9. Der verlorene Sohn

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Sophie wischte gerade einen Tisch im Rousseau's ab, als die Tür plötzlich zufiel und sie das leise Zischen eines Vampirs vernahm, der in Vampirgeschwindigkeit ungesehen den Raum durchquerte. Vorsichtig suchte sie das Restaurant ab, in dem am frühen Vormittag noch keine Gäste saßen und lauschte verängstigt auf weitere Geräusche.
"Hallo? Ernsthaft, Marcel? Willst du mir Angst einjagen? Ich hatte nichts mit dem Angriff auf deine Leute letzte Nacht zu tun!", rief sie in die Stille hinein.
Einige hängende Töpfe begannen sich hinter Sophie zu bewegen, als ob Wind sie verweht hätte, und sie drehte sich aufmerksam um. Sie ging langsam auf sie zu und nahm ein Messer.
Rebekah erschien und ergriff ihren erhobenen, messerschwingenden Arm.
"Sophie Deveraux. Mein Bruder, Elijah, hat mir von dir erzählt. Weißt du, wer ich bin?", fragte Rebekah die Hexe.
"Ja, ich weiß, wer du bist", antwortete diese etwas überrascht.
"Gut, denn wir müssen reden", meinte Rebekah, grinste und setzte sich an einen der Tische.
"Ich kenne meinen Bruder Nik gut genug, um zu wissen, dass Elijah einen Dolch in der Brust hat. Das ist ein magischer Gegenstand und du bist ne Hexe. Durch einen Lokalisierungszauber kannst du den Dolch finden, und Elijah", begann sie und sah Sophie erwartungsvoll an.
"Uns ist das zaubern verboten. Marcel bestraft uns sonst mit dem Tod", meinte Sophie entschuldigend.
"Marcel? Was glaubst du, was ich mit dir machen werde, wenn du mir nicht gibst, was ich will?", schrie Rebekah aufgebracht.
Aber Sophie seufzte nur: "Nicht viel. Wir sind verbunden, also alles was du mir antust, tust du auch Hayley an."
"Wem?", wollte Rebekah verwirrt wissen, woraufhin Sophie ihr einen bedeutungsvollen Blick zuwarf.
"Ach ja, richtig, die Mommy. Du hast Glück, sie scheint Elijah was zu bedeuten, sonst würde ich dir sofort das Genick brechen." Bei Rebekahs Worten hatte Sophie verärgert ihre Arme verschränkt.
"Wie ist Marcel überhaupt so verdammt mächtig geworden? Als ich vor 100 Jahren von hier wegging, war er's jedenfalls noch nicht", überlegte Rebekah weiter.
"Marcel merkt es immer, wenn im Quarter gezaubert wird", erwiderte Sophie.
"Ein ganzer Hexenzirkel, der nicht zaubern kann?" Die Urvampirin sah sie verständnislos an. "Ich hab ne Idee: Zieht einfach um!"
Dann fiel es Rebekah wieder ein. "Ihr praktiziert Ahnenmagie", sagte sie.
"Genau, auf dem Friedhof von New Orleans liegen sämtliche Überreste unser Hexenvorfahren. Ohne Zugang zu ihnen sind wir machtlos. Außerhalb von New Orleans können wir nicht zaubern. Außerdem, wenn wir weglaufen, würden wir unser Erbe zurücklassen - unsere Heimat, unsere Familie", erklärte Sophie.
"Familie wird überbewertet", seufzte Rebekah und schenkte sich selbst einen Bourbon ein. "Ich mein, sieh mich an. Ich bin zurück in einer Stadt, in der ich nur Kummer erleben musste, auf der Suche nach meinem Bruder, der ein Baby beschützen will, das mir völlig egal ist. Jetzt ist er verschwunden und vermutlich ist Nik dafür verantwortlich." Sie machte eine kurze Pause, bevor sie weitersprach: "Und ihr habt echt gedacht, Elijah bringt Nik dazu, etwas gegen Marcel zu unternehmen, trotz der gemeinsamen Vorgeschichte der beiden?"
Sophie sah sie verständnislos an.
"Marcel ist nicht nur irgendjemand, den Nik verwandelt hat", begann Rebekah zu erzählen, "Nik hat ihn wie einen Sohn geliebt. Ich war dabei, als sie sich kennen lernten. Wir beerdigten damals Emil, den einzigen Sohn des Gouverneurs... das dachten wir zumindest. Ein Mann, an dem wir vorbeiliefen, peitschte einen Jungen aus, der bei jedem Peitschenhieb vor Schmerz schrie. Dann schnappte der Junge sich einen Apfel, der auf dem Boden lag und schmiss ihn auf seinen Peiniger. Es stellte sich heraus, dass dies auch ein Sohn des Gouverneurs war, von einer seiner Sklavinnen. Nik rettete ihn und gab ihm den Namen 'Marcellus', was so viel bedeutet, wie 'Kleiner Krieger'. In dem Jungen, hat er sich selbst wiedererkannt. Unser Vater hat ihn auch immer geschlagen und auch er war das uneheliche Kind eines Mannes, der in ihm nur ein Übel sah."
Sie schwiegen eine Weile, bevor Rebekah klarstellte: "Und genau deshalb wird euer Plan scheitern. Ihr habt nur zwei lang verlorene Seelen wiedervereint. Ohne Elijah, der auf sie aufpasst. Wer weiß was sie tun werden."

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In einer anderen Bar saß Marcel an seinem Stammplatz am Fenster und starrte in sein Schnapsglas, als Klaus hereinkam.
"Es ist ein müder Abklatsch von der Party gestern Nacht", stellte Klaus fest, während sein Blick durch die fast leere Bar schweifte, eine blonde, junge Frau saß an der Wand, schrieb konzentriert etwas in ihr Notizheft und las nebenbei in einem Buch. Klaus setzte sich Marcel gegenüber und bemerkte, wie dieser die junge Frau beobachtete.
"Ah, du stehst auf die Barfrau aus dem Rousseau's, wie ich sehe", sagte er grinsend und nahm sich ebenfalls einen Drink.
"Ach, Quatsch", winkte Marcel ab.
"Aber du sitzt hier und schmachtest sie an, solltest du sie nicht lieber zu Mittag verspeisen. Offenbar ist sie was Besonderes." Klaus zwinkerte ihm zu nahm einen großen Schluck.
"Geschäftliches zuerst. Tote Touristen: Bei sowas krieg ich immer nen Anruf aus dem Leichenschauhaus oder von der Polizei", lenkte Marcel vom Thema ab.
"Lass mich raten - Touristen mit nem roten Stempel auf der Hand und Vampirblut in den Venen?", überlegte Klaus.
"Das kommt vor. Im Vollrausch stürzt jemand vom Balkon oder in den Mississippi... Aber das war nur bei einem von beiden der Fall. Außerdem wurde eine junge Frau als Vermisst gemeldet", erklärte Marcel und sah ihn wissend an. Aber Klaus grinste nur schelmisch und erhob sich, als er hörte, dass Cami ihre Sachen packte und aufstand.
"Entschuldige bitte. Was ist dein Studienfach?", fragte er Cami, als er bei ihr ankam.
"Abnormale Psychologie", antwortete diese.
"Abnormale Psychologie. Wow!", wiederholte Klaus belustigt und dachte sich: Was man heutzutage nicht alles studieren kann!
Er schaute zu Marcel hinüber, nahm Cami am Arm und führte sie zu dem Tisch, an dem Marcel saß. "Vielleicht hilfst du mir ja, meinen Freund zu diagnostizieren. Er ist nämlich ein wenig deprimiert, kriegt ein Mädchen nicht mehr aus dem Kopf, hat gesagt, sie sei eine Königin, eines Königs würdig. Ich finde, er sollte sich geschlagen geben und sie vergessen. Was ist deine professionelle Meinung?", beendete Klaus grinsend seine Vorstellung und sah Cami interessiert an. Auch Marcel hatte sich während Klaus' Rede ein Grinsen nicht verkneifen können.
Cami sah ebenfalls belustigt zu Marcel und verkündete: "Einfach nett sein! Ich meine, vielleicht wird sich dann mal ne passende Gelegenheit ergeben." Sie zwinkerte Marcel zu und ging davon.
Marcel ergriff die Chance und rief Cami hinterher: "Wie wär's mit heute Abend, neun Uhr? Wir treffen uns hier?" Er sah sie abwartend an.
Cami drehte sich wieder zu ihm um und meinte: "Ich werd's in Erwägung ziehen." Lächelnd verschwand sie aus der Bar.

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Hayley überquerte eine Straße, auf der eine Kutsche mit Touristen entlangfuhr und blieb vor dem farbenfrohen Voodoo Shop Jardin Gris stehen

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Hayley überquerte eine Straße, auf der eine Kutsche mit Touristen entlangfuhr und blieb vor dem farbenfrohen Voodoo Shop Jardin Gris stehen. Gerade noch rechtzeitig. Die Ladenbesitzerin wollte eben zusperren.
"Hey, hey!", machte sich Hayley bemerkbar.
"Wir haben geschlossen, tut mir leid", erwiderte eine, ihr unbekannte, Hexe freundlich. Sie hatte dicke, schwarze Locken.
"Ich wollte nur ein Kraut kaufen, eine kleine Menge. Bitte?", Hayley schaute sie flehend an.
"Was brauchst du?", wollte die Hexe wissen und lächelte.
"Eisenhut, nur ein wenig", antwortete Hayley.
"Wolfswurz?", fragte die Hexe entsetzt, "das ist ein Gift. Willst du einen Wolf töten?"
"Nur einen winzigen", erwiderte Hayley seufzend.
Die Hexe musterte sie, bevor sie schließlich sagte: "Gib mir ne Minute." Dann verschwand sie im Laden.
Hayley trat von einem Bein auf das andere, während sie vor der Tür wartete.
Kurze Zeit später kam die Hexe mit einem kleinen Fläschchen in der Hand zurück. "Tu Stechapfel dazu. Ein paar Tropfen in einen heißen Tee. Das sollte reichen."
Hayley reichte ihr etwas Geld, aber die Hexe lehnte ab und flüsterte: "Das ist keine gute Stadt für Wölfe. Du tust das Richtige."

Nachdem Hayley gegangen war, nahm sie ihr Handy, rief jemanden an und sagte: "Hey, willst du punkten? Sag Marcel, ein Werwolf läuft durch's Quater!"

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