10. Wolfswurz und Eisenkraut

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"Du bringst mich an die schönsten Orte, Marcel", sagte Klaus und betrat eine imposante Lagerhalle.
Thierry und Diego, Marcels Vampire, öffneten die Türen eines fetten, schwarzen Cadillacs, indem eine Person lag. Auf seinem Handrücken war noch schwach der rote 'M'- Stempel erkennbar. Die pure Angst spiegelte sich in seinen Augen.
"Willkommen im Land der frisch Verstorbenen. Nun, ich habe grade vier Nachtwandler verloren und dafür brauche ich Ersatz. Du bist in der Verwandlungsphase", erklärte Marcel dem jungen Mann, der im Auto lag und sich nun verzweifelt und sehr verwirrt an die Kehle fasste.
"Den Brand, den du in deiner Kehle spürst? Das ist das starke Bedürfnis, sich zu ernähren, Hunger nach menschlichem Blut. Trink es - und du wirst ein Vampir. Trink es nicht - und du stirbst, aber diesmal für immer", antwortete er weiter auf die Frage, die dem Jungen ins Gesicht geschrieben stand.
"Wie heißt du?", fragte ihn Marcel.
"Josh", stammelte er eingeschüchtert.
"Lust auf ne Spritztour. Stellen wir dich den anderen vor", Marcel nickte Thierry und Diego zu.

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"Rebekah Mikaelson!" Marcel entdeckte die blonde Urvampirin, die über ihm auf einem Balkon stand. "Als ich dich das letzte Mal gesehen habe, hat die Royal Street gebrannt und ihr seid vor eurem Daddy aus der Stadt geflohen." Er sprang zu ihr hinauf.
"Ich dachte, du wärst tot", begrüßte Rebekah ihn.
"Du bist nie zurückgekommen, um nachzuschauen. Was willst du hier?" Marcel sah sie fragend an.
"Elijah. Ich glaub, Klaus hat ihm etwas angetan", antwortete diese.
Marcel schwieg eine Weile, dann sagte er: "Ach hör auf. Wenn ich eins über euch Mikaelsons gelernt hab, dann, dass man sich nicht in euer Familiendrama einmischen sollte. Das endet nie gut."
Rebekah starrte ihn an und Erinnerungen schlichen sich in ihre Gedanken:

Marcel und sie waren gerade dabei gewesen sich zu küssen, als Klaus herein geplatzt war. Marcel war erschrocken zurück gewichen und stammelte: "Da läuft nichts zwischen uns. Das schwöre ich, bei meinem Leben."
"Dein Leben", hatte Klaus geschrien und ihn zornig angefunkelt, "bedeutet mir etwas, also sei gefälligst ehrlich zu mir." Klaus hatte Marcel an die Wand gedrängt und drückte ihm seinen Unterarm gegen den Hals.
"Ich mag sie. Und ich glaube, das beruht auf Gegenseitigkeit, aber ich würde niemals...", presste dieser mit vor Angst geweiteten Augen hervor.
"Und das wirst du auch nicht", unterbrach ihn Klaus wütend.
"Bitte, Nik", hatte sie ihren Bruder angefleht, doch der hatte sie ignoriert und fuhr fort: "Ich liebe meine Schwester, aber wenn es um Männer geht, hat sie kein Glück. Sie kommen und gehen, aber nur auf mich kann sie sich immer verlassen. Sie ist meine Familie."
"Du hast gesagt, ich wäre auch deine Familie. Ich habe dich angefleht, mich in einen Vampir zu verwandeln", hatte Marcel den Tränen nahe erwiedert.
"Und ich habe dir gesagt, dass ich dich verwandeln werde, sobald du dazu bereit bist. Wenn du allerdings Rebekah zu nahe kommst, wirst du nie ein Vampir", hatte Klaus etwas versöhnlicher geantwortet.

"Selbst nach allem, was du erreicht hast, hast du immer noch Angst vor ihm", stellte Rebekah nach einer Weile des Schweigens fest und blickte verträumt auf die Stadt hinab. Die Sonne verschwand langsam hinter den Häusern im Horizont und hinterließ ein prächtiges Farbenspiel aus den schönsten Rot- und Gelbtönen am Himmel.
"Ich habe vor niemandem Angst", stellte Marcel ungerührt klar.
Bei seinen Worten wandte sich Rebekah wieder ihm zu und drohte verärgert: "Wenn ich herausfinde, dass du weißt, wo Elijah ist, brauchst du keine Angst mehr vor Klaus zu haben - dann werde ich dich eigenhändig töten."
"Nostalgie ist toll und so, aber ich kann dir bei deinem Problem nicht helfen. Es war aber trotzdem schön, dich zu wiederzusehen. Viel Glück noch bei der Suche!" Marcel drehte sich um und sprang vom Balkon.

