Das könnte sich natürlich mittlerweile geändert haben. Doch solche Leute, wie die Blondine neben ihm, hatte man ja nicht in der Mannschaft, wenn die Einstellung, die man selbst vertrat, nicht ähnlich war. Oder? Einen Versuch war es auf jeden Fall wert, denn mehr, als nein sagen, konnten sie doch nicht tun. "So, wie unser Gespräch bis jetzt verlaufen ist, denke ich, wir sollten an einen anderen Ort gehen. Einen, wo nicht so viel los ist.", schob sie ihr Glas zur Seite. "Whiskey ist nichts für mich. Ich bin eher für Sake.", stellte sie fest. "Dann lass uns mal von hier verschwinden.", lächelte sie ihn an. Der Mann sah etwas in ihren Augen, was ihn schlucken ließ. Dieses unerschütterliche Strahlen, was schon einem Leuchten gleich kam, war selten und ihm schon ein paar Male in seinem Leben begegnet. Zwar waren es immer seine Gegner gewesen, die es besessen hatten, doch hatte es ihn stets beeindruckt. "Wieso nicht.", riss er sich von seiner Grübelei los.

"Hier sollte es doch gehen.", lehnte die Frau sich in einer dunklen Sackgasse an die Wand und er neben sie. "Du tust ja, als würden wir eine Verschwörung planen.", schmunzelte er verhalten. "Ich weiß ja nicht, bei was du Hilfe brauchst.", erwiderte sie. "Das würde ich dann doch lieber mit den Kapitänen oder jemand Anderem besprechen, der etwas zu sagen hat.", stellte er fest. "Soso.", kicherte sie. "Weißt du überhaupt, mit wem du gerade sprichst?", blickten die blauen Augen in seine. Das verwirrte ihn schon etwas. War ihr denn überhaupt klar, wer er war? Vorgestellt hatten sich doch beide nicht. "Mit einem Mitglied der White Flame Piraten oder ist das Tattoo aus Spaß an deinem Hals?", hob er etwas das Kinn. "Hm.", machte sie lediglich. "Du willst mir also nicht sagen, was du möchtest?", legte sie das Haupt leicht schräg.

Der Mann stützte sich mit seinen Händen neben ihrem Kopf ab. "Es gibt da sicherlich Einiges, was ich möchte, das du mir geben kannst.", raunte er ihr zu. Sie sah gut aus und auch wenn er prinzipiell nicht mit Piratinnen schlief, würde er in ihrem Fall durchaus eine Ausnahme machen. Er spürte, wir ihr Atem seine Wange streifte. "Du hast mich missverstanden.", flüsterte sie ihm ins Ohr. "Es geht nicht darum, was ich dir als Frau geben kann.", hauchte sie ihm auf die Lippen. Die Blondine wusste offenbar ganz genau, was für eine Wirkung bestimmte Gesten hatten und sie war alles andere als schlecht in dem, was sie tat. Verführen konnte sie offensichtlich. "Wie wäre es denn, wenn wir uns heute Nacht darüber unterhalten, was du mir geben kannst und morgen zu deinen Kapitänen gehen?", fuhr er mit seinen Fingerrücken ihre Gesichtskontur entlang. Sie schaute zu ihm auf und er hätte ihren Blick glattweg unschuldig nennen wollen.

Sie duckte sich unter seinem Arm durch, tat einige Schritte von ihm weg und sah ihn dann über die Schulter an. "Wenn du die beiden sprechen willst, komm mit. Alles andere solltest du dir aus dem Kopf schlagen oder dich damit in deinen Träumen befassen.", sagte sie und das klang nun wirklich ernst, vielleicht sogar eine Spur bedrohlich. Der Mann dachte nach, ob er diese Grenze jetzt wirklich überschreiten sollte, denn immerhin hatte er vorher noch nie mit Gesuchten zusammengearbeitet. Doch hatte er dieses Argument ja schon selbst entkräftet. Langsam ging er auf sie zu und folgte ihr dann durch die Straßen.

Tatsächlich führte sie ihn auf die Moby Dick. Niemals hätte er geglaubt, diesen Kahn mal freiwillig zu betreten. Sie gingen in das Innere und einige Gänge entlang. Es war ruhig, was sicherlich dem Umstand geschuldet war, dass die Crew sich auf der Insel befand. Die Blondine öffnete eine Tür und betrat, gefolgt von ihm, den Raum. Sofort erkannte er den Kapitän. Die roten Augen und die weißen Haare waren einfach zu einprägsam. Marco der Phönix war ebenfalls anwesend. Noch Jemand, in einen Umhang gehüllt, saß am Tisch, der ihm dadurch natürlich nichts sagte. Misstrauisch zog er die Brauen zusammen. Er bekam so ein Gefühl, dass hier etwas nicht stimmte, als die junge Frau um den Tisch herum ging und sich neben den Kapitän stellte.

"Du bist also tatsächlich mitgekommen.", sagte Shiroi. "Was soll das heißen?", fragte er argwöhnisch. Hier war definitiv etwas faul. Die Blondine griff an den Saum ihres Kleides und zog es sich über den Kopf. "Männer sind viel zu leicht zu täuschen.", nahm sie dem Unbekannten zwei Katana ab und befestigte sie an ihrer schwarzen Hot Pant. "Nimm Platz.", deutete sie auf einen Stuhl, während sie etwas aus dem einen Stiefel griff. Der Mann war bereit, um zu kämpfen, roch das alles doch gewaltig nach einer Falle. "Ich bitte dich. Würde ich dich tot sehen wollen, dann wärst du es bereits.", kam es beiläufig von ihr, während sie sich einen Dutt drehte und die Haarnadel hinein steckte. Ihr rotes Top zupfte sie nochmal zurecht, bevor sie sich setzte. Die Augen des Mannes wurden größer, als er sie erkannte. Wie war es nur möglich, dass es ihm nicht gleich aufgefallen war? Die ganze Zeit hatte er die Kapitänin vor sich gehabt.

Flamme der Freiheit Teil 2 🗸Where stories live. Discover now