20. der weiße Pulli

590 42 27
                                    

„Lottchen, wenn du nicht bald aufstehst, macht dich Amanda einen Kopf kürzer! Hast du überhaupt schon gepackt?"

Ich presste mein Gesicht in mein Kopfkissen, ich wollte nicht aufstehen und in den blöden grauen Himmel schauen. Heute war mein großer Tag – ich würde heute Abend mit Holly in den Flieger nach L.A. steigen und ich hatte mich wie ein Schneekönig darauf gefreut. 

Doch dann hatte Alex alle Freude zunichte gemacht. Er hatte einfach aufgelegt. Er hatte mir vorgesülzt, wie sehr er mich vermissen und lieben würde und lief dann zur nächstbesten Schnepfe. Dieser Idiot! Sollte er doch in Portugal verschimmeln! Kurz überlegte ich, wie es wohl wäre, wenn ihn einfach ein Hai auf seinem Surfboard auffressen würde, doch dann verdrängte ich den Gedanken wieder. Auch wenn mich die Vorstellung irgendwie zufrieden stellte, wollte ich kein Unmensch sein.

Liz hatte mich gestern Abend im Park aufgesammelt, nachdem ich sie heulend angerufen hatte. Ich wusste nicht, wie lange ich auf der Parkbank gesessen hatte, ich hatte einfach alles ausgeblendet. Alex war so ein Heuchler, er war widerwärtig, ein Lügner mit einer großen Klappe, sonst nichts! Du liebst ihn aber. Mit deinem ganzen Herzen. Vielleicht war das das Problem. Ich liebte ihn.

„Komm schon, Lo, lass dir das nicht kaputt machen. Kopf hoch! Wenn du reden willst, bin ich da", hörte ich Liz leise sagen, dann ließ sie sich neben mir nieder und schlang ihre Arme um mich. Ich hatte Liz gestern Nacht mein Herz ausgeschüttet und ihr alles erzählt: von Harry, von Alex, meinen Zweifeln. Und sie war einfach da gewesen und hatte mich festgehalten. 

„Ich hab dich so lieb, Lo!", flüsterte sie mir ins Ohr. Schon wieder stiegen mir die Tränen in die Augen. Es war so ungerecht! „Ich hab Crêpes mit Nutella und Erdbeeren gemacht, wehe du verschmähst sie! Du musst was essen" Liz erhob sich umständlich und schlurfte Richtung Küche. Normalerweise würde ich auf heißen Kohlen sitzen und auf mein Frühstück warten, doch heute war mir nicht danach. Ich wollte einfach nur im Bett bleiben, sonst nichts.

„Lottie!" Murrend stieg ich aus dem Bett und mied den Blick in den Spiegel. Ich wusste auch so, dass ich aussah wie ein Zombie. Der wunderbare Duft von Crêpes stieg mir in die Nase, doch am liebsten würde ich wieder umdrehen und mich in mein schönes, warmes Bett kuscheln.

„Geht doch!" Zufrieden legte sie noch eine frische Erdbeere auf den Teller und reichte mir ein Tasse Kaffee. „Heute muss sich Holly definitiv ins Zeug legen!", grinste sie und kniff mir in die Seite. „Nein ernsthaft - wie viele Stunden hast du geschlafen? Zwei? Drei?" „Vier.", grummelte ich und wandte mich wieder meinem Kaffee zu. Ich war bestimmt kein Morgenmensch, Morgenmuffel war noch eine nette Bezeichnung für meinen Zustand um diese Uhrzeit.

„Kann ich später mit zu Holly kommen? Ich muss ihr noch klarmachen, dass sie sich in L.A. gut um dich kümmern muss!", meinte Liz fürsorglich und setzte sich nun zu mir an den Küchentisch. Mit geschlossenen Augen nickte ich und nippte an dem heißen Getränk. Wie ich sie kannte, würde sie sich ohnehin nicht davon abhalten lassen.

„Ich weiß, du kommt unglaublich schwer in die Gänge, aber beweg deinen flotten Hintern und zieh dir was an – am besten irgendeine Mütze und große Sonnenbrillen, danach muss Holly ans Werk!", sagte sie feixend und grinste mich an, dann pflanzte sie mir einen Kuss auf die Wange. Ich liebte Liz für ihre Ehrlichkeit, doch jetzt würde ich ihr am liebsten den Kaffee über ihr nagelneues weißes Top schütten.

Doch Liz hatte Recht – ich konnte es mir nicht leisten, mich in meinem Selbstmitleid zu suhlen. Ich hatte eine Rolle in L.A. zu ergattern.

___________

„Lottie!" Holly stürmte auf mich zu und schloss mich in ihre Arme. „Du warst gestern grandios, ich hab schon einige Bilder gesehen! Einfach bombastisch!" Ich lächelte leicht. Ich hatte zwar noch keine Fotos gesehen, doch dieses Mal würde es bestimmt keine negative Kritik hageln. 

CluelessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt