25. März 1761




Ich hatte die letzten Monate ruhig verbracht, hatte an einigen Gesellschaften teilgenommen und auch entsprechende Dinner selber gegeben. Gerade zu meinem Geburtstag und zu Silvester, was besonders die Bassiters erfreute, weil sie nur 5 Stunden von mir entfernt wohnten. Mrs. Bassiter ließ es sich nicht nehmen, mich unter ihre Fittiche zu nehmen „solange meine Zukünftige" noch nicht hier sei!


Die neue Pflanzzeit begann nun und zum ersten Mal, musste ich mich damit auch praktisch auseinander setzen.
Doch ich bekam tatkräftige Unterstützung von Master Donovan, einer meiner Nachbarn, welcher ebenfalls mit Tabak und Weizen handelte. Es sei wichtig, die Felder nicht immer mit dem Gleichen zu bestücken, die Abwechslung sei das A und O. Auch sollte man ein paar Proben beiseite schaffen um die Qualität und die Veränderungen besser im Blick zu behalten.
So verbrachte ich die nächste Zeit wie so oft mit Lernen und Studieren, es lenkte mich von meinen immer schwieriger zu verdrängenden Gedanken an meine Verlobte etwas ab.


Bisweilen waren die Nächte unerträglich, ich bekam häufig nicht genügend Schlaf. Des öfteren hatte ich das Gefühl, als könne ich sie vor mir sehen, sie berühren, ja sogar ihren Duft wahrnehmen. Es war oft unheimlich, ich redete mir jedoch ein, dass das Ganze nicht so schlimm sei und ... genoss diese Momente, wenn ich das so sagen darf.


Heute bekam ich von Charles wieder einmal einen von seinen Bittbriefen, ihm schien die Arbeit über den Kopf zu wachsen.
Doch ich konnte ihm nicht helfen, zumal ich strikte Anweisungen von Lady Melanie hatte, nicht einzugreifen, sondern ihn machen lassen sollte. Sie wüsste schon, warum sie ihn als Verwalter eingesetzt hätte.
Ich hatte ihr zwei oder dreimal geschrieben, dass Master Lee wohl doch etwas überfordert sei, erhielt aber immer nur dieselbe Antwort. Ich solle mich nicht einmischen. NOCH nicht!


In mir keimte aber die Angst, dass er doch etwas falsch machen könnte und was dann? Würde man MICH dafür mitverantwortlich machen, Charles war ja einer MEINER Schützlinge. Ich antwortete ihm mit den immer gleichen Worten, er müsse sich gedulden und weiter lernen, so schwer könne es ja nicht sein.


Der morgendliche Ritt über die Felder gehörte für mich zum Tagesablauf einfach dazu und ich genoss den Frieden für diesen Moment. Die Arbeiter waren allesamt wirklich tüchtig und bekamen Unterstützung von ihren Familien und auch untereinander half man sich hier immer mal wieder aus. Alles in Allem war ich mit der Bewirtschaftung zufrieden und hoffte, es würde so bleiben!


Mein Kammerdiener hatte mich vor einer Woche gebeten, ihn für einige Zeit freizustellen, da er dringende Familienangelegenheiten zu klären hätte. Vermutlich könnte es einige Monate in Anspruch nehmen, nach seiner Aussage. Also war er aufgebrochen, jedoch nicht ohne mir in seiner so eigenen schleimig-höflichen Art, alles Gute zu wünschen.
Ich hatte immer öfter das Gefühl, dass dieser Mann etwas verheimlichte, doch WAS es war, da war ich noch nicht hinter gestiegen.
Vermutlich bildete ich mir das auch nur ein, doch ich hatte eine gute und ausgeprägte Menschenkenntnis, möchte ich annehmen.
Für diese Zeit würde einer der anderen Diener seine Arbeit übernehmen. Ich würde noch einige Gespräche diesbezüglich führen müssen.


*** Das Drama in New York **

3. Dezember 1761




Wo soll ich anfangen? Als im Oktober meine kleine Schwester mit ihrer Familie wieder aus London zurück kam, wurde sie von... ich weiß gar nicht wie ich es sagen soll... von einem völlig leergeräumten Haus ohne Angestellten empfangen!
Doch das war noch nicht alles, Lee hatte alles, was nicht nicht Niet- und Nagelfest war, zu Geld gemacht! Nicht nur im Fort Arsenal herrschte dieses Chaos, nein, auch das Anwesen von Lady Melanie hatte er bei einem Kartenspiel verloren!
In mir kochte diese Wut hoch, dass er nicht ganz bei Sinnen sein kann, so etwas zu tun! Ich hätte eingreifen müssen, doch ich sollte es ja nicht tun, jetzt saß ich aber mit gewissen Schuldgefühlen hier und wäre diesem Verlierer gerne an die Kehle gegangen.


Charles hatte sich aber abgesetzt und wir wussten nicht, wohin er war. Also brach ich auf und half ein wenig bei Shay und Faith mit aus und hoffte, man könne mir verzeihen.
Mittlerweile gab es wenigstens schon einige Möbel wieder, welche man auslösen konnte gegen einen hohen Preis wohlgemerkt. Die Geschäfte jedoch waren nahezu zum Stillstand gekommen und die Vertragspartner, Dimitri, Long und Maria waren fast bankrott dank Charles' Unfähigkeit!


Ich machte mich heute auf den Weg, um wenigstens wieder Bedienstete zu finden, damit Faith nicht alles alleine machen musste. Mit mittlerweile zwei Kindern, war das mit der großen Villa kaum zu schaffen, auch wenn sie mir versicherte, dass sie es gerne machte.
Das glaubte ich meiner kleinen Schwester aufs Wort, doch ihr gesellschaftlicher Stand ließ es nicht zu, dass sie in der Küche stand, dass sie putzte und den alltäglichen Haushalt verrichtete.
Als ich ihr meine Meinung diesbezüglich mitteilte, erntete ich einen bösen Blick und ich wusste, es war ihr lieber in einfachen Verhältnissen zu leben, als dieses ganze, ich nenne es einfach mal, pompöse Getue!


Nebenbei forschte ich nach Charles und eventuellen Hintermännern, welche mir Auskunft geben konnten über seinen Aufenthaltsort. Sollte ich ihn ausfindig machen, wusste ich noch nicht, welche Strafe genau er erhalten würde. Irgendetwas würde mir sicherlich einfallen!
Alleine war ich bei dieser Suche aber nicht, anscheinend gab es noch eine Menge anderer geprellter Kunden, welche hinter ihm her waren. In seiner Haut wollte ich jetzt nicht stecken!, dachte ich des öfteren bei mir.
Doch seine Spuren hatte er gut verwischt, er war halt Templer und ich hatte ihn diesbezüglich ja trainiert! Verdammt!


Am Abend hatte ich drei Diener aufgetan, welche einen tüchtigen Eindruck machten und welche ich auch gleich im Voraus entlohnte, da das Einkommen für die Cormacs noch lange nicht wieder gesichert war!
Master Cormac war es nicht recht, dass ich finanzielle Unterstützung gab und ich versicherte ihm, dass es so etwas wie ein Kredit sei. Welchen ich vermutlich nie zurückhaben wollte, aber dass mussten die beiden ja nicht wissen!

 Welchen ich vermutlich nie zurückhaben wollte, aber dass mussten die beiden ja nicht wissen!

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Das Tagebuch des Haytham E. Kenway - Die verlorenen Seiten Part 3Where stories live. Discover now