Kapitel 10

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"Wollen wir noch was Essen? Durch diese ganzen Geschäfte zu hechten macht mich echt fertig." Überrascht, dass ein vollkommen brauchbarer Vorschlag, der kein Platz für fiese Hintergedanken lies, von Jack kam, willigte er ein.

Essen war immer eine gute Idee und alles war besser, als in diesem Laden zu bleiben. Peinliche Situationen hatte er heute definitiv genug erlebt. Jack steuerte ein eher kleineres Lokal an und lies sich an einem Tisch in der hintersten Ecke nieder. War ja klar.

"Also" versuchte Dan Konversation zu machen. "Warum hast die Unterwäsche gekauft beziehungsweise darauf bestanden, dass ich sie anziehe?"

Jack starrte ihn finster über den Tisch hinweg an. "Am liebsten ziehst du sie mir ja aus, deswegen verstehe ich den Sinn nicht" meinte Dan mit einem zweideutigen Grinsen, in dem Versuch, die Stimmung etwas aufzulockern.

"Oha" kam erstaunt von Dan's rechter Seite. Erschrocken blickte er in das Gesicht eines unbekannten Mädchens. Auf Grund der Schürze und des Namensschildes - sie hieß Leonie - schloss Dan, dass sie ihre Kellnerin war.

Jack's Blick wurde, falls das überhaupt möglich war, noch grimmiger. "Ich weiß nicht, was die Schwuchtel bei mir macht" erklärte Jack. "Läuft mir schon den ganzen Tag nach" murmelte er noch hinterher.

Das Jack sowas tun würde, sollte Dan nicht mehr überraschen, enttäuschte ihn aber schon. Warum konnte er nicht einfach sagen, dass sie nur Spaß gemacht hatten? Nein, Jack doch nicht. Der lies ihn ins offene Messer laufen.

"Jack, hör auf dich so scheiße zu benehmen und entschuldige dich bei ihm" forderte Leonie. Durcheinander schaute Dan zu ihr. Anscheinend kannten sie sich. Obwohl, niemand, der Jack näher kannte, würde so mit ihm reden. Außer Nick.

Waren sie vielleicht auch befreundet? Jack wirkte nicht wie der Typ, der viele Freunde hatte, aber was wusste Dan schon. Um ihn vor einer eventuellen Freundin nicht zu blamieren, entschied er zu intervenieren.

"Ist schon gut. Ich hab einen unangebrachten Scherz gemacht, dafür kann er nichts." Zweimal blinzelte die Kellnerin ihn an, bevor sie sich zu Jack drehte. "Was hast du mit dem armen Jungen gemacht?" forderte sie zu wissen.

"Ich hab nichts mit ihm zu tun" blieb er bei seiner Lüge. "Solltest du nicht außerdem die Bestellung aufnehmen?" lenkte er ab. Leonie stemmte eine Hand in ihre Hüfte. "Was bin ich? Deine Bedienung?" Bei dieser rhetorischen Frage klang sie richtig beleidigt.

Kurz schaute sie zwischen den zwei Jungs hin und her. "Ich bring euch was" legte sie fest und ging dann hinter die Theke.

"Will sie nicht wissen, was wir wollen?" fragte Dan, dem das Ganze hier zu suspekt war. "Sie ist immer so" meinte Jack schultezuckend. "Und außerdem weiß sie, was ich will."

Eine Virtelstunde später kam sie mit einer Pizza zurück, die sie zwischen den beiden Jungs platzierte. "Was sollen wir mit einer Pizza?" erkundigte sich Jack, während er das Essen beäugte, als würden ihm Arme wachsen.

"Wenn du dich entschuldigst bekommst du auch eine" teilte sie Jack mit. "Ich wüsste nicht wofür." Stur wie Jack war, konnte man gar nichts anderes von ihm erwarten.

"Okay." Sie zuckte mit den Schultern.

"Jack ist mein Ex. Ich hab mit ihm Schluss gemacht, als mein Bruder mir erzählt hat, dass sie was miteinander hatten. Seitdem haben wir Dauerstreit, weil er ein homophober Arsch ist und mir nicht glauben will, dass er auf Typen steht" rasselte sie in einem Atemzug runter.

Egal wie seltsam Dan alles bis zu diesem Moment fand, jetzt war es um ein Vielfaches komischer. Er wusste nichts von einer Ex oder von deren Bruder. Moment mal-

"Willst du damit sagen, dass er schwul ist?" fragte Dan und seine Stimme überschlug sich fast. Während Leonie nickte, sprang Jack auf und schlug seine Faust auf den Tisch. "Bin ich nicht ok!" rief er wütend. "Ich bin es nicht." wiederholte er sich und betonte dabei jedes Wort einzeln.

"Ist doch ok, reg dich ab" beschwichtigte Leonie ihn und legte eine Hand auf seine Schulter. Sanft aber dennoch bestimmend drückte sie ihn wieder auf seinen Stuhl zurück. "Du musst nicht jedes mal so in die Luft gehen" wies sie ihn zurecht.

"Dann hör du auf zu sagen ich wär' ne Schwuchtel" forderte er im Gegenzug. Genervt stöhnte Leonie auf. "Esst eure Pizza und seid friedlich."

Dan lies sich das nicht zweimal sagen und griff nach einem Stück. Das war genau das, was er nach einem langen Tag brauchte.

Jack saß mit vor der Brust verschränkten Armen vor ihm und starrte sauer auf den Tisch. "Ach Jack" seufzte Dan und schnitt ein weiteres Stück Pizza ab. "Wenn du willst, können wir so tun, als wäre das nicht passiert, ja?"

Zur Versöhnung hielt er ihm das dampfende Stück hin. "Ich bin nicht schwul" war alles was Jack dazu sagte. "Von mir aus. Du kannst sein was du willst. Ich erwarte nicht, dass du dir ein Label gibst, wenn du dich damit nicht wohl fühlst" lenkte Dan ein.

"Gut, denn ich bin nicht-" setzte Jack erneut an, wurde aber unterbrochen. "Du bist nicht schwul, okay. Ist angekommen." Abermals hielt Dan ihm die Pizza hin. "Aber hungrig bist du schon, oder?"

Mürrisch griff Jack nach dem Stück, was Dan mit einem Lächeln quittierte. "Geht doch."

Mehr als ein Kuss ~ boyxboyحيث تعيش القصص. اكتشف الآن