50 | Einen Atemzug entfernt

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Es ist schwerer den je, mich zusammenzureißen. Denn ich bin kein Mensch, der seine Gefühle einfach überspielen kann. Sowas fällt mir unglaublich schwer. Doch genau das ist es, was ich die letzte halbe Stunde lang angestrengt getan habe. Ich habe versucht, mir absolut nichts anmerken zu lassen, während ich mich Alma und Ryle an einem Tisch saß. Jedes Mal, wenn Ryle's raue Stimme erklang, hat sich mein Herz zutiefst zusammengezogen, doch von außen hin habe ich nur für einen Moment die Augen geschlossen und habe mich immer und immer wieder daran erinnert, dass ich Alma nicht beunruhigen möchte.

Das war es, was mir die nötige Kraft gegeben hat, Ryle zu ignorieren. Meine verletzten Gefühle in den Schatten zu stellen. Alma habe ich immer wieder ein Lächeln geschenkt, während sie uns über ihre Woche erzählt hat, während ich wenn Ryle gesprochen hat, versucht habe, nicht in seine Richtung zu sehen.

Meine Augen lagen immer auf dem Tisch und auf dem Kuchen, den Alma vor einigen Minuten frisch aus dem Ofen geholt hat.

»Alana, du bist heute so still. So kenne ich dich gar nicht«, ertönt es nun von Ryle, der mich aus meinen Gedanken zieht.

Ich sehe für nur eine Sekunde auf und die Millisekunde, in der sich unsere Blicke vereinen, ist so schmerzhaft, dass meine Augen wieder nach unten zucken.

Ich räuspere mich heiser und unterdrücke die aufkeimende Wut, die mir einen bitteren Geschmack im Mund beschert. »Ich habe einfach nicht so viel zu sagen.«

Alma lacht leicht, steht dann aber auf und legt ihren Teller ins Spülbecken.

Diese Chance nutze ich, denn ich erhebe mich von meinem Platz und deute raus in den Flur. »Ich gehe eben auf die Toilette.«

Ohne auf eine Reaktion zu warten, verlasse ich die Küche mit gesenktem Blick und mache mich auf den Weg hoch zur Toilette. Dort angekommen wasche ich mein Gesicht mit kalten Wasser, um wieder zu mir zu kommen. Dieser Moment, in dem Ryle und das Mädchen sich geküsst haben... er taucht einfach immer wieder auf und egal was ich auch tue, er verschwindet nicht.

Mein Herz erinnert sich immer wieder an den selben Schmerz und an Dianas Nachricht.

Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll.

Ich weiß nicht, was richtig und was falsch ist und wer hier die Wahrheit sagt oder lügt.

Alles ist so durcheinander. In solchen Momenten wünsche ich mir nichts sehnlicher, als das mein Vater an meiner Seite ist. Ich würde ihm am liebsten alles erzählen und seine Sicht auf die Dinge hören. Er findet immer die richtigen Worte und schafft es besser als kein anderer, mir wieder ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern.

Wäre er nur hier...

Ich schnappe zittrig nach Luft und streiche mir die Haare aus dem Gesicht. Meine Hände trockne ich am Handtuch ab, ehe ich dann nach kurzem wieder das Badezimmer verlasse.

Doch sobald ich die Türe hinter mir zuziehe und mich umdrehe, schrecke ich zurück und halte erschrocken den Atem an. Den vor mir steht kein anderer, als Ryle persönlich. Genau der Mensch, den ich gerade am wenigsten sehen möchte.

»Da bist du ja«, sagt er mit diesem Lächeln auf den Lippen, welches mich schon von Anfang an schwach gemacht hat. Es ist ein besonderes Lächeln. Eines, das nur wenige Menschen haben. Ein Lächeln, was deinen Magen wie verrückt zum kribbeln bringt, ob du willst oder nicht...

Als ich bemerke, wie nah Ryle mir ist, mache ich einen kleinen Schritt zurück. Doch dies bemerkt er, denn er folgt mir mit seinem Blick und sein Lächeln bröckelt einwenig.

»Was ist los, bist du etwa eingeschnappt, weil ich vorhin zu Alma meinte, dass du ein kleines Aggressionsproblem hast?«, bemerkt Ryle und lacht leise. Mein Blick wandert langsam hoch zu seinem Gesicht und zum ersten Mal in diesem Abend sehe ich ihn wirklich an.

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