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Marcel betrat eine gut besuchte Bar, seine Augen suchten die Gäste ab, bis er Klaus an der Theke sitzen sah.
"Ich kenne dieses Gesicht - Frauenprobleme", begrüße ihn Klaus, als Marcel bei ihm ankam und ein Grinsen trat auf sein Gesicht.
"Weißt du was, du bist ein richtiger Arsch! Warum hast du mir nicht erzählt, dass Rebekah auch hier ist?", schimpfte Marcel und setzte sich neben ihn auf einen Barhoker.
Klaus' Grinsen wurde noch breiter, als er sagte: "Ich dachte, es wäre amüsanter für dich, es selbst herauszufinden."
"Sollte ich sonst noch etwas wissen?" Marcel sah Klaus verärgert an.
"Nur, dass sie im letzten Jahrhundert noch verrückter geworden ist", antwortete Klaus.
"Dann war sie es, die meine Leute getötet hat?", mutmaßte Marcel und sah seinen Gegenüber fragend an.
"Das bezweifle ich. Wenn diese Biker-Bar, in der die vier sich aufgehalten hatten, nicht voll von durchtrainierten High-School-Quarterbacks aus der Kleinstadt war, kann ich mir nicht vorstellen, dass sie daran interessiert gewesen wäre, hinein zu gehen", zog Klaus ihn immer noch grinsend auf.
Marcel verdrehte genervt die Augen.
Plötzlich klingelte sein Handy und er nahm seufzend ab.
Klaus hörte mit seinem Vampirgehör zu.
"Was gibt's?", meldete sich Marcel.
"Ich hab gehört, dass jemand im Bienville Park eine Werwölfin gesehen hat", informierte der Anrufer ihn.
"Schick ein paar Nachtwandler, die sollen sie fangen und bringt mir den Kopf", verlangte Marcel und legte auf.
"Nun, ich denke, das löst das Geheimnis deines ermordeten Gefolges und meine kleine Schwester wurde zu Unrecht beschuldigt", log Klaus und bestellte sich einen weiteren Drink.
"Was das betrifft, ich hab keine Zeit für euer Mikaelson-Familiendrama. Du bist mein Gast, also krieg gefällst deine Schwester in den Griff", schrie Marcel verärgert und stand auf, um zu gehen.
"Den Mississippi mit nem Strohhalm leer zu saufen, wär einfacher!", brüllte Klaus ihm hinterher und nippte demonstrativ an seinem Strohhalm, bevor er sein Handy aus seiner Hosentasche holte.

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Hayley saß nervös auf einer Bank im Bienville Park und war gerade dabei das Gift in ihre Teetasse zu tröpfeln.
"Komm schon, Hayley!", redete sie sich selbst Mut zu, "ein bisschen Ziehen im Bauch und das ganze dumme Drama ist Vergangenheit."
Sie führte die Tasse an ihren Mund und schloss die Augen für einen Moment, bevor sie dann seufzend den Becher wieder sinken ließ, ohne zu trinken.
Auf einmal hörte sie im dunklen und menschenleeren Park in der Nähe einen Zweig knacken. Sie erhob sich und sah sich suchend um.
Plötzlich stand direkt vor ihr ein Vampir. Unterhalb seiner roten Augen waren dunkle Äderchen hervorgetreten
"Dumm von dir, ins Quarter zu kommen. Du kommst jetzt mit mir mit, Wolf", ergriff er abschätzig das Wort.
"Ich habe es satt, von Vampiren oder Hexen gesagt zu bekommen, was ich tun soll", erwiderte sie trotzig und schüttete den Inhalt ihres Bechers in sein Gesicht, weshalb der Vampir vor Schmerzen kurz laut aufschrie.
Sie drehte sich um, nur um auf der anderen Seite von zwei weiteren Vampiren konfrontiert zu werden.
Aus dem Nichts tauchte Rebekah plötzlich auf, schnappte sich blitzschnell den Hals eines Vampirs und riss gleichzeitig das Herz aus dem Rücken des anderen.
"So behandelt man keine schwangere Lady. Ich hasse schlechte Manieren", sagte sie entschuldigend und warf das Herz auf den Boden.
Schockiert starrte Hayley sie mit geöffneten Mund an.

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Klaus, Rebekah und Hayley standen im Dunkeln im Hinterhof des Herrenhauses. Klaus warf den letzten toten Vampirkörper auf die beiden anderen. Währenddessen schimpfte er Hayley verärgert: "Deshalb hab ich dir befohlen das Haus nicht zu verlassen. Werwölfe sind aus dem Quarter verbannt worden. Ich hatte einen Plan, aber dein kleiner Nachtspaziergang hat alles in Gefahr gebracht! Wie soll ich Marcel erklären, dass nochmal drei seiner Leute tot sind?"
Rebekah bemerkte, dass einer von den dreien noch lebte und wollte nach ihm greifen, aber Klaus hielt sie zurück. "Lass ihn", zischte er.
"Und was soll das bitte für ein toller Plan sein?", wollte Rebekah daraufhin aufgebracht wissen und verschränkte ihre Arme. "Du hattest verdammt viel Zeit, aber du hast keinen Finger gekrümmt."
"Halt den Mund, Rebekah. Ich hab alles getan", schnautzte Klaus seine Schwester schreiend an. "Vom ersten Tag an hat Marcel mir nicht getraut, deshalb lässt er, seid ich hier bin, seine Vampire Eisenkraut einnehmen, was sie, wie du weißt kleine Schwester, vor meiner Gedankenmanipulation schützt." Klaus sah Rebekah wütend an.
Hayley stand schweigend daneben und schaute in den Himmel. Über ihnen leuchteten unzählige Sterne im Nachthimmel.
"Ich brauchte einen Spion", fuhr Klaus fort, "jemand der in Marcels innerem Kreis für mich arbeitet und den Marcel nie verdächtigen würde. Also schuf ich eine Stunde null und bin Marcel zuvorgekommen. Ich habe den jungen Joshua auf Marcels Party mein Vampirblut gegeben und ihn umgebracht. Marcel hatte gerade vier Vampire verloren, dank deines kleinen Amoklaufs. Er hat neue Leute gebraucht. Also hab ich mir den Neuen geschnappt, bevor er auch nur einen Tropfen Eisenkraut zu sich genommen hatte und habe ihn manipuliert, das zu tun, was ich will. Aber das war noch nicht alles, denn wir wissen ja, der Weg zu einem Mann führt durch sein Herz, deshalb..." Er zwinkerte Rebekah zu und erinnerte sich:

Er hatte in der Bar mit Cami gesprochen.
"Also mein Kumpel Marcel ist ein netter Kerl, findest du nicht?", hatte er gemeint.
"Nein", hatte Cami geantwortet "Er ist charmant, sexy, selbstbewusst und unglaublich heiß. Aber seien wir ehrlich - er ist ein Badboy, oder? Genau wie du. Und im Moment brauche ich nur Gutes in meinem Leben, nicht jemanden, der..." Cami hatte ihn wissend angesehen und einen Moment nach den richtigen Worten gesucht.
"Tragisch verletzt und von Dämonen geplagt, denen er nicht entkommen kann?", hatte er ihren Satz fragend beendet.
"Genau, die ... die mit nem Knacks. Die sind nicht gut. Zumindest nicht für mich." Cami war langsam aufgestanden und wollte gehen, aber er war ebenfalls aufgestanden und hatte ihre Hand genommen.
"Ich verstehe dich. Wirklich. Aber...", er hatte ihr tief in die Augen geschaut und mit einer hypnotischen Stimme gesagt: "Gib Marcel eine Chance und dann musst du mir sagen, wohin er geht und wen er trifft."

"Habe ich auch Cami manipuliert, Marcel auszuspionieren", schloss er schließlich, immer noch in Gedanken an Cami, seine Erzählung.
Dann schnappte er sich den noch lebenden Vampir vom Stapel und verkündete: "Und dieser hier - ich werde ihm das Eisenkraut ausbluten lassen und ihn manipulieren zu glauben, seine Freunde wären bekehrt worden, in die Kirche eingetreten und nach Utah gezogen. Dann kann er Marcel erklären, warum er heute Nacht zwei weitere Vampire verloren hat."
Er zerrte den ziemlich geschwächten Vampir ins Haus. Rebekah und Hayley folgten ihm hinein.
Drinnen blieb Klaus stehen und drehte sich demonstrativ zu Hayley um.
"Ich habe noch eine Frage, Hayley", Klaus zog ihren Namen in die Länge. "Was wolltest du überhaupt im French Quarter?"

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