Eingewöhnen!

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Kapitel 2


*** Ich gewöhne mich ein ***

21. September 1760



Der Umzug ist reibungslos von Statten gegangen und ich richte mich in meinem neuen eigenen Heim langsam ein.
Die Ernten stehen an und ich versuche mein Bestmögliches um dem Ganzen gerecht zu werden! Eine ungewohnte Situation, doch ich habe von klein auf gelernt, auch mit solchen Momenten umzugehen.
Durch meine Lektüre hatte ich die Arbeitsabläufe verinnerlicht, die Verarbeitung und den weiteren Prozess vor Augen und konnte so, den Verkauf einleiten. Dieses Jahr war noch nicht von großen Gewinnen geprägt, doch auch das hatte mir Julien prophezeit. Einarbeiten und lernen... das ging einfach nicht von jetzt auf gleich.
Somit sah ich bei der Ernte zu, ritt die Felder ab und sprach mit den Pächtern. So lernte ich sie besser kennen und sie mich! Es war mir immer mehr möglich diese doch sehr schweißtreibende Arbeit zu analysieren und sie entsprechend zu verbessern.


Als dann die ersten Käufer auf meine Waren aufmerksam wurden, konnte ich entsprechende Angebote abgeben... ich war in der Lage, den Handel anzutreiben! Es erfüllte mich mit Stolz und Frieden! Ich war fürs Erste angekommen und ich konnte den Grundstein für Alex und mich legen.


An manchen Tagen fiel es mir wahnsinnig schwer überhaupt aufzustehen, ich musste mich immer wieder selber ermahnen und an meine eigene Disziplin appellieren! Ich vermisste meine Verlobte und meinen neuen Nachbarn erzählte ich, sie wäre noch in Europa, um ihrer Familie ihre Pläne mitzuteilen und sich zu verabschieden. Ich sehnte ihre Rückkehr immer mehr herbei, doch leider konnte ich sie nicht beschleunigen!


Meine Nachbarn. Das war auch eher nett gesagt, sie wohnten mitunter einen ganzen Tagesritt von hier entfernt, bisher waren sie aber alle freundliche und höfliche Menschen. Da ich selber aber nicht der Typ für ständige Gesellschaften, Empfänge oder Dinner bin, war ich auch nicht so erpicht darauf, daraus sehr enge Freundschaften entstehen zu lassen.


3. November 1760




Die Ernte war fast beendet und es hatten sich noch zwei weitere Familien hier auf meinem Anwesen niedergelassen. Alles in Allem war ich zufrieden mit meinem bisherigen neuen Leben.


Heute bekam ich dann Besuch von Charles, welcher, wie er es sagte, eine Auszeit brauchte, von seiner Aufgabe als Verwalter in New York. WAS bitte konnte so anstrengend daran sein? Er war ja noch nicht einmal alleine, er hatte einige Helfer zur Seite gestellt bekommen.
Als ich aber in sein etwas eingefallenes Gesicht sah, konnte ich seinen Unmut regelrecht sehen. Charles schien seine Arbeit nicht gerne zu machen, doch da musste er jetzt durch und von mir konnte er derzeit keine Unterstützung erwarten. Ich war selber zu sehr beschäftigt, alles zum Laufen zu bringen und an eben diesem zu halten!


„Master Kenway, versteht mich nicht falsch. Es ist mir eine Ehre, dass man mir diese wichtige vertrauensvolle Aufgabe übergeben hat, jedoch machen mich diese Nichtsnutze von Helfern wahnsinnig, Sir. Wenn es so weitergeht, werde ich mich nach anderen und fähigeren Männern umsehen müssen!" meinte er übellaunig und sah mich hilfesuchend an.
„Charles, ich werde euch dabei aber kaum zur Seite stehen können. Ich habe hier alle Hände voll zu tun und kann hier zur Zeit auch nicht einfach weg!" erklärte ich ihm meine Situation, es war einfach so.
Ich hatte hier noch keinen Stellvertreter, es gab den Aufseher, doch dieser fungierte nicht als Vertretung für mich. NOCH nicht, muss ich dazu sagen, das Vertrauen musste ich langsam aufbauen.


„Dann hoffe ich, dass die kommenden Monate nicht zu schwer werden, was das geschäftliche in New York anbelangt, Sir. Auch sind mir Dinge zu Ohren gekommen, welche ich eigentlich nicht guten Gewissens unterstützen möchte!" kam es jetzt in einem fast schon verschwörerischen Tonfall von ihm.
„So? Was zum Beispiel, Charles?" im Grunde wusste ich, was er meinte, aber ich wollte es von ihm hören!
„Da werden illegal Waren geschmuggelt, Sir. Sollte das herauskommen, würde mein Ruf darunter leiden bei der Armee!" innerlich musste ich grinsen, sein Ruf hatte schon gelitten und das nicht zu knapp.
Nichts desto trotz brauchten wir ihn aber für den Orden, weswegen er noch meinen Schutz hatte und ich betone das NOCH! Ich hoffte für Lee, dass er sich keine weiteren Eskapaden und Fehltritte erlaubte, sonst könnte ich für nichts mehr garantieren!


Zwei Tage verweilte dieser Hundefreund noch bei mir und wenn ich ehrlich sein darf, war ich froh, als er mit seinen Vierbeinern wieder abzog.
Generell habe ich nichts gegen Hunde, Vater besaß auch immer Hunde, besonders dieser irische Bluthund namens Thatch ist mir in Erinnerung geblieben! Heute weiß ich auch, warum er ihn so nannte, er erinnerte ihn an Edward Thatch, Blackbeard! Alex hatte mir den Zusammenhang erklärt!
Doch ich hatte ein Problem mit diesen verwöhnten Spitzen von Charles, sie waren für ihn wie Familie. Mir kam zum ersten Mal der Gedanke, warum Lee keine Frau an seiner Seite hatte, doch im Grunde konnte ich mir die Antwort auch selber geben. Er war ein schwieriger Mensch, seine Charakterzüge waren nicht immer mitfühlend, eher berechnend. Es war im Grunde so am besten, entschied ich für mich!


Das Tagebuch des Haytham E. Kenway - Die verlorenen Seiten Part 3Where stories live. Discover now