11. Kapitel

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Verwirrt starrte ich ihn an, schüttelte aber seine Hand, die er mir entgegenstreckte und zwang mich zu einem Lächeln. Er war einer von Harrys ehemaligen Bandkollegen, ich hatte ihn auf einigen Postern gesehen, doch wer er von den vieren war, blieb mir ein Rätsel. 

Woher wusste er, wer ich war? Harry hatte im Auto weder telefoniert oder sonst irgendwas über mich zu ihm gesagt, das hätte ich mitbekommen. „Ich bin Niall, aber ich schätze, das hat dir Harry gesagt!", meinte er und vergrub seine Hände in den Hosentaschen, während er Harry eindringlich ansah. 

Moment – was hatte ich verpasst? Ich musste kein One-Direction-Kenner sein, um zu wissen, dass die beiden gerade eben eine stumme Konversation mit ihren Blicken führten. Was war hier los? Und was in aller Welt war passiert, dass Harry so still geworden war? Gerade jetzt erinnerte er mich an den Harry damals im Meeting, als ich ihn das erste Mal gesehen hatte. Er war genauso abweisend und ernst gewesen wie jetzt – beinahe schon traurig. Er wirkte so verletzt!

„Na los, kommt mit", murmelte Niall schließlich und unterbrach die unangenehme Stille. Mit schnellen Schritten verschwand er im Nebenraum, Harry folgte ihm, den Blick immer noch nach unten gerichtet.

„Was zum Teufel ist denn mit euch passiert?", flüsterte Niall ihm zu, doch Harry ignorierte ihn einfach. Wahrscheinlich wollte Niall nicht, dass ich ihn hörte, doch ein Meister im Leise-Reden war er definitiv nicht. Ich wollte gar nicht wissen, wie ich zurzeit aussah – bleich, verweint, verquollene Augen, verlaufene Schminke... Das volle Programm! wisperte meine kleine Stimme feixend.

Zögernd folgte ich den beiden. Nun wusste ich, wem das atemberaubende Appartement gehörte – niemand geringerem als Niall Horan höchstpersönlich. Harry Styles hatte mich nicht nur durch halb London kutschiert, er brachte mich auch noch nach Hause zu Niall Horan. Tausende Mädchen würden jetzt mit mir tauschen wollen, doch ich wollte einfach nur nach Hause zu Liz. 

Zu Alex.

 Ich versuchte mit ihren schnellen Schritten mitzuhalten, doch ich ging nur einige Meter, dann knickten meine Knie ein. Erst jetzt bemerkte ich, dass mich Harry halb getragen hatte, als er mich zum Auto gebracht hatte und wie wenig Gewicht ich selbst von mir tragen musste. 

Instinktiv griff ich nach der Türklinke und hielt mich daran fest, während sich die Welt vor meinen Augen zu drehen begann. Nur nicht schlappmachen! Anscheinend ging es mir doch nicht so gut, wie ich vermutet hatte, mein Kreislauf ließ mich schon wieder im Stich.

„Woah, pass auf!" Sekunden später griff mir jemand unter die Arme und half mir, aufrecht zu stehen. Es war nicht Harry, das erkannte ich sofort. „Alles okay?", fragte er mich und musterte mich besorgt mit seinen blauen Augen. 

Beschämt nickte ich. Ich wollte nur mehr weg hier, ich wollte den heutigen Nachmittag vergessen und den bescheuerten Vertrag am liebsten in tausend Stücke zerreißen. Wie konnte ich so dumm sein, ich wusste doch genau, dass ich Platzangst hatte! Worauf hatte ich mich nur eingelassen?

Plötzlich wurde ich durch die Luft gewirbelt, als wäre ich ein Fliegengewicht und Niall trug mich mit schnellen Schritten ins Nebenzimmer, wo er mich auf einem Sofa niederließ. Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen, doch es war zu spät: schon kullerten die Tränen über meine Wangen. 

Noch nie in meinem Leben hatte ich mich innerhalb so kurzer Zeit dermaßen blamiert: vor Harry, Niall, der Öffentlichkeit. Ich schämte mich sogar vor mir selbst.

Hilflos stand Niall neben mir und trat von einem Fuß auf den anderen. „Brauchst du was? Trinken, Essen, Klamotten, sonst irgendein... Zeugs?", fragte er mich sichtlich überfordert und reichte mir ein Taschentuch. Ich schluckte den dicken Kloß in meinem Hals nach unten. 

CluelessWhere stories live. Discover now