29. Heulsusen

542 43 22
                                    

„Holly, aufwachen, wir landen gleich!"

Murrend setzte sich die Schlafmütze auf und rieb sich ihre Augen. Holly brauchte tatsächlich mehr Schlaf als Liz und ich zusammen – vielleicht weil sie den restlichen Tag nur so vor Energie strotzte.

Der Flug war ohne Probleme verlaufen, doch ich war froh, nach dem stundenlangen Flug wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Holly hatte die meiste Zeit in einem kleinen Büchlein gemalt, doch sie ließ mich keinen Blick darauf werfen. Immer wieder hatte sie versucht herauszufinden, was gestern Abend passiert war, doch ich wollte ihr nicht von meinem Gespräch mit Niall erzählen. 

Ich würde den Moment hüten wie einen Schatz, noch nie hatte mich jemand so mit seinen Worten berührt. Ich hatte Niall ein Versprechen gegeben und würde dieses ich auch nicht brechen. Nicht nur für ihn oder mich, sondern auch für Harry. 

Immer wieder wanderten meine Gedanken zu dem jungen Mann, der mich damals über den Haufen gerannt hatte. Deshalb kam er mir so bekannt vor – immerhin war er ein Weltstar und ehemaliges Mitglied der wohl erfolgreichsten Boyband aller Zeiten.

Endlich hatte ich die Antwort auf meine Frage, die Frage, die mich seit Wochen beschäftigte: Wieso brauchte Harry Styles jemanden, der seine Freundin spielte? Die Antwort war eigentlich ganz einfach. Er würde niemals eine richtige Freundin haben. Nur Louis.

Deshalb war Louis so wütend auf Jeff gewesen und bei unserem allerersten Meeting im Studio gewesen – sicher hatten Harry und er die Sache gemeinsam beschlossen, genau wie Alex und ich.

Alex.

Was er gerade machte? Ob er wohl an mich dachte? Sofort stiegen Tränen in meine Augen, als ich an ihn dachte. Ich wünschte mir nur, dass alles wieder gut werden würde, ich wollte Alex zurück. Ich wollte einfach nur, dass alles wieder wie früher war.

______

„Lottchen!" Liz stürmte auf mich zu und umarmte mich. Lachend ließ ich meinen Koffer fallen und zog sie ebenfalls in eine Umarmung. Hollys sah sie aus ihren verklebten Augen lächelnd an, pflanzte mir einen Kuss auf die Wange und verschwand Richtung U-Bahn. 

Es tat gut, wieder in London zu sein, auch wenn ich nur einige Tage weg war. Hier fühlte ich mich sicher, hier war alles vertraut. London begrüßte mich mit einem leichten Nieselregen, sogar die kleinen Tropfen auf meiner Haut hatte ich vermisst.

„Lottie Williams, ein Foto!" Schnell sah ich mich um, als ich meinen Namen hörte. Nicht weit von mir entdeckte ich einen mit einer Kamera bewaffneten Mann, der auf Liz und mich zueilte. „Lottie, warst du bei Harry Styles Konzert? Wie steht ihr zueinander? Was hast du in L.A. gemacht?"

Ich antwortete nicht auf seine Fragen, sondern schenkte ihm nur ein schüchternes Lächeln, dann zog mich Liz weiter zu ihrem kleinen roten Wagen.

„Mann, die können so anstrengend sein! Ein Glück, dass er nicht zur hartnäckigen Sorte gehört!", rief sie entrüstet und schüttelte sich die Tropfen aus dem Haar. Lachend stimmte ich ihr zu und legte den Sicherheitsgurt an. Ich freute mich auf Zuhause und mein eigenes Bett. Doch am meisten freute ich mich auf Alex.

_______

„Hallo?" Erst nach dem siebten Tuten vernahm ich seine Stimme. Seine unglaublich attraktive tiefe, raue Stimme.

„Ich bin's, Lo." Eine kleine Weile herrschte Schweigen, Alex antwortete nicht sofort. Dann ertönte seine leise Stimme. „Schön, dass du anrufst. Ich freue mich, von dir zu hören!"

Aufgeregt zupfte ich an meinem Bettlaken. „Wie geht es dir? Wir haben uns ja eine Weile nicht gehört", fragte ich ihn schüchtern. Es war merkwürdig, mit ihm zu reden. Wir stritten uns nicht und doch lag eine gewisse Spannung in der Luft. Ich hörte, wie er pfeifend ausatmete. Also schien nicht nur ich das ungute Gefühl in der Magengegend zu haben.

„Ich weiß...", murmelte er dann. „Ich hab einfach ein bisschen Zeit für mich gebraucht. Ein bisschen Abstand, ich musste einfach mal nachdenken."

Ich konnte seine Worte kaum verstehen, nur leise vernahm ich sein Wispern an meinem Ohr. Schnell schloss ich meine Augen. Ich wollte nicht schon wieder weinen, ich hatte in der letzten Zeit oft genug geweint. Heulsuse.

„Wie war es in L.A.?", fragte er mich dann. Verblüfft über den plötzlichen Stimmungswechsel setzte ich mich auf. „Ich glaub es war ganz okay, das Ergebnis des Castings wird uns in den nächsten Tagen mitgeteilt", erklärte ich ihm und begann auf der Rückseite eines Skripts bunte Muster zu malen. 

„Das ist toll, ich freue mich für dich!" Und da war es wieder, das warme Gefühl, das sich immer ausbreitete, wenn ich bei Alex war. Nur fühlte es sich dieses Mal anders an – es war da, aber dennoch weit entfernt.

„Lo... ich weiß ich habe mich wie der größte Arsch der Welt aufgeführt. Du hast keinen Grund mir zu verzeihen, ich weiß, aber... ich hab die Fotos mit diesem komischen Sänger gesehen und ich hab mir vorgestellt, wie es wäre, dich wirklich an ihn zu verlieren. Dann konnte ich einfach nicht mehr klar denken und ich hab versucht mich irgendwie abzulenken, um dir deinen großen Moment nicht kaputt zu machen, aber ich habe wahrscheinlich genau das getan. Ich liebe dich so, so sehr, Lottie, du weißt gar nicht wie sehr. Und ich möchte dich hier bei mir haben und-" Ich vernahm ein lautes Schluchzen. 

Na, da haben sich ja zwei Heulsusen gefunden.

„Ich vermisse dich einfach, Lottie!" Sprachlos starrte ich auf das Muster, das ich gemalt hatte. Deutlich zierten die zwei Buchstaben L.A. die Rückseite meines Skripts. Die Stadt meiner Träume. Die Stadt der Engel. Die Stadt, in der mir durch Niall klar wurde, was Liebe bedeutete.

Ich liebte Alex, daran zweifelte ich keine Sekunde. Genauso wie Harry Louis liebte. Und genau wie Alex und ich mussten sie ihre Beziehung geheim halten, damit Harry und ich zusammen sein konnten. Es war so verrückt! Noch immer konnte ich es nicht glauben, jeden Tag wurde ich aufs Neue vom Leben in der Öffentlichkeit überrascht.

„Sag doch was!"

„Ich vermisse dich auch", murmelte ich leise und malte kleine Musiknoten um L.A.

...ganz sanft lässt uns die Liebe schweben, sie lässt uns fliegen, ganz zärtlich und doch mit so viel Kraft...

Und dann ließ sie uns plötzlich fallen.

„Es ist doch alles gut zwischen uns, oder?", fragte er mich vorsichtig, als hätte er Angst vor meiner Antwort. Sehnsüchtig dachte ich an sein Lächeln, seine Umarmungen, das Gefühl, wenn sich seine weichen Lippen an meine schmiegten...

„Ja, es ist alles gut!"

Er würde bald wieder da sein. Dann war alles wieder gut.

Gedankenverloren blickte ich auf meine Zeichnung. Ein großes in Flammen aufgehendes Herz umrahmte die beiden Buchstaben.

Und dann, urplötzlich stockte mir der Atem. Panisch blickte ich auf meine andere Hand, doch er war nicht da.

Alex Ring war weg.

Boom, die Bombe ist geplatzt. Ich hatte soo Angst, die Kapitel hochzuladen und ganz ehrlich: ich hab auch vor den kommenden Angst :D ich habe das Gefühl, dass sich alle etwas ganz anderes erwarten und ich den Erwartungen nicht gerecht werden kann, aber naja... ich hoffe ihr seid vom Verlauf der Geschichte nicht zu sehr enttäuscht, aber wie gesagt – ich wusste das Ende von Anfang an. Die Geschichte entstand in meinem Kopf und war schon zu Ende, bevor ich das erste Wort getippt habe. Alles, was passiert, war von Anfang an durchdacht und geplant und ich hoffe einfach nur, dass ihr jetzt nicht abgeschreckt seid und trotzdem weiterlesen wollt.

Ich habe wirklich Bammel vor euren Reaktionen zu diesem und den nächsten Kapiteln, also seid bitte lieb zu mir :D

PS: Danke für die vielen Kommentare und Votes, das ist einfach unglaublich!!

CluelessWhere stories live. Discover now