Kapitel 40 - Die Tage danach, Schulpokal

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Harry Potter war einen halben Tag früher aufgewacht als ich und hatte so auch schon Besuch bekommen. Hermine und Ron hatten ihm alles viel detaillierter erzählt, als Severus mir und so gab mir Harry flüsternd ihre Berichte weiter. Flüsternd deshalb, weil Madam Pomfrey Ohren für Patienten hatte, die sich ihren Anweisungen widersetzten, wie ein Niffler Gespür für Goldgegenstände.

Wir hatten kurzerhand unsere Betten nebeneinandergeschoben, was Madam Pomfrey mit gehobenen Augenbrauen und nur unter der Auflage von Ruhe erlaubt hatte. Er bot mir ebenfalls an, die Ferien bei ihm zu verbringen, aber nach seinen Erzählungen über Tante und Onkel hatte ich keine gesteigerte Lust darauf. Dafür nahmen Harrys Augen einen sehnsüchtigen Schein an, als ich ihn in meine Ferienpläne bei den Weasleys und Eva einweihte. Er wäre wohl wirklich gerne mitgekommen und ich lud ihn auch dazu ein. Aber Dumbledore hatte ihn wohl zu Ferien bei seinen Verwandten verdammt. Und Dumbledores Wort war zwar nur teilweise Gesetz, man hielt sich aber trotzdem dran.

Am nächsten Morgen nervten wir Madam Pomfrey solange damit, zur Abschlussfeier gehen zu wollen, bis sie schließlich nachgab. Also gingen wir am Abend gemeinsam in die Große Halle. Sie war ganz in Silber und Grün geschmückt, wie Severus es angekündigt hatte. Die meisten Schüler saßen schon schnatternd an ihren Plätzen. Als Harry und ich hereinkamen, endeten alle Gespräche abrupt, nur um dann lauter weitergeführt zu werden. Einige Leute standen sogar auf, um uns besser sehen zu können. Harry ging zu Hermine und Ron und ich setzte mich zu Eva, die mich stürmisch umarmte und alles wissen wollte. Ich erzählte ihr also, wie ich dachte, dass mein Pate ein Anhänger Voldemorts war – ein völlig absurder Gedanke – und wie ich ihn aufhalten ging, nur um dann Quirrell gegenüberzustehen. Den Teil, in dem ich dem Dunklen Lord unabsichtlich geholfen hatte, ließ ich lieber aus. Die Weasley-Zwillinge schräg gegenüber hatten auch so schon viel zu auffällig die Ohren gespitzt. Dean und Seamus direkt gegenüber versuchten erst gar nicht zu vertuschen, dass sie mir ebenfalls zuhörten. Am Ende meiner Erzählung sagte Seamus nur „Wow" und Eva drückte mich ganz fest und sagte, dass ich nie wieder einfach so verschwinden solle. Ich versprach es ihr und wir schmiedeten Pläne für die Sommerferien. Eva beschrieb begeistert, dass wir in einem Hotel gleich bei einer Drachenstation wohnen würden und wir mit Glück vielleicht sogar echte Vampire entdeckten.

Dumbledore am Lehrertisch erhob sich und hielt seine Rede. Um ehrlich zu sein, ließen Eva und ich uns davon nicht stören, zumindest nicht, bis der Slytherintisch in laute Jubelrufe ausbrach. Eva verdrehte genervt die Augen. Ich spähte zum Lehrertisch und entdeckte Severus fein lächelndes Gesicht. Nun, es war kein solches Lächeln, wie er es in meiner Gegenwart hatte, sondern eher ein weniger miesepetriges Gesicht als sonst. Ich musste grinsen.

„Ich habe noch einige letzte Punkte zu vergeben", verkündete Dumbledore und riss mich damit aus meinen Gedanken. „Zuerst an Ronald Weasley für die beste Schachpartie, die in Hogwarts seit langer Zeit gespielt wurde, verleihe ich Gryffindor fünfzig Punkte."

Unser Tisch – und ein radieschenroter Ron – jubelte. Die gleiche Punktzahl verlieh er Hermine, weil sie in einer Paniksituation ruhig geblieben und logisch gedacht hatte. Sie hatte Severus Aufgabe mit dem Rätsel ebenso gelöst wie ich. Fast wurde ich ein bisschen eifersüchtig, weil sie die Punkte verliehen bekam und nicht ich, obwohl ich genau neben dem Dunklen Lord stand. Auch Harrys Mut und Unerschrockenheit wurden mit Punkten bedacht, sogar mit sechzig Stück! Immerhin hatte er den größten Schwarzmagier unserer Zeit jetzt schon zum zweiten Mal aufgehalten. Auch Nevilles Leistungen wurden gewürdigt, auch wenn er nicht im Verbotenen Korridor gewesen war, sondern Harry, Ron und Hermine von Dummheiten abbringen wollte. Er erhielt dafür 10 Punkte. Wer bei dem Lärm der schreienden Gryffindors noch rechnen konnte, der wusste jetzt, dass wir gleichauf mit Slytherin standen. Am Lehrertisch war Severus wieder schlecht gelaunt wie eh und je.

„Und schließlich", sagte Dumbledore. „Verleihe ich sechzig Punkte an Eleonora Black, die sich alleine gegen Voldemort stellen wollte und sich dafür sogar gegen ihren Paten gestellt hätte."

Eva kreischte mir ins Ohr. Ich konnte es noch gar nicht richtig fassen. Wir hatten gewonnen! Und das hatten wir unter anderem mir zu verdanken! Sechzig Punkte. Das waren genauso viele, wie Harry erhalten hatte! Und der hatte immerhin wirklich etwas geleistet.

Dumbledores Änderungen an den Farben der Wandbanner fielen bei dem Lärm in der Großen Halle fast gar nicht auf. McGonagall schüttelte die Hand eines genervten Snapes und ich konnte nicht aufhören zu grinsen. Die Zwillinge waren sogar auf den Tisch gesprungen und führten um die goldenen Teller herum einen Freudentanz auf. Dean und Seamus waren über den Tisch geklettert und hatten mich ebenfalls umarmt. Dean hatte mich in einer Übersprunghandlung sogar auf die Wange geküsst. Eva neben mir hob die Augenbrauen und zeigte mir somit, dass sie mir später damit in den Ohren liegen würde. Das tat sie dann auch und auch dann noch, als wir Erstklässler mit den Booten über den See zum Hogwarts Express fuhren. Unsere Zeugnisse waren alle ganz gut gewesen, meines Wissens nach hatte sogar der gesamte Jahrgang bestanden. Ich hatte an einem Abend die Chance genutzt, Tipsy in der Küche zu besuchen und ihr für alles zu danken, was sie für mich getan hat. Sie war trotz ihrer grünlichen Hautfarbe rot angelaufen und hatte fast geweint vor Freude. Ich freute mich ebenfalls schon, sie wiederzusehen und auf ein neues Jahr in Hogwarts. Nächstes Jahr würde ich mich nicht mehr in Abenteuer einmischen, sondern einfach nun die Zeit dort genießen und sie mit meinen Freunden verbringen. Und vielleicht würde ich auch etwas mehr Momente mit Dean teilen, nachdem Eva quasi schon mein gesamtes Leben mit ihm durchgeplant hat. Von Hochzeit über drei Kinder bis hin zu fünfzehn Enkeln hatte sie dabei nicht den kleinsten Augenblick weggelassen. Ich war mir da nicht so sicher. Aber ich hatte ja die gesamten Sommerferien über Zeit, mir über meine und seine Gefühle – sofern da welche waren – Gedanken zu machen.

Im Zug teilte ich mir das Abteil mit den Zwillingen, ihrem Freund Lee Jordan und eigentlich auch Eva, doch die war meistens bei ihren Freunden aus anderen Häusern unterwegs, die sie – anders als mich – die Ferien über nicht sehen würde. Das konnte ich ihr nicht verdenken. Wir fuhren im Bahnhof ein und da war Eva plötzlich wieder bis über beide Ohren strahlend da. Wir schleppten unsere Koffer ganz ohne Magie auf den Bahnsteig und verabschiedeten uns dort noch einmal von unseren Freunden. Die erst Hälfte der Ferien würde ich bei den McNamaras in Rumänien verbringen und dann mit Charlie Weasley, der dort als Drachenwärter arbeitete, in den Fuchsbau zu den Weasleys apparieren.

Ich freute mich schon darauf, in etwa zwei Monaten wieder hier zu stehen und nach Hogwarts aufzubrechen. Denn das war mittlerweile zu meinem Zuhause geworden.


ENDE DES ERSTEN TEILS

Eleonora Black und der Verbotene Korridor ∥ Ⅰ ∥ AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt