31. Pfefferminzeis mit Schoko

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Amandas Augen weiteten sich, dann begann sie zu strahlen. „Lottie!", kreischte sie und lief um den Schreibtisch. „Lottie, du hast es geschafft, sieh dir das doch an, Lottie, schau auf die Email!" Lachend fiel sie mir um den Hals. Mit aufgeklappter Kinnlade las ich den Text der Email durch, einmal, zweimal, dreimal. Ridley Forster wollte mich, Lottie Williams.

Ungläubig sah ich Amanda an, doch es war kein Traum, es war die knallharte Realität. Mein Traum, der wahr wurde. Endlich löste ich mich aus meiner Starre und zog Amanda jubelnd in eine Umarmung. Ich hatte es wirklich geschafft, wir hatten es geschafft!

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Ungeduldig trat ich von einem Fuß auf den anderen, Harry musste bald da sein. Wir hatten vor gut zwei Stunden telefoniert und das Treffen vereinbart. Natürlich hatte ich sofort Holly kontaktiert, welche nur eine halbe Stunde später murrend in unserem Loft aufgetaucht war und begonnen hatte, mich menschlich aussehen zu lassen.

Nervös tigerte ich auf und ab. Harry ahnte nicht, dass ich von seinem Geheimnis wusste und das würde auch so bleiben – Niall wollte nicht, dass er es erfuhr. Ich würde mein Wort halten, ich hatte es Niall versprochen. Ein kleines Lächeln schlich sich auf meine Lippen, als ich an den Iren dachte. Ich hatte an diesem Abend so viel Spaß gehabt, er hatte mich alles um mich herum vergessen lassen. Alle Probleme mit Alex.

Endlich hielt der schwarze Jeep mit den abgedunkelten Scheiben am Straßenrand. Grinsend sprang Harry aus dem Auto und zog mich in eine Umarmung. 

Letztens in LA. hatten wir uns besser kennengelernt und jede Menge Spaß miteinander gehabt, bevor er den Anruf erhalten hatte. Wir hatten herumgealbert, gelacht, gesungen und viel zu viel getrunken, doch das Eis zwischen und war auf jeden Fall gebrochen. Ich mochte Harry - das war klar - und endlich hatte ich eine Erklärung für sein seltsames Verhalten. 

Es war merkwürdig, von seinem Geheimnis zu wissen. Eigentlich sollte er mit Louis durch die Straßen Londons laufen, nicht mit mir. Wie lange sie ihre Beziehung wohl schon versteckten? Ich dachte immer, Louis hätte eine Freundin - Eleanor, doch wahrscheinlich war sie genau wie ich einfach nur ein Köder. Ein Köder für die Presse, sonst nichts. 

„Hey, Lottie! Du siehst toll aus! Alles gut bei dir?" Lächelnd nickte ich und schlang meine Arme um ihn, dann erblickte ich den breitschultrigen Mann, der ebenfalls aus dem Auto stieg.

Harry folgte meinem verwunderten Blick und schmunzelte. „Darf ich vorstellen – das ist Nick, er wird sich heute immer in der Nähe aufhalten, keiner kann uns zu nahe kommen!" Das war durchaus verständlich – schließlich war er Harry Styles. Lächelnd schüttelte ich ihm die Hand, dann griff Harry nach meiner Hand und grinste mich verschmitzt an. „Na, Freundin? Möchtest du ein Eis?"

Eine halbe Stunde später schlenderten Harry und ich Hand in Hand an der Themse entlang. Genüsslich schleckte ich an meinem Lieblingseis: Pfefferminz mit Schoko. 

„Hast du schon was aus L.A. gehört?", fragte er mich dann und sah mich erwartungsvoll an. Sofort begann ich wie verrückt zu grinsen. Noch immer konnte ich nicht glauben, was mir Amanda heute mitgeteilt hatte. Ich würde tatsächlich die Hauptrolle spielen, Ridley Forster wollte mich und keine andere. 

„Ich hab's geschafft!", flüsterte ich und strahlte Harry an. Ungläubig sah er mich an, dann schlang er seine langen Arme um mich und wirbelte mich im Kreis. Glücklich jauchzte ich auf und lachte laut los. „Das ist unglaublich, Lottie, wirklich! Du kannst so stolz auf dich sein!", rief er begeistert. Es war tatsächlich unglaublich – nie hatte ich gedacht, dass ich es wirklich so weit schaffen konnte.

„Um was geht es in dem Film?"

„Naja, eigentlich beginnt es ganz klischeehaft: sie liebt den Badboy, er verändert sich für sie, allerdings beschließt sie dann, ihrer Leidenschaft nachzugehen und zu malen und lässt ihn dafür stehen. Sie ist nicht mehr das kleine Mädchen, sie braucht keinen Kerl, um auf eigenen Beinen zu stehen!", erklärte ich ihm kurz. Ich freute mich tierisch auf den Film und den Dreh – jedes Set war einzigartig und hatte einen besonderen Platz in meinem Herzen.

„Und wer spielt deinen Zukünftigen?", bohrte Harry nach. Mit gerunzelter Stirn ließ ich meinen Blick über das Wasser schweifen. Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht, ich hatte keine Ahnung, an wessen Seite ich drehen sollte.

„Wie sollte er sein? Groß, dunkelhaarig, grünäugig und unglaublich gutaussehend?", fragte Harry lachend, wofür er einen leichten Schlag auf die Schulter erntete. Hm... wie sollte mein Traummann aussehen?

„Blauäugig. Und relativ groß, sonnengebräunt und blondhaarig!", antwortete ich ihm leise. Sofort verdüsterte sich meine Stimmung. Wieso musste ich auch genau jetzt an Alex denken?

„Dann kann ich wohl nicht mit deinem Idealbild mithalten!", rief Harry enttäuscht und riss seine Augen weit auf. Sofort musste ich wieder lachen. So ein Quatschkopf! Ich wusste genau, dass er nicht meinen Idealvorstellungen entsprechen wollte, genauso wenig wie ich seinen. 

Nachdenklich betrachtete ich sein Profil. Ob er sich mittlerweile mit Louis ausgesprochen hatte? Am Telefon hatte es nach einem ziemlich unschönen Streit geklungen... ich wollte auf keinen Fall zwischen ihnen stehen, ich wollte nicht der Grund für einen Streit sein.

„Harry...", begann ich leise. „Harry, ich mag dich total gerne, aber diese Beziehung hat keinen Einfluss auf unser Privatleben. Jeder lebt sein eigenes Leben und kann machen was er will, nicht wahr? Und wir beide sind einfach Freunde, oder?" 

Zögernd sah ich ihn an. Ich wollte ihn unbedingt wissen lassen, dass ich mich nicht in sein Privatleben einmischen wollte, ich wünschte mir so sehr, dass Louis und er glücklich waren. Erstaunt erwiderte er meinen Blick, dann lächelte er und zwinkerte mir zu.

„Klar sind wir Freunde, Freundin!" Mit diesen Worten griff er nach meiner Hand und pflanzte mir einen Kuss auf die Wange. Schmunzelnd lehnte ich mich an ihn. Niemals wäre ich auf die Idee gekommen, dass Louis und er ein Paar waren. Sie waren wie ein Kompass und ein Schiff – sie gehörten zueinander, keiner konnte ohne den jeweils anderen. Doch niemand durfte davon wissen. Das ganze war doch einfach nur verrückt!

Nervös biss ich mir auf die Unterlippe. Er hatte ein Recht darauf, zu erfahren, dass ich einen Freund hatte. Es wäre ihm gegenüber nicht fair, es zu verschweigen, er sollte wissen, dass er in dieser bizarren Situation nicht alleine war. Wir waren nur Freunde und dabei würde es immer bleiben. Ich hatte Alex und er hatte Louis.

„Harry, ich muss dir etwas sagen!", sagte ich zögernd und atmete tief durch. Aufmerksam sah er mich an und verputzte den letzten Krümel seiner Eiswaffel, dann verfinsterte sich sein Blick plötzlich.

„Dort drüben haben wir einen netten Freund", knurrte er mit zusammengebissenen Zähnen und sah in die Ferne. Und tatsächlich – zwischen den Bäumen erblickte ich jemanden mit einer großen Kamera, der uns ohne Zweifel schon seit Längerem folgte. In sicherer Entfernung schoss er ein Foto nach dem anderen. 

Zögernd sah mich Harry an, es sah beinahe so aus, als würde er mit sich ringen. Dann, nach einer gefühlten Ewigkeit, regte er sich. 

„Lottie Williams, darf ich dich küssen?"

CluelessWhere stories live. Discover now