Kapitel 37 - Schachspiel auf Leben und Tod (und Trolle!)

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Quirrell grinste fies, als ich näherkam. Seltsamerweise war aber all die Angst, die ich zuvor gehabt hatte, wie weggeblasen. Ich wollte einfach nur noch auf Zeit spielen und das im wahrsten Sinne des Wortes. Selbst wenn ihm oder seinem Hinterkopf auffallen würde, dass ich in Schach die absolute Niete war, konnten sie nichts dagegen tun, außer selbst das Spiel zu kommandieren. Und das hatte nun definitiv nicht gut funktioniert.

Ich musste jetzt also nur noch das Spiel verlieren, was mit meinen mangelnden Fähigkeiten aber auch nicht schwer war. Als ich neben Quirrell angekommen war, bemerkte ich einen eigenartigen Geruch, der ihn umgab. Irgendwie ekelerregend. Vielleicht die Fratze am Hinterkopf. Um es nicht mehr länger riechen zu müssen, rückte ich etwas von ihm ab. Ich saß weiterhin auf meinem Besen und zog den Stiel nun etwas hoch, um in die Höhe steigen zu können. Ja, das würde professionell aussehen, wenn ich dort den Überblick haben würde. Schwarz war dran, deshalb beobachtete mich mein Lehrer aufmerksam. Ich sah mich nach einer Figur um, die vielleicht eine der weißen Figuren aus dem Rennen befördern könnte. Sodass würde Quirrell an mein Schachtalent glauben. Zum Glück für mich stand einer der schwarzen Bauern diagonal vor einem Turm. Ich rief ihn auf und ließ ihn den Turm zerstören. Der Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste war wohl wirklich kein Schachspieler, denn er bedachte mich mit einem anerkennenden Blick. Als ob ich etwas geleistet hätte.

Weiß war nun an der Reihe und zerhackstückselte einen anderen Bauern. Ich reagierte mit einem scheinbar siegesgewissen Lächeln und ließ den vorhin so ruhmreichen Bauern ein Feld vorrücken. Quirrell runzelte die Stirn und versuchte wohl meine Strategie zu durchschauen. Ha! Da konnte er so lange warten, bis in seinem Magen eine Bezoar wuchs! Ich hatte überhaupt keine Strategie. Ich wusste noch, dass man sich eine Figur zurückwünschen konnte, wenn der Bauer den anderen Spielfeldrand erreichte. Und das wollte ich.

Weiß riss wieder einen Bauern aus dem Leben und näherte sich gefährlich dem König. Jetzt musste ich doch etwas tun und ließ Quirrell in seiner Funktion als Dame die Figur zerstören. Vermutlich hätte es ausgereicht, auf sie zuzutreten, aber Quirrell feuerte etliche Flüche auf sie ab und nahm sie vollkommen auseinander. Es tat mir fast schon leid.

Wir spielten weiter und immer wenn ich die Möglichkeit hatte, weiße Statuen zu schlagen, ergriff ich sie auch. Eigentlich hauptsächlich, um dem Lehrer zu zeigen, dass ich es konnte. Andererseits aber auch, weil ich hoffte, dass die weißen Figuren so mehr Möglichkeiten hatten, sie zu schlagen.

Irgendwann wendete sich das Blatt und ich hatte es tatsächlich geschafft, so etwas wie ein Gleichgewicht herzustellen. Obwohl ich verlieren wollte, hatte ich fast schon einen Sieg bewirkt. Ich war nun vorsichtiger, opferte Figuren, sodass bald nur noch ein Läufer, Quirrell als Dame, der Bauer kurz vorm Feldrand und der König übrig waren. Jetzt ließ ich den Läufer direkt auf den gegnerischen König zumarschieren. Hoffentlich würde er geschlagen werden. Doch weiß schlug ihn nicht, sondern verfrachtete seinen König ein Feld zur Seite. Quirrell metzelte einen Bauern nieder und ich hoffte schon, dass die weiße Dame sich seiner annehmen würde. Allerdings tat sich nichts. Stattdessen wurde der König erneut ein Feld weiter zur Seite gestellt. Ohne sich mit mir abzusprechen, schlug Quirrell die gegnerische Dame.

„Was sollte das?", wollte ich empört wissen. Wenn er jetzt auch noch anfangen würde, eigenmächtig zu handeln, würde er das Spiel gewinnen. Und das konnte ich unmöglich zulassen.

„Du bist viel zu vorsichtig", warf er mir vor. „Wenn wir nur deine Strategie verfolgen, dauert es noch ewig." Da hatte er aber sowas von unrecht! Zumindest mit dem Ersten. Ich spielte hier auf Teufel komm raus. Niemand würde solche Risiken eingehen, wenn er das Spiel gewinnen wollte. Aber das es noch ewig dauerte, wäre mir sehr recht.

„Überlass das strategische Denken gefälligst mir!", zischte ich ihm noch genervt zu und schickte unseren Läufer geradezu in den Tod auf das Feld neben die gegnerische Königin. Diesmal ergriff sie die Chance, eine unserer Figuren zu schlagen.

Eleonora Black und der Verbotene Korridor ∥ Ⅰ ∥ AbgeschlossenWhere stories live. Discover now