Epilog

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"Ich lerne also heute nicht nur deine Schwester und deine Mutter kennen, sondern zudem noch Nicks Ex, der sowas wie sein bald Partner ist?", fasste Oli den geplanten Tag zusammen.

"Exakt", bestätigte Dan und musste dabei selbst lachen. Irgendwie war es auch reichlich skurril.

"Und zudem habe ich Elisa eingeladen. Plus Hendrik, Merle, Sebastian, und sämtliche meiner Freunde und Freundinnen", zählte Dan weiter auf.

"Ähm also darauf war ich nicht ganz vorbereitet. Das sind ganz schön viele Leute", stellte Oliver fest, während er ein weißes Hemd bügelte.

"Ich habe ja auch nicht ständig Geburtstag", erklärte Dan und schmiegte sich von hinten an seinen Freund. Genießerisch ließ er seine Hände über dessen nackten Brustkorb fahren.

"Da war doch noch so eine andere Sache", neckte Oli ihn und stellte das Bügeleisen ab, um sich in Dans Armen umdrehen zu können.

"Hm, ich weiß nicht, was du meinst", spielte Dan mit. Laut lachte er auf, als Oli ihn kitzelte.

"Okay gut", gab er sich geschlagen.

"Ich höre?"

"Ich bekomme wahrscheinlich auch nicht ständig einen tollen neuen Job", gab Dan zu. Ihm war es ein bisschen unangenehm, deswegen so einen Wirbel zu machen. Obwohl er stolz war, dass er nach dem Trubel der letzten Jahre mittlerweile wieder so fest auf den Beinen stand.

Nach seinem letzten Treffen mit Jack hatte er reichlich spontan ein Urlaubssemester genommen und wanderte in diesem ein halbes Jahr den Jakobsweg entlang. Er und Oliver hatten in dieser Zeit eine Pause gemacht - auf Dans Drängen hin.

Er musste sich nicht darüber klar werden, ob er Oliver noch wollte oder nicht. Das wusste er. Er wollte die Zeit jedoch nutzen, um einerseits Oli die Chance zu geben, jemand kennenzulernen, der besser für ihn war und andererseits, um sein emotionales Chaos in den Griff zu bekommen.

Dieses halbe Jahr, in dem er - abgesehen von gelegentlichen Telefonaten mit seiner Mutter, Schwester und selten Oliver - größtenteils mit sich allein war, hat mehr für ihn getan als all die letzten Jahre, in denen er Jack vergessen wollte.

Das Wissen, dass er ihn liebte und sie es doch nicht schafften, zusammen zu sein, tat viele Monate sehr weh, doch jeden Morgen stand er mit dem Gedanken auf, dass sie niemals ein Wir werden, dass Jack sich nicht ändern würde, dass er selbst nicht plötzlich eine andere Person wird und dass es keine Hoffnung mehr gibt.

Der Schmerz dieses Gedankens ließ ihn jeden Tag so weit laufen, bis sein Körper seinen seelischen Schmerz widerspiegelte. Nach ein paar Wochen war er so lange davor davongelaufen, dass sein Körper nachgab und ihn zwang, den restlichen Weg anders anzugehen.

Er dachte viel nach, über sich, über Jack, über die Vergangenheit, aber auch über Oli und darüber, wie er sich seine Zukunft vorstellte.

Jeden Tag haderte er damit, ob er Oliver von seiner Eskapade mit Jack erzählen sollte. Würde es ihn kaputt machen oder ist Ehrlichkeit wertvoller? War es schlimmer ihm das Herz zu brechen oder ihn zu belügen?

Würde Oliver ihm je wieder mit derselben Liebe begegnen oder würde er ihn für immer verlieren?

Jack hatte Recht damit, dass er weder seine Gegenwart noch Zukunft sein konnte noch sollte. Sie hatten diese vermurkste Beziehung viel zu lange andauern lassen. Sie hingen beide aneinander und keiner konnte sich lösen.

Mit jedem Kilometer, den Dan lief, konnte er sich mehr mit der Realität abfinden, dass Jack keinen Platz mehr in seinem Leben hatte und er keinen mehr in Jacks. Sie waren nur eine Episode im Leben des anderen. Eine sehr intensive, von Höhen, Tiefen und starken Gefühlen durchzogene Episode.

Mehr als ein Kuss ~ boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt