Kapitel 29 - Der Ärger danach

789 55 6
                                    

Ich kam auf dem Boden auf. Deutlich sanfter, als ich erwartet hatte, trotzdem trommelte etwas auf mich ein und ich wurde ohnmächtig. Langsam kämpfte ich mich durch die Schwärze. Schließlich hörte ich Stimmen, die aufgeregt tuschelten. Wie durch klebrigen Schleim lief ich auf die Stimmen zu. Ich schreckte hoch und stieß mir den Kopf.

„Aua!", beschwerte sich eine mir bekannte Stimme. „Ich glaube, sie ist aufgewacht", meinte eine andere. „Krieg ich meinen Zauberstab zurück?", fragte noch jemand.

Vorsichtig rieb ich mir den Kopf und schlug die Augen auf. Diesmal blieb ich lieber liegen. Das erste, was ich sah, war ein mir unbekanntes Gesicht, das von orangegelben Haaren umrahmt wurde. Das fremde Mädchen hatte eine Beule an der Stirn. „Eleonora?", fragte sie. Ihre Stimme kam mir bekannt vor. „Eva?", fragte ich zurück. Sie grinste und machte Anstalten, mir um den Hals zu fallen.

„Ne, ne. Das lässt du mal schön bleiben, Mädchen", widersprach jemand und hielt sie an ihrer Schulter zurück. Das Raubvogelgesicht von Madam Hooch tauchte über mir auf. „Was hast du dir dabei nur gedacht?"

Ich wäre gerne in hysterisches Lachen ausgebrochen. Was ich mir dabei gedacht hatte? Ich will mal eben in den Orbit fliegen natürlich! „Das war ein Versehen", nuschelte ich.

„Versehen?", polterte die Fluglehrerin. „Du bist geflogen, als wolltest du zum Mond! Ich wette, dich haben auch die Muggel gesehen!"

Ich verdrehte die Augen. Muggel waren im Moment meine geringste Sorge. Ich war fast gar nicht mehr heruntergekommen. Vielleicht wäre ich jetzt ein Ball aus Biomasse im All, wenn ich es nicht geschafft hätte, umzudrehen. Wobei ... wie hatte ich das eigentlich geschafft?

„Krieg ich meinen Zauberstab zurück?", fragte wieder jemand. Es war die gleiche Person, die das vorhin schon gesagt hatte. Alle ignorierten sie, deshalb tat ich das auch.

„Bekomme ich jetzt Ärger?", fragte ich besorgt. Wurde man wegen so etwas von der Schule geworfen? Dabei hatte ich mir erst vor ein paar Tagen geschworen, keine Regeln mehr zu brechen. Schließlich wollte ich nicht enden wie mein Onkel. Hätte der einen spontanen Ausflug Richtung Planeten unternommen? Vielleicht. Das wäre eine Frage, die ich Snape demnächst mal stellen konnte. Aber erst musste ich alles über Vergessenszauber herausfinden und ihn auf Madam Hooch und die Flugklasse anwenden. Und bitte auch noch auf mich selbst. Ich stöhnte.

„Geht's dir soweit gut?", erkundigte sich Evangeline mit sorgenvollem Blick.

„Jaja", murmelte ich. Mein Kopf fühlte sich nur so an, als wäre ich eine Fliege in einem Taifun gewesen, aber sonst ist alles gut. Und irgendwie lag ich unbequem. Ich griff hinter mich und zog etwas unter mir hervor. Dann hielt ich es mir vor die Nase. Es dauerte etwas länger als sonst, bis meine Augen scharfgestellt hatten. Schließlich erkannte ich es doch. Es war ein Zauberstab. Wie der dahin gekommen war, wusste ich definitiv nicht.

„Krieg ich meinen Zauberstab jetzt bitte endlich zurück?", fragte jemand erneut. Ich drehte meinen Kopf und entdeckte Lavender Brown, die gerade zum wiederholten Male ihr Zauberutensil zurückforderte. Ich reichte ihr das Holzstück. Sie ergriff es dankbar und untersuchte es nach Beschädigungen. In einer anderen Situation wäre ich jetzt vielleicht beleidigt gewesen, aber dafür war ich noch viel zu verwirrt und außerdem war ich eine Expertin für beschädigte, merkwürdige Zauberstäbe.

Langsam richtete ich mich auf, wobei Eva mir half, zusammen mit einigen anderen Schülern. Madam Hooch stand etwas abseits und sprach mit Neville. Kurz darauf rannte er über das Feld in Richtung Schloss. Ich sah Madam Hooch zu, wie sie wieder zu uns kam. „Geht's dir wieder besser, Mädchen?" Ich nickte zögerlich.

„Könntest du dann den anderen Schülern bitte ihre Zauberstäbe wieder zurückgeben?", bat sie mich. Ich konnte ihren Blick nicht genau deuten, aber ich glaubte, so etwas wie Angst darin zu sehen. Außerdem verstand ich nicht, was sie meinte. Schon klar, ich hatte auf Lavenders Zauberstab gelegen, aber ich wusste doch auch nicht, wieso. Dann sah ich allerdings an mir herunter und mir fiel die Kinnlade herunter. Überall auf meinem Umhang lagen Zauberstäbe. Wie die Stacheln eines Igels ragten sie in die Höhe. Probehalber zupfte ich einen von meinem Umhang. Es war Hermines Zauberstab. Ich reichte ihn ihr und tat das Gleiche mit den anderen Zauberstäben. Die Gryffindors sahen mich mit merkwürdigen Blicken an. Nicht nur bei Seamus konnte ich Angst entdecken. Auch die anderen schienen eher Abstand von mir halten zu wollen. Zum Glück traf das nicht auf Hermine, Ron, Harry und Eva zu. Sie versuchten mich so zu behandeln, wie sonst auch. Das klappte so mittelmäßig. Hermine murmelte die ganze Zeit vor sich hin, dass sie das unbedingt in der Bibliothek nachschlagen müsste. Und Ron hingegen flüsterte immer wieder „Wow!" oder „Voll krass!" Auch Evas Nervosität merkte ich, denn sie wechselte alle paar Sekunden das Aussehen. Das konnte ich ihnen aber nicht übelnehmen, da ich vermutlich auch erstmal geschockt gewesen wäre, wenn so etwas meinem Mitschüler passiert wäre. Nur Harry blieb relativ unbeeindruckt. Aber er hatte ja auch schon mal dem Dunklen Lord gegenübergestanden. Da war ich eine kleinere Katastrophe.

Eleonora Black und der Verbotene Korridor ∥ Ⅰ ∥ AbgeschlossenWhere stories live. Discover now