Kapitel 92

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Es geht in rasanten Schritten auf das Ende zu. Das kommt vielleicht plötzlich, aber irgendwann muss sich Dan schließlich mal entscheiden :D Daher auch nochmal der (fiese) Cut am Ende dieses kurzen Kapitels. Nächsten Sonntag wird die Frage am Ende des Kapitels aufgelöst und die Woche drauf ist auch schon der Epilog dran.

Die Wochen nach dem Gespräch mit seiner Schwester waren innerlich aufreibend für Dan. Die ständigen Gedanken darüber, was die richtige Entscheidung sein würde, und seine Schuldgefühle zermürbten ihn.

Oliver hatte ihn schon darauf angesprochen, was mit ihm los war und Dan hatte ihn wieder einmal angelogen. Er hasste sich dafür, wie schlecht er diesen wahnsinnig tollen Menschen behandelte.

Nicht nur einmal war ihm der Gedanke gekommen, sich eventuell gar nicht zu entscheiden und seine Gefühle zu beiden auszuleben, doch dies ließ sich mit seinen Moralvorstellungen auf lange Sicht nicht vereinen. Zumindest mit den wenigen, die er noch nicht über Bord geworfen hatte.

Nach vielen schlaflosen Nächten, Alpträumen und Grübeleien stellte er schließlich für sich fest, dass er so, wie er momentan war, nicht der Partner sein konnte, den Oliver verdiente. Und solange er nicht mit hundertprozentiger Überzeugung alles dafür tun konnte, Oli so glücklich zu machen, wie er es verdiente, war es unfair mit ihm zusammen zu sein.

Er hatte nie eine Chance mit Jack gehabt, sich jedoch all die Jahre danach gesehnt. Er würde es sich nie verzeihen, wenn er es nicht probierte. Entweder er hätte danach Jack oder die Freiheit sich voll und ganz auf jemand anderen einzulassen.

Und wenn zweiteres der Fall wäre, würde er nie wieder einen romantischen Gedanken an Jack zulassen. Er würde von diesem Punkt an der treue, liebende Partner sein, den Oliver umgekehrt für ihn darstellte.

Eigentlich konnte er gar nicht verlieren, sagte er sich, während er entweder ein letztes Mal oder das erste Mal von vielen weiteren zu Jacks Wohnung fuhr. Es war ein ganz normaler Donnerstag, an dem Oliver lange arbeitete und danach etwas mit Elisa vorhatte.

Ein schreckliches Schuldgefühl war mittlerweile zu Dans ständigen Begleiter geworden. Doch nach diesem Tag würde er sich endlich richtig verhalten. Einen von beiden musste er gehen lassen und das würde er auch.

Er hätte fast nicht emotional aufgewühlter sein können, als er vor Jacks Wohnung hielt. Entweder alles oder nichts. Entweder es würde ihr Anfang oