15. Kapitel

591 43 14
                                    

„Ich dachte schon du bleibst nie stehen", grunzte mir eine Stimme ins Ohr.

Mein Herz raste, ich machte mich bereit zu schreien. Ich wollte meinen Angreifer treten, ihn von mir stoßen, kreischen und brüllen und ihm am liebsten eine klatschen, doch nichts dergleichen geschah. Ich war wie gelähmt.

„Jetzt komm schon, ich hab nicht ewig Zeit", sagte er mit rauer Stimme und lockerte den Griff um meinen Arm. Mein Atem stockte, doch dann drehte ich mich irritiert um.

Die Stimme hatte ich doch schon mal gehört! Im Dunkeln erkannte ich nur seine Silhouette, doch das genügte mir. Was zum Teufel machte er hier?

„Peter! Der schweigsame Peter!", platze es aus mir heraus. Verwirrt starrte er mich an, doch ich nickte nur schnell und bestätigte meine Worte nochmals.

„Du bist Peter!"

„Möglich!"

„Was machst du hier?"

„Dich nach Hause bringen."

Baff folgte ich ihm, während er mich zwar sanft, aber bestimmt in die Richtung des Autos bugsierte. „Ich kann auch alleine laufen...", grummelte ich, doch Peter reagierte nicht darauf. Idiot. Wieso waren alle männlichen Wesen solche Arschlöcher? Harry, Alex, Peter... die Liste würde ewig weitergehen.

Schnell setzte ich mich auf den Beifahrersitz und legte den Sicherheitsgurt an, dann kam mir plötzlich ein Gedanke.

„Wie hast du mich gefunden? Woher wusstest du wo ich war? Hey – bist du mir gefolgt?", herrschte ich ihn an. Meine Emotionen gingen heute wirklich mit mir durch, ich hatte mich überhaupt nicht mehr unter Kontrolle.

Wahrscheinlich würde ich überhaupt keine Antwort vom schweigsamen Peter bekommen.

„Styles hat den Wagen mal wieder stehen lassen, den musste ich abholen. Dann hab ich dich aus dem Haus kommen sehen und dachte ich schau mal nach, was da los ist und bin dir gefolgt."

Verblüfft starrte ich ihn an – seine Erklärung ergab durchaus Sinn. „Oh... okay. Na dann, dankeschön", murmelte ich beschämt. Schon wieder hatte ich meine vorlaute Zunge nicht unter Kontrolle gehabt und musste alles sofort sagen, was mir durch den Kopf schoss.

Gemächlich startete er den Motor und fuhr in die Richtung, aus der ich vorhin gekommen war. Er war definitiv der schnellste und gesprächigste Chauffeur, den man mir anbieten konnte.

Wir kurvten durch die dunklen Straßen Londons, dann fiel mir plötzlich etwas ein.

„Warte – ich habe dich doch heute gesehen, oder? Heute Nachmittag, als die ganzen Paparazzi aufgetaucht sind. Du warst dabei!"

Überrascht schaute er mich an, starrte dann aber wieder auf die Straße, doch ich wandte meinen Blick nicht ab. Er war mir eine Erklärung schuldig!

„Ähm... joah"

„Und wieso?"

Stille. Er war ein Teil von Harrys Management, wieso machte er dann Fotos von ihm? Er musste ihm doch andauernd über den Weg laufen...

Dann sog ich scharf die Luft ein und plötzlich war alles ganz klar: Er führte ein Doppelleben, er arbeitete eigentlich für irgendeine labbrige Zeitschrift und spionierte Harry und mich aus, indem er den Chauffeur für mich spielte. Deshalb sagte er nie etwas, aus Angst sich zu verraten!

In meinem Kopf fügten sich alle Puzzlezeile zu einem großen Bild zusammen. Ein Bild, das mir gar nicht gefiel. Sofort spannte sich mein ganzer Körper an, nachdem ich diese Erkenntnis gemacht hatte.

„Halt an, lass mich raus!", sagte ich aufgeregt, mein Herz begann zu rasen. „Wieso?", fragte mich Peter seelenruhig und dachte gar nicht daran, anzuhalten.

Hektisch zerrte ich am Sicherheitsgurt. „Du... Agent!", platze es aus mir heraus. Jetzt hielt er trotzdem an und starrte mich mit großen Augen an. Fuchsteufelswild starrte ich zurück – ich würde mich ganz bestimmt nicht ausspionieren und hinters Licht führen lassen, schon gar nicht von dem Rotschopf!

Doch dann passierte etwas, das mich mehr als alles zuvor verblüffte: Peter brach in lautes Lachen aus. Er lachte sich neben mir auf dem Sitz schlapp und wischte sich die Tränen aus den Augen, nachdem er sich ein wenig beruhigt hatte.

„Wie hast du mich genannt?", fragte er mich glucksend. Langsam löste ich meine Hände wieder von Türgriff. „Agent?", antwortete ich kleinlaut. Die nächste Lachsalve folgte. Na, wenigstens einer hatte seinen Spaß.

„Okay, okay, ich erkläre es dir. Wer weiß, sonst lande ich wegen dir noch im Knast", sagte er immer noch kichernd, was überhaupt nicht zu seiner großen, schrankmäßigen Statur passte.

Grimmig verschränkte ich meine Arme vor der Brust – auf die Erklärung war ich gespannt.

„Jeff will es so."

Moment, wie bitte? Es gab genügend Paparazzi und außerdem konnte Peter Harry doch einfach im Studio fragen, ob er Fotos von ihm machen dürfte... ich verstand die Welt nicht mehr.

„Du bist nicht die Einzige, die hier engagiert wird, anderen was vorzuspielen, meine Liebe. Die Mädels von heute Nachmittag – sie haben alle einen kleinen, aber feinen Tipp bekommen und vielleicht auch Karten für das nächste Konzert von Harry Styles, wenn sie ganz laut seinen hübschen Namen schreien. Wenn ein gewisser jemand mit einer überdimensionalen Kamera rumläuft und damit blöde Fotos macht, dann sehen das auch andere Journalisten und wollen Bilder haben und folgen dem komischen Typen mit der schweren Kamera. Ich hab jetzt schon Muskelkater von dem blöden Ding. Und huch – ganz zufällig trifft der Typ auf einen großen Star mit seiner neuen Freundin, die Security ist dummerweise auch nicht da, um die Paparazzi abzuschirmen. Mund zu, meine Liebe, das sieht auf potentiellen Fotos nicht gut aus!"

Mit weit aufgeklappter Kinnlade starrte ich ihn an. Ich war sprachlos. Ich wusste, dass im Showgeschäft vieles gespielt wurde, doch das... damit hätte ich niemals gerechnet, ich hätte es mir nicht in meinen wildesten Träumen ausmalen können.

Das war alles so geplant gewesen! Und Harry hatte davon gewusst – deshalb hatte er mich immer von den Security-Beauftragten weggezogen. Das war alles nur Show! Es war alles genau geplant gewesen – nur ich war nicht eingeweiht gewesen.

Und hatte mit meiner Platzangst allen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ob Amanda davon gewusst hatte?

Endlich klappte ich meinen Mund wieder zu. Wahnsinn. Das war der totale Wahnsinn. Und ich war mitten drin.

CluelessOnde histórias criam vida. Descubra agora