32. L.A., ich komme

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Ohne Zögern zog er mich an sich und legte seine Hände an meine Wangen. Seine Lippen fühlten sich so weich an, ganz sanft und zärtlich legten sie sich auf meine. Überrascht ließ ich alles mit mir geschehen, dann erwiderte ich seinen Kuss. Tausende Mädchen würden wohl alles dafür geben, jetzt an meiner Stelle zu sein und Harry Styles zu küssen, doch es war nur ein Kuss. Ein Kuss und nichts weiter.

Ich schmeckte das Schokoladeneis auf seinen Lippen, die sich zu einem kleinen Lächeln verzogen und seine kräftigen Arme umschlangen meinen zierlichen Körper. 

Doch es fühlte sich fremd an, das war nicht der Kuss, nach dem ich mich seit Wochen sehnte. Kein Feuerwerk explodierte in meinem Herzen, keine Schmetterlinge tanzten Salsa in meinem Bauch. Es fehlte die Magie, es fehlte der Zauber, der mich alles um mich herum vergessen ließ.

Eng umschlungen standen wir am Ufer der Themse, wohlwissend, dass der Kuss nichts bedeutete. Für keinen von uns beiden.

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„Hey, Baby!" Lächelnd sah ich auf meinen Bildschirm. Alex blaue Augen strahlten mich an, verschmitzt grinste er in die Kamera. „Hey!", erwiderte ich glücklich.

„Na, wie geht es meiner Kleinen?" Kaum hörte ich seine Stimme, stiegen Tränen in meine Augen. Ich vermisste ihn so sehr, vermisste dieses lachende Gesicht, seinen Geruch, seine Stimme, einfach alles. Ich vermisste es, seine Nähe zu spüren, in seinen Armen zu liegen, ihn zu küssen.

„Uhm... Alex ich muss dich vorwarnen... du wirst heute vielleicht einige Bilder sehen, die dir nicht gefallen werden", murmelte ich und sah verlegen zu Boden. 

Es tat weh, ihm sagen zu müssen, dass ich einen anderen geküsst hatte, doch ich wollte nicht, dass er es aus einem Klatschmagazin erfuhr. Verwirrt sah er mich an, doch dann wurde sein Blick weich.

„Geht es um Harry?" Schnell nickte ich und schluckte den Kloß in meinem Hals. Ich hasste es, der Welt verschweigen zu müssen, wen ich wirklich liebte: Alex.

„Hey, Baby! Kopf hoch! Es ist okay!" Erstaunt sah ich auf – ich war auf alles gefasst gewesen, nur nicht auf das. „Ich habe gesagt ich unterstütze dich, nicht wahr? Ich war in der letzten Zeit ein richtiger Arsch, aber ich bin da für dich! Das habe ich dir versprochen und ich werde immer hinter dir stehen. In einigen Monaten ist der Wahnsinn vorbei, dann ist alles wieder wie früher!" 

Ein kleines Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Wie hatte ich Alex nur verdient? Er war ein so wundervoller Mensch... Schluchzend, aber mit einem breiten Lächeln saß ich vor meinem Laptop. Schnell wischte ich mir die Tränen aus den Augen – ich wollte nicht schon wieder weinen. In den letzten Wochen hatte ich mehr geweint, als mir lieb war – ich war zu einem wandelnden Wasserspender mutiert.

„Hast du meinen Ring abgelegt, Lo?"

Wumms.

Seine Frage warf mich vollkommen aus der Bahn. Der Ring. 

Ich hatte unsere gesamte Wohnung auf den Kopf gestellt, hatte sogar bei Holly ein riesen Chaos veranstaltet, um nach dem Ring zu suchen, doch er war und blieb verschwunden. Mit aufgeklappter Kinnlade sah ich auf meine Hände. Der Ring war weg, kein Zweifel.

„Ähm... nein, ich hab ihn im Bad, ich... ich hab vorhin was geputzt und wollte ihn nicht beschädigen!" So ne lahme Ausrede.

Zweifelnd sah er mich an, doch er verlor kein Wort über das Schmuckstück. Schnell setzte ich mich auf meine Hände, obwohl es ohnehin zu spät war. Wie konnte ich auch so bescheuert sein und sie mitten in die Kamera halten?

Alex erzählte mir von seinen Freunden, den Partys, die sie feierten und den tollen Ausflügen, die sie gemeinsam unternahmen. Seine Augen strahlten, ein breites Lächeln zierte seine Lippen. Es war schön, ihn so glücklich zu sehen, doch meine Gedanken waren ganz weit weg.

Immer wieder wanderte mein Blick zu meiner rechten Hand, sie sah merkwürdig nackt ohne den Ring aus. Es fühlte sich beinahe so an, als wäre viel mehr als nur der Ring verloren gegangen.

______

„Tschüss, Lottchen! Ruf mich ganz oft an!" Liz drückte mir einen dicken Schmatzer auf die Wange, dann zog mich Holly in ihre Arme. „Pass in L.A. auf dich auf!", flüsterte sie mir zu und lächelte mich verschmitzt an.  In nur wenigen Minuten musste ich durch die Sicherheitskontrolle am Flughafen und meine beiden Freundinnen hatten mich bis hierher begleitet. 

"Ich warne dich - wehe du schickst mir keine tollen Fotos! Ich will auch wieder nach L.A., wir hatten so viel Spaß!", schwärmte Holly und gab mir einen Klaps auf den Po. Lachend schuf ich einen Sicherheitsabstand zwischen uns, dann grinste ich die beiden ein letztes Mal schief an. 

Jetzt hieß es Abschied nehmen: nächsten Monat würde ich alleine in L.A. verbringen, Amanda hatte mir dort eine kleine Einzimmerwohnung vermittelt. Endlich begann der große Dreh: die ganze Woche hatte ich ungeduldig auf diesen Moment gewartet, heute würde ich in den Flieger steigen. Ich würde eine derartige Chance nicht noch ein zweites Mal bekommen und ich wollte unter keinen Umständen, dass der Regisseur seine Auswahl bereute. Ich wollte die Chance nutzen und der Welt zeigen, dass ich nicht nur das kleine, dumme Mädchen an Harry Styles Seite war. 

Mit einem etwas mulmigen Gefühl ließ ich die Sicherheitskontrolle über mich ergehen. Noch nie war ich so lange allein in einem fremden Land gewesen, doch ich freute mich auf die Zeit, die jetzt auf mich zukam. Ich wollte die vier Wochen genießen, neue Erfahrungen sammeln und jede Sekunde mein Bestes geben. 

Die nächste Zeit sollten einfach unvergesslich werden. Noch hatte ich keinen blassen Schimmer davon, was wirklich auf mich zukommen würde. 

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