Kapitel 31 - Streit wegen Steinen

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Harrys Geschichte war ungeheuerlich. Er warf Snape vor, Quirrell zu erpressen, nur um an irgendeinen Stein zu gelangen. Offenbar hatten sich die drei schon weitaus länger damit beschäftigt und wussten auch alle, was mit dem „Stein", „Flamel" und „Fluffy" gemeint war. Da sie es wussten und ich mir doof dabei vorkam nachzufragen, wartete ich lieber erstmal seine Geschichte ab. Doch auch als er geendet hatte, konnte ich ihm nicht glauben. Mein Pate, der unbedingt an einen Stein gelangen wollte? Der mit dem Dunklen Lord persönlich arbeitete? Schon klar, weder die Malfoys, noch Snape waren seinen Ideen besonders abgeneigt und soweit ich wusste, hatten sie sich sogar den Todessern angeschlossen, aber das hatten sie bestimmt nur getan, um sich zu schützen. Oder? Ein kleiner Teil von mir glaubte Harrys Geschichte und auch, dass Snape im Interesse des Dunklen Lords handelte. Der Rest von mir konnte und wollte das nicht annehmen. Deshalb reagierte ich auch recht empfindlich und warf Harry vor, dass er die Situation bestimmt missinterpretiert hatte. Anders konnte es einfach nicht sein. Als er sah, dass auch Hermine und Ron nicht vollends überzeugt waren, machte er ein verzweifeltes Gesicht. „Kommt schon, ich lüge euch doch nicht an", sagte er mit flehender Stimme. Hermine versuchte ihn versöhnlich zu stimmen. „Wir glauben dir doch, Harry. Aber kann es nicht vielleicht sein, dass du die Situation missinterpretiert hast?"

„Nein", antwortete er entschieden. „Ich weiß, was ich gesehen habe."

„So? Du weißt es? Ich weiß es aber nicht. Snape ist nämlich nicht so schlecht, wie er sich immer präsentiert und ganz bestimmt auch nicht so, wie du ihn hier hinstellst", entgegnete ich mit verschränkten Armen. Um ehrlich zu sein, ich wusste immer noch nicht ganz, was ich davon halten sollte. Einerseits vertraute ich meinem Paten mittlerweile und er schien sich auch durchaus echte Sorgen um mich zu machen. Andererseits hatte er auch heute beim Spiel wieder bewiesen, dass er mir vielleicht tatsächlich helfen wollte, dabei aber stets auch sein eigenes Wohl und Ziel vor Augen hatte. Konnte ich ihm wirklich so bedingungslos vertrauen? Ich wusste es nicht und das machte mir eine Heidenangst. Und umso mehr Harry gegen den Zaubertränkelehrer wetterte, desto mehr hielt ich dagegen. Auch, wenn ich ihm mehr glaubte als ich wollte.

Später fand noch eine ausschweifende Party im Gemeinschaftsraum statt, die ich allerdings auf meinem Zimmer verbrachte, nachdem ich mir einige Leckereien (und Eva) geschnappt hatte. Harry war sauer auf mich, weil ich ihm nicht glaubte. Und weil Hermine und Ron auch eher auf seiner Seite standen, hielten sie sich den restlichen Abend und die nächsten Wochen fern von mir. Ich hatte aber Eva, die zu mir hielt, nachdem ich ihr alles erzählt hatte. Trotzdem war sie geneigt, Harry Glauben zu schenken. Mir zuliebe hielt auch sie sich trotzdem von den dreien fern. Vor Dankbarkeit hätte ich sie abknutschen mögen.

Die bald stattfindenden Abschlussprüfungen standen an und ließen kaum Platz für Sorgen und Gedanken, die nicht mit dem Unterricht zu tun hatten. Die Lehrer gaben uns noch mehr Hausaufgaben auf, als das ganze Jahr zusammen. Snapes Erlaubnis, die Verbotene Abteilung zu betreten, nutzte ich zwar noch, aber hauptsächlich, um Hermine, Ron und Harry in der Bibliothek zu entgehen. Meine Mitbewohnerin hatte jeden Tag ein neues Regal, das sie auswendig lernte. Glücklicherweise hatte sie keine Genehmigung und so konnte ich ihr aus dem Weg gehen. Nur einmal hatte mein Pate mich noch beiseite genommen, um mit mir über etwas zu reden, doch ich hatte ihm gesagt, dass ich mich auf die Schule konzentrieren wollte. Das stimmte auch, schließlich hatte ich ihm versprochen, nirgendwo schlechter als Annehmbar zu sein, auch wenn das in Astronomie eng werden könnte. Deshalb bat ich ihn nur kurz um eine Genehmigung für Eva, die er ihr nach einigem Grummeln auch erteilte. So konnten wir uns beide in der Verbotenen Abteilung verkriechen und stundenlang Sternenkarten auswendig lernen.

Dennoch ließ mich die nagende Sorge nicht los, dass Harry Recht hatte. Es war allerdings beruhigend zu sehen, dass Quirrell nicht nervöser war als sonst. Er war zwar bleicher und dünner, was sich mit jeder Woche verstärkte, aber er kam mir nicht vor, als würde er von Snape unter Druck gesetzt.

Eleonora Black und der Verbotene Korridor ∥ Ⅰ ∥ Abgeschlossenحيث تعيش القصص. اكتشف الآن