So führt man eine Plantage

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Kapitel 11
*** So führt man eine Plantage ***
2. Dezember 1762


Wie schon so oft in der Vergangenheit, wurde ich vor Alex wach und in diesem dämmrigen unwirklichen Licht, konnte ich nur eine vage Kontur ihres Körpers wahrnehmen.
Aber dieser gleichmäßige Atem und ihre warme Haut an meiner Seite, ließen meine Fantasie in die unendlichen Tiefen der Gosse abrutschen und wenn ich ehrlich bin, ich hatte Nachholbedarf. Auch wenn es sich noch schmutziger und lüsterner anhört, als es gemeint ist.
Vorsichtig zog ich die Decke von ihr, ließ mich zwischen ihre Schenkel gleiten und meine Hände fuhren langsam über ihren Körper.
Es dauerte nicht lange, da öffnete sie ihre Augen und lächelte mich verschlafen an, als ich grinsend meinte, endlich sei sie wach.
„Wie ich sehe, du auch schon, mi amor, und es scheint, du hast auch schon konkrete Pläne." und sie wollte mich schon zu sich hinunter ziehen.

Meine „konkreten Pläne" sahen aber vor, dass ich mir einfach das nahm, was mir gehörte und meine Verlobte ergab sich laut stöhnend ihrem Schicksal. Wir hatten tatsächlich einiges nachzuholen, doch beide genossen wir den anderen und ließen uns in dieser Lust dahintreiben.
Als ich ihren Höhepunkt spürte, war es auch um mich geschehen und ich konnte nur noch ihren Namen an ihrer Schulter flüstern.
„So lasse ich mich übrigens gerne wecken, da kann sogar der Kaffee nicht mithalten, mi amor!" vermutlich sollte ich diesen Satz als Kompliment einfach hinnehmen, aus ihrem Munde war es wohl auch eines.

„Wie spät ist es eigentlich und... warum bist du schon wieder wach, Haytham?" da konnte ich Alex aber beruhigen, verschlafen hatte sie nicht und ich war ja auch nicht länger wach als sie.
Und leider hatte uns der Alltag jetzt wieder, doch es musste sein und ich scheuchte meine Verlobte aus dem Bett. Wir hatten den Termin mit den Pächtern und Arbeitern nach dem Frühstück und es war schon fast sieben Uhr, wenn ich mich nicht täuschte.
Ohne weiter zu murren, schlängelte sie sich unter mir weg und als ihre Füße den Boden berührten, sah ich, wie sie erzitterte. Entschuldigt, aber ein leises Lachen konnte ich mir bei diesem Anblick einfach nicht verkneifen!
„Was? Es ist halt kalt, ich bin so etwas einfach noch nicht gewöhnt, Haytham." vermutlich war es in ihrer Wohnung immer warm, doch hier? Es ist nun einmal Winter, daran musste sich Alex jetzt gewöhnen.

Wir machten uns fertig, doch als ich sah, wie sie mit ihren Haaren kämpfte und fluchte wie ein betrunkener Pirat, verzeih mir Vater!, musste ich einschreiten.
Ich rief kurzerhand nach Magda, sie war meine erste Wahl, ich wusste, dass sie das Haare schneiden zum Beispiel bei vielen der Angestellten hier übernahm.
Es dauerte nicht lange, da erschien sie hier und ich wies sie an, solange als Kammerzofe für meine Verlobte zu arbeiten, bis wir die Stelle anderweitig besetzen würden. Mit einem Knicks und einem erfreuten Lächeln ging sie dazu über, Alex nun bei diesem Gewirr aus dunkelblonden Knoten zu helfen.

Im Esszimmer erwartete uns das Frühstück, doch es war dieses mal kein wollüstiger Laut von Alex zu hören, als sie ihren Kaffee bekam.
Unterdessen erhielt ich einiges an Post und machte mich daran, die einzelnen Briefe zu überfliegen und meine Verlobte schnappte sich die Zeitung.
Ich ertappte mich wieder dabei, wie ich diese Frau für einen Moment einfach anstarrte. Es war immer noch nicht ganz real, dass sie wieder bei mir war... Vermutlich wird es wirklich noch ein wenig dauern, bis wir beide in der Realität angekommen sind.

Dann war es Zeit für die versprochene Waffenübergabe und die dazugehörige Einweisung. Ich hatte Jones und zwei weitere Diener beauftragt, einige Pistolen, Musketen und Schwerter aus der Waffenkammer zu holen.
Vor unserem Haus hatten sich alle Familien eingefunden und nach der Begrüßung fragte ich, wer schon Waffenerfahrung besaß und wer noch eine Einführung und Übung brauchte.
Bis auf ein paar wenige hatten alle Männer Erfahrung im Umgang mit Waffen und das beruhigte mich. Wir verteilten nun alles aus der Waffenkammer und Mr. Robinson würde anschließend den wenigen Unerfahrenen noch zur Seite stehen.
Nachschub für Munition würden die Männer bekommen oder sich eben selber in Eigenarbeit anfertigen.

Nun ging es noch darum, dass wir eine Wache hatten, Leute die nicht nur Nachts, sondern auch Tagsüber Patrouille liefen!
Meine Pächter waren sich aber schnell einig, dass man niemand fremdes dazu holen müsse. Es gäbe genügend Männer dafür, sogar während der Pflanz- oder Erntezeit konnte die Sicherheit garantiert werden.
Für einen Moment war ich skeptisch, doch ich vertraute in diesem Moment auf die Erfahrung der Leute.
Auch erklärte ich noch einmal ausdrücklich, dass man sich auch an Alex wenden könne, wenn es Fragen oder eben Probleme gab. Jetzt bekam sie einige wohlwollende Blicke und Zuspruch von den Frauen, welche zahlreich mit ihren Gatten und Kindern erschienen waren.

Nach der Verteilung gingen wir mit Mr. Robinson hinein, um die einzelnen Wachabläufe zu besprechen. Für einen Moment sah er Alex skeptisch an, ich erklärte, dass sie Mitspracherecht hätte und in Notfällen ebenso zur Verfügung stand, wie ich auch.
Wir nutzten die Karte des Anwesens und meinen Gedanken, alles in Quadrate zu unterteilen.
„Master Kenway, das ist wirklich eine gute Einteilung des Gebietes. So können sich die Männer fast immer im Auge behalten und kaum jemand könnte durchbrechen. Doch was, wenn die Felder hochbewachsen sind? Das dürfte dann schwieriger werden?" doch auch dafür gab es eine Lösung, die Wachen würden in kürzeren Abschnitten und Zeiten alles ablaufen!
Es war viel Arbeit, ich weiß, doch wir mussten etwas unternehmen und sollte es an Personal entsprechend fehlen, würde ich dieses einstellen!

Als Mr. Robinson nun von dannen zog, lehnte ich mich erleichtert und zufrieden zurück. Ich teilte meine Gedanken Alex mit, dass ich beruhigter bin was die Farmer und ihre Familien betraf.
Zumal unter dieser neuen Bürgerwehr auch die eigentliche Arbeit auf den Feldern nicht zum Erliegen kommen würde.
Das wichtigste jedoch war, dabei zog ich meine Verlobte auf meinen Schoß, dass ich ebenso beruhigt sein konnte, dass ihr nichts passieren konnte, wenn hier Wachen anwesend sein würden. Auch wenn SIE auf mich aufpassen sollte.
„Naja, aber du darfst auch gerne ein Auge auf mich haben. Wer weiß, was ich hier sonst noch alles anstellen werde!"
Warum wusste ich, dass diese Frau so etwas antworten würde? Sie war unglaublich und schlagfertig! Wenn sie sich nicht zusammenreißen würde und zügeln würde, könnte es passieren, dass sie durchaus noch mehr schlaflose Nächte und Tage erleben würde, an denen sie nicht sitzen könne, teilte ich Alex umgekehrt mit.
Gerade, als sie mal wieder eine laszive Antwort geben wollte, erschien ein Bote in meinem Arbeitszimmer und teilte mit, dass sich auf die Ausschreibung für die Besatzung der Jackdaw schon ungefähr 30 Mann gemeldet hätten. Sie erwarteten uns an der Anlegestelle, sprach er weiter und ich schickte ihn zurück, um mitzuteilen, dass wir auf dem Weg seien.

Als die Pferde gesattelt waren, machten wir uns auf den Weg zu der potentiellen Besatzung. Alex freute sich, dass es so schnell ging, damit gerechnet hatte sie nicht. Doch wir hatten hier durch die Flussanbindung den Vorteil, dass Nachrichten auch schneller von A nach B kamen. Vieles sprach sich entsprechend zügig herum, die Nachrichtenkette funktionierte einwandfrei, gerade wenn es um Arbeit ging!
Am Fluss angekommen, sahen wir uns einer Horde von Kerlen gegenüber, welche im ersten Moment nicht unbedingt sehr vertrauenerweckend aussah. Auch meine Verlobte sah für einen kurzen Augenblick etwas sprachlos in die Runde, fing sich aber sofort wieder.
Die Männer hatten einen Vorredner erkoren, welcher sich als Mr. Hargreaves vorstellte.

Dieser war auch der Erste, welchen wir näher befragten und ich spürte, dass Alex ihn für gut befand.
So ging es dann einer nach dem anderem, nur ein einziger der Bewerber wurde von ihr abgelehnt, dieser war voll wie eine Strandhaubitze und völlig ungeeignet in unser beider Augen!
Alle anderen ließen wir anheuern und somit war die Reise nach New York auch gesichert!
In Alex' Gesicht konnte ich diese Freude sehen, dass sie bald Faith wiedersehen würde, was mir aber einen kleinen Stich versetzte. WAS war das zwischen ihnen, wo ich nicht gegen ankam? Beide Frauen konnten es nicht erklären, also musste ich es einfach hinnehmen?
Doch ich schlug diesen Gedanken beiseite, wir mussten die Mannschaft entsprechend einteilen, sie unterbringen und versorgen. Da wir in wenigen Tagen aufbrechen würden, blieben sie einfach in den Arbeiterunterkünften, Platz war derzeit ja noch vorhanden.

Wir begaben uns dann auf den Rückweg zum Herrenhaus, weil das Mittagessen an stand und ich sah immer wieder, wie Alex sich verstohlen die Hände rieb. Natürlich fror sie, nur mit Röcken und einem Umhang, aber ohne Handschuhe war es einfach zu kalt. Ich tadelte sie aber nicht, da ich davon ausging, dass Alex selber wusste, dass sie in Zukunft vorsorgen musste.
Im Esszimmer stand meine Verlobte dann für einen Moment am Kamin und wärmte die steif gefrorenen Finger auf und wieder ertappte ich mich, wie ich sie versonnen ansah.
Es war die Art, wie sie sich bewegte, wie sie sich gab. Das Ganze war anders als bei den Frauen hier in meiner Zeit, Alex bewegte sich offener und war auch von ihrem Mundwerk so.
Mit warmen Tee versorgt zogen wir uns nach dem Essen in mein Arbeitszimmer zurück. Es war an der Zeit, dass ich sie mit den Gepflogenheiten auf einer Plantage vertraut machte.

Alleine das Anwesen zu erklären, war schon schwierig, man konnte es sich erst richtig vorstellen, wenn man alles gesehen hatte.
Unter anderem versuchte ich ihr einen Einblick in die Geschäfte zu geben und nahm dazu das Geschäftsbuch des letzten Jahres zur Hand.
„Da sind riesige Unterschiede stellenweise zwischen den Preisen. Gestern noch so, heute schon wieder so. Das ist ja fast wie an der Börse. Woher bekommst du so schnell dann die Informationen? Du musst dich ja irgendwie darauf einstellen können!" waren ihre staunenden Worte und ich fragte mich, woher sie wusste, wie es auf einer Börse oder Auktion aussah.
Aber ich konnte es mir denken, ihre Zeit war eine andere, sie hatte andere Dinge gelernt als Frau. 


Für diese Einführung verging der gesamte Nachmittag, doch es war nicht etwa langweilig und zäh verlaufen, sondern es war sehr angenehm, Alex alles zu erklären. Sie nahm alles auf wie ein, ja es mag seltsam klingen, Schwamm.
Ihr Interesse war nicht gespielt, wie bei so vielen anderen Damen, sondern es war echt. Doch ich musste sie nun auch aus ihrem Trieb herausholen, sich wieder alles durchzulesen, sie hing tief über das Geschäftsbuch gebeugt und bekam kaum mit, dass ich sagte, dass das Abendessen fertig sei.
Mr. Robinson erschien noch einmal und teilte mit, dass alles geregelt sei und die Wachen heute Nacht schon mit der Patrouille anfangen würden. Ich ließ ihm da freie Hand und bedankte mich noch einmal, auch mit der Bitte, dass er mich entsprechend täglich auf dem Laufenden halten sollte.

Außerdem musste ich noch mit ihm klären, wie die Wochen während meiner Abwesenheit abzulaufen hatten. Ich ließ ihm eine entsprechend gefüllte Börse für die Bezahlungen und für Notfälle hier, er hatte eine gewisse stellvertretende Position inne, welche es ihm ermöglichte, Entlassungen oder Neuzugänge vorzunehmen. Er war entsprechend geschult und ich wusste, ich konnte mich auf ihn verlassen.
Bis Ende Januar würden wir in New York bleiben und dann Anfang oder Mitte Februar zurück kommen. In Notfällen standen uns entsprechende Boten zur Verfügung, der Orden hatte eigens dafür einen Stab zusammengestellt, welcher auch für alle anderen Mitglieder zählte!

Während des Essens fragte mich Alex, wie lange wir mit der Jackdaw unterwegs sein würden.
Das erstaunte mich, genau SIE sollte es doch eigentlich wissen, oder nicht? Doch ich antwortete und ihre Augen weiteten sich. Als ich ihr sagte, wir seien je nach Witterung 9 bis 11 Tage unterwegs schüttelte sie sich ein wenig, was mich wunderte. Wovor hatte sie Angst? Seekrankheit?
„Weil ich das letzte Mal vor über 20 Jahren mit ihr so lange gesegelt bin und... ich jetzt doch ein wenig Angst bekomme!"
Ihre Bedenken rührten daher, dass sie die Mannschaft nicht kannte und nicht wusste, ob alles glatt gehen würde. Verständlich, ich konnte sie aber beruhigen, indem ich erklärte, dass ich auch schon auf Schiffen unterwegs war, welche mir nicht vertrauenswürdig erschienen und alles glimpflich ablief.

„Dein Wort in Odins Ohr, mi amor. Da fällt mir ein, wer wird eigentlich Weihnachten noch alles dort sein, Haytham? Ich hoffe doch nicht, dass auch Lady Melanie anreist oder schon angereist ist?" kam es gequält von ihr und ich ahnte, dass sie diese Dame nicht unbedingt wiedersehen wollte, was verständlich war.
Da sie aber eigentlich nicht viel mit ihr zu tun haben würde, verstand ich im ersten Moment nicht, was Alex eigentlich meinte. Dann dämmerte es mir, sie wusste mal wieder mehr, als ich. Darauf angesprochen druckste sie kurz herum.
„Es hat mit meinen Nachforschungen in meiner Zeit zu tun, Haytham..." natürlich!

Und jetzt erhielt ich auch eine weitere Erzählung über ihre Arbeit in ihrer Zeit.
Sie hatten herausgefunden, WO sich das letzte Reiseartefakt befand und zwar beim britischen Ritus. Man ließ sie aber nicht einmal in die Nähe, Alex kam nicht einmal zu Wort. Die Templer dort waren nicht gewillt, ihr zuzuhören geschweige denn, sich auf eine Einigung einzulassen.
Doch was sie jetzt erzählte, war wieder ein seltsames Gefühl für mich. Für sie oder ihre Leute, lagen die Geschehnisse schon über 250 Jahre zurück, Aber sie forschten danach. Ein Spion oder Mittelsmann hatte ihr einige Unterlagen zugespielt, welche ihren Namen in ein schlechtes Licht rückten.
Und niemand anderes als eben Lady Melanie war die Verfasserin dieser Schriften!

Und niemand anderes als eben Lady Melanie war die Verfasserin dieser Schriften!

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Das Tagebuch des Haytham E. Kenway - Die verlorenen Seiten Part 3Where stories live. Discover now