10 | Alles für einen guten Zweck

6.9K 346 55
                                    



Am nächsten Morgen fühle ich mich besser, als erwartet. Und das liegt nicht daran, dass ich meine Sorgen vergessen habe, oder mir das Kaugummi abkratzen nicht noch schwer in den Knochen liegt, sondern ganz einfach an der Tatsache, dass ich trotz allem heute Abend einen schöne Zeit zusammen mit meinen Freunden verbringen möchte und mir das nicht von irgendwelchen Gedanken kaputt machen lassen werde.

Das ist einfach nicht meine Art.

Ich atme tief ein und genieße für einen Augenblick die Stille. Es ist überraschend schön, nicht von Liam und Mum's Diskussionen aufzustehen. Denn die beiden unterhalten sich normalerweise jeden Samstag und Sonntag unten in voller Lautstärke, und das, obwohl sie noch nicht einmal streiten. Sie reden ganz einfach, und das wie schon bemerkt ziemlich laut.

Dabei vergeuden sie natürlich keinen Gedanken daran, dass ich noch hier oben in meinem Bett liege und höchstwahrscheinlich am schlafen bin.

Doch heute ist dies ausnahmsweise nicht der Fall und allein das ist ein Grund, um mit einem Lächeln vom Bett zu steigen. Ich ziehe mir Socken über, mache mir einen neuen Dutt und laufe dann summend die Treppen runter, um etwas zu frühstücken. Und überraschenderweise erblicke ich Liam sowohl Mum in der Küche, und es verwirrt mich nur noch mehr, warum sie so leise sind und niemand von ihnen etwas sagt, als ich in die Küche schreite.

»Was ist denn hier los?«, frage ich deshalb irritiert, während ich mir einen Teller und eine Tasse hole. Ich schüttle mir einen Kakao ein und schnappe mir direkt drei Pfannkuchen, glücklich darüber, dass Mum nichts gesundes gemacht hat.

Ihr müsst wissen, momentan hat Mum manchmal den Tick, etwas Neues auszuprobieren, und in den letzten Wochen war es eben das gesunde Frühstück.

War leider nicht ganz so lecker.

Mum sieht zu mir und nimmt einen Schluck von ihrem Kaffe. »Nichts. Wir... wir haben nur darüber geredet, dass Dad bald wieder von seiner Reise zurück ist.«

Ich halte inne und sehe zwischen Liam und Mum hin und her, und verstehe nicht, warum sie sich nicht freuen. Denn mich macht die Nachricht, dass Dad bald wieder da ist, ungemein glücklich. Ein erleichtertes Lächeln schleicht sich auf meine Lippen, während ich im nächsten Moment die Stirn in Falten lege. »Aber warum seht ihr denn so deprimiert aus?«

Liam seufzt und starrt einwenig verbissen auf den Tisch. »Weil er nur eine Woche bleiben wird. Dann muss er wieder weiter, diesmal für zwei Monate.«

Mein Lächeln fällt in sich zusammen und ich schlucke mehrmals, denn diese Nachricht liegt mir schwer im Magen.

Zwei Monate...

Reicht es denn nicht, dass er die letzten neun Wochen unterwegs war? Das ich in diesem Jahr so wenig Zeit mit ihm verbringen konnte? Natürlich weiß ich, dass er das alles für einen guten Zweck tut und ich bin auch wirklich stolz auf ihn, aber es ist trotzdem hart für mich, meinen Vater so selten zu sehen.

Und das Schlimmste dabei ist, es hat nicht nur einen Effekt auf mich allein, sondern auch auf Liam und Mum. Denn natürlich vermissen sie ihn auch, was das alles umso schwerer für mich macht.

Denn es tut weh, sie so traurig zu sehen.

Egal, was zwischen uns ist.

»Oh«, hauche ich deshalb nur, total neben der Spur und versuche, mich irgendwie wieder aufzuheitern, mit dem Gedanken, dass wir jede Minute dieser sieben Tage in vollen Zügen als Familie genießen werden. »Kommt schon, wir werden das Beste daraus machen, wie bisher auch. Also, eine bessere Stimmung wäre jetzt angebracht.«

Liam sieht mich an und schmunzelt schwach, ehe er sich vom Stuhl erhebt und auf mich zukommt, um mir dann über die Haare zu wuscheln. »Das war überraschend süß von dir, Schwesterchen.«

Ich lächle amüsiert, während ich Liam nachsehe, der jedoch nur nach seinem Wasser greift und dann ins Wohnzimmer verschwindet. Nun bleiben nur noch Mum und ich zurück und ich versuche einen auf normal zu tun, während ich beginne, die Pfannkuchen zu essen und meinen Kakao zu trinken. Doch sobald ich Mum's Blick auf mir spüre, schaffe ich es nicht, locker zu bleiben.

»Und es macht dir wirklich nichts aus, dass Dad nur so kurz bleiben wird?«, fragt Mum, obwohl sie selbst weiß, wie die Antwort auf diese Frage lautet.

Ich seufze. »Natürlich macht mir das etwas aus. Ich hätte ihn gerne für eine längere Zeit bei uns, aber... ich verstehe, dass seine Arbeit sehr wichtig ist. Und ich bin stolz auf ihn. Wir machen einfach das beste aus der Zeit, in der er hier ist, und dann wird das schon.«

Mum sieht mich eine Zeit lang an und lächelt dann. »Das freut mich, dass du das so siehst.«

Ich kann mir ebenfalls kein Lächeln verkneifen, doch drücke es schnell wieder weg, denn ich darf nicht vergessen, dass ich einwenig effizient sein muss. Sonst wird Mum für immer denken, dass ich nach einem Tag wieder einknicke und nach ihrer Pfeife tanze, komme was wolle.

Zufrieden schlucke ich den letzten Bissen runter und greife dann nach meiner Tasse, die noch zur Hälfte gefüllt ist, um sie mit nach oben zu nehmen.

»Danke für die Pfannkuchen«, sage ich noch an Mum gewandt, ehe ich mit meinem Kakao in der Hand hoch in mein Zimmer laufe und mich dann auf mein Bett setze, um nach meinem Handy zu greifen und Hana und Diana in die Gruppe zu schreiben, dass es heute soweit ist.

Wir gehen auf die Mitternachtsvorstellung.

Und ich kann nicht in Worte fassen, wie sehr ich mich darauf freue, mal wieder einen unbeschwerten Abend zusammen mit meinen besten Freundinnen verbringen zu können, ganz ohne Sorgen und allem anderen, was dazu gehört.

Oh man...

Ich fühle jetzt schon, dass der Abend heute unvergesslich werden wird.



A/N:

Ich glaube, ich hab Lust auf ein bisschen
Drama.

Wie sieht's bei euch aus? 🤔

Matching Hearts ✓Where stories live. Discover now