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Nun sitze ich hier und starre auf die Straße unter mir

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Nun sitze ich hier und starre auf die Straße unter mir. Es ist noch so früh am Morgen das nicht wirklich Leute unterwegs sind. Und die, die unterwegs sind haben besseres zu tun als auf einen Jungen zu achten, der auf einer Brücke sitzt. Das dachte ich zumindest, bis ich ein Auto hinter mir wahrnehme, dass immer langsamer wird und schlussendlich zu stehen kommt. 

Ich wende meinen Blick hinter mich und möchte nur eine Person dort sehen, doch ich werde enttäuscht. Es ist eine mir vollkommen fremde Frau und ich seufze leise ehe ich meinen Blick wieder nach vorne richte. "Hey... Du? Was machst du hier?!", fragt sie und ich reagiere einfach nicht. Sie ist mir egal. Ich will nur ihn hier haben.

Ich höre, wie eine Autotüre zugemacht wird und dann kann ich die knirschenden Schritte hören, die sie im Schnee macht, als sie auf mich zukommt. "Wenn du noch einen Schritt näher kommst, lasse ich mich fallen.", meine ich nun aber und höre, wie sie direkt stehen bleibt. Leicht muss ich schmunzeln. Meine Drohung bringt etwas.

"Es gibt doch noch andere Wege...", meint sie und ich atme tief durch. Wieso denken Personen, die mich nicht kennen eigentlich immer, sie wüssten, was ich denke? Es gibt keine andere Möglichkeit ihn wieder zu finden. ich muss ihn provozieren. Er hat versprochen, mich zu schützen. Er muss sein Versprechen einhalten!

"Lass das sein...", meint sie nun und ich höre, wie sie wieder einen Schritt auf mich zukommt. Ich drehe meinen Kopf zu ihr und lehne mich etwas nach vorne. "Ich sagte, keinen Schritt weiter!", bemerke ich ruhig an und merke, wie sich in meinem Körper etwas verändert. Ich kenne dieses Gefühl. Mir ist es egal, was mit mir passiert, egal ob sie noch näher kommt. Ich lasse los, wenn sie es provoziert.

Es gibt gerade nichts in meinem Leben, für dass es sich lohnen würde zu leben. Meine Eltern behandeln mich seltsam und mein ehemaliger bester Freund hat sein Leben weitergeführt. Er redet nicht mehr offen mit mir und auch zu ihm ist eine Distanz entstanden, die ich nicht erklären kann. Master Ilja, Demian und Julian... Alle, die mich in den letzten Monaten so zusammengehalten haben sind weg und jeder sagt nur, ich habe mir dies nur eingebildet. Kann ich wirklich so tief sinken? 

Ich sehe, wie die Frau stehen bleibt und die Hände hebt, dann geht sie ein paar Schritte zurück und runzelt die Stirn. "Warte mal... Ich kenne dich doch... Du bist doch der Junge, der als vermisst gegolten hat...?", meint sie dann und schlagartig weite ich meine Augen. Ich... Bin als vermisste gelistet? "W-wie meinen Sie das?", frage ich nun eindeutig unsicherer nach und mein Puls geht in die Höhe.

Wenn das das bedeutet, das ich denke dass es bedeutet heißt es ja, dass ich recht hatte! Sie mustert mich ein wenig und entspannt dann ihre Körperhaltung. Dann zuckt sie leicht mit den Schultern und geht auf ihr Auto zu. Will sie jetzt einfach gehen? Das kann sie doch nicht machen, ohne mir Antworten zu geben. Ich merke, wie mein Körper von alleine beginnt, wieder auf die sichere Seite der Brücke zu gehen und auch sie sieht das.

"Wenn du eine Antwort willst, kommst du bitte zu mir an mein Auto. Mir ist kalt und auch du siehst so aus, als würdest du frieren. Ich geb dir eine Jacke und dann antworte ich dir, okay?", fragt sie und ich beiße meine Lippen zusammen. Sie schlägt mich mit so simplen Waffen... Aber ich will, nein ich brauch die Antwort! Also nicke ich leicht und gehe langsam auf die Frau zu. Sie öffnet den Kofferraum und ich bleibe direkt auf Abstand stehen und beobachte sie ganz genau, doch sie holt nur eine Jacke heraus und macht ihn wieder zu. Die Jacke schmeißt sie mir zu und ich fange sie, ehe ich auch schon in sie hinein schlüpfe und zufrieden feststelle, dass sie warm und weich ist.

Dann richte ich wieder meine volle Aufmerksamkeit auf sie und sie lehnt sich an ihr Auto. "Also..?", frage ich nochmal nach und sie nickt. "Ja ich bin mir sicher... Vor ein paar Monaten... Anfang der Sommerferien war es überall in den Nachrichten. 'Junge, 17 Jahre vermisst'. 'L. Müller entführt?'. Überall hat man dein Bild gesehen. Die Polizei hat weitläufig nach dir gesucht. Zwar sahst du auf den Bilder anders aus, aber dieses Gesicht... Diese Augen würde ich überall wieder erkennen.", meint sie und ich bekomme große Augen. "B-beweisen Sie das!", verlange ich und zittere trotz der Jacke.

Sie nimmt ihr Handy heraus und kurz darauf kommt sie auf mich zu. Automatisch weiche ich etwas zurück und schaue sie unsicher an, doch sie bleibt direkt stehen und streckt mir das Handy zu. Ich gehe nach einem Moment des Zögerns auf sie zu und sehe, dass sie einen Artikel vom 12.08. geöffnet hat.


L. Müller noch immer vermisst - Eltern verzweifelt

Tuttlingen - Noch immer wird der siebzehnjährige Lukas Müller vermisst. Seit er vor einer Woche am Samstagabend nicht von der Arbeit nach Hause gekommen ist, suchen die Eltern ergebnislos nach Hinweisen, wo ihr Sohn ist. Nach Aussagen des Arbeitgebers ist der Junge wie jeden Tag pünktlich gegangen und....


Ich scrolle weiter und sehe ein Bild von mir. Es ist das Bild, dass wir am Tag meines Abschlusses gemacht haben und ich strahle mir selber entgegen. 'Bei Hinweisen melden Sie sich bitte bei der nächsten Polizeistation' steht noch unter dem Bild, doch ich achte nicht darauf. Das ist der Beweis, den ich gesucht hatte. Ich hatte recht. Die ganze Zeit. Wieso bin ich nur so dumm gewesen und habe nicht selber gegooglt. Vielleicht liegt es daran, dass ich noch immer nicht mit der Tatsache klar komme, dass ich einfach so ein Handy benutzen kann...

Ungläubig weiche ich ein paar Schritte zurück und schüttel leicht meinen Kopf. Sie haben mich alle belogen. Aber... Wieso? Ich lasse mich auf den Boden sinken und raufe mir die Haare. Ich hatte die ganze Zeit recht. Master Ilja existiert... Sie alle existieren. Ich muss ihn finden. Ich muss einfach.

"Lukas...?", nehme ich nun weider die Stimme der Frau wahr und sehe, wie sie mich besorgt anschaut. Doch ich stehe nur auf und lächel sie leicht an. "Danke sehr Miss... ich danke Ihnen wirklich. Sie haben etwas gut bei mir, doch ich muss jetzt gehen. Ich muss jemand finden... Vielen Dank!", rufe ich noch und renne los. Ich gehe den ganzen Weg zurück und stehe schwer atmend vor der Haustüre meiner Eltern.

Ich habe einen Entschluss gefasst. Ich werde ich finden. Ich werde alles in Bewegung setzten, um wieder bei ihnen zu sein. Und niemand wird mich aufhalten!

 Und niemand wird mich aufhalten!

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Shadow - Versklavt aber FreiWhere stories live. Discover now