57 | Ein falsches Spiel

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Am nächsten Morgen wache ich mit dicken Augen auf. Auch mein Gesicht ist ganz angeschwollen. Ich habe großes Glück, dass heute Samstag ist und ich nicht in die Schule muss. Wobei ich in diesem Zustand sowieso niemals in die Schule gegangen wäre.

Es reicht, dass sie sowieso schon über mich reden. Ich brauche nicht auch noch ihre neuen Spekulationen, wenn sie mich in diesem Zustand sehen würden.

Ich habe mir gestern Abend noch einige Male die Sprachnachricht von Diana angehört, doch ich habe ihr nichts darauf geantwortet. Was hätte ich auch schreiben sollen? Ein Danke, dass war dann wohl meine eigene Dummheit, hätte die Situation nicht wirklich erträglicher für mich gemacht.

Bei der Erinnerung an gestern werde ich wieder wütend.

Sehr wütend.

So wütend, dass ich mich dazu entschließe, mich fertig zu machen und das Haus zu verlassen, bevor Liam oder meine Mutter noch die Chance haben, mich so zu sehen. Es ist noch ziemlich früh, weswegen ich nicht weiß, wo ich hin soll.

Nach einigen Minuten des Überlegen entscheide ich mich dafür, zu Alma zu gehen. Es ist zwar riskant, da Ryle direkt gegenüber wohnt, doch ich bezweifle, dass er so früh schon wach ist, nachdem er gestern noch so lange auf der Feier war.

Alma ist gerade die Einzige, mit der ich sprechen möchte. Ich brauche ihren Rat und ihre aufbauenden Worte. Wir hätten uns sowieso heute getroffen, so war zumindest der Plan, und da ich weiß, dass Alma ein Frühaufsteher ist, bin ich mir so gut wie sicher, dass sie schon in der Küche sitzt und sich die aktuelle Zeitung durchliest.

Bei dem Gedanken muss ich lächeln.

Ich habe Alma so vermisst.

Meine Schritte beschleunigen sich, als ich einpaar Minuten später bei ihrer Straße ankomme und nicht nur ihr Haus in meinen Sichtwinkel fällt, sondern auch das von Ryle. Ich werde leicht panisch, selbst dann noch, als ich Alma's Veranda hochlaufe, kann ich nicht aufhören, mich immer wieder umzusehen.

Doch Ryle scheint sowieso nicht Zuhause zu sein, da nichtmal sein Auto in seiner Einfahrt steht.

Als ich klingle und Alma mich einige Sekunden später herzlich empfängt und ich in ihr vertrautes Haus trete, atme ich erleichtert aus und die Hälfte meiner Anspannung fällt wie eine schwere Last von meinen Schultern.

Ich bin ganz außer Atem, als sie mich in eine Umarmung zieht und dann Richtung Küche dirigiert.

»Was machst du denn so früh hier? Ich hab noch gar nicht angefangen, den Kuchen zu backen!«, sagt Alma mit einem Lächeln auf den Lippen. Sie setzt sich, aber nicht, bevor sie mir eine heiße Tasse Schokolade hinstellt.

Ich fasse sofort nach dieser und umschließe sie mit meinen Fingern, die durch die Angst und Panik ganz kalt geworden sind.

Ich schmunzle. »Ich hab dich ganz einfach vermisst und war heute schon so früh wach, da dachte ich, dass ich direkt rüberkommen kann«, beginne ich, doch halte inne, als ich merke, dass sich das alles ein bisschen lächerlich anhört, »Und... und ich brauchte jemanden zum reden.«

Alma ist sofort hellhörig und mustert mich aufmerksam. »Was ist denn los, Kind? Mir ist sofort aufgefallen, dass was ist. Du siehst aus, als hättest du die ganze Nacht nicht geschlafen. Ist was vorgefallen?«

Ich lächle, doch das Lächeln verwandelt sich in etwas verzweifeltes, als ich plötzlich zu weinen beginne. Mein Körper bebt, als würde ein Erdbeben in mir wüten und ich schäme mich so sehr, dass ich zu lachen anfange.

Matching Hearts ✓Where stories live. Discover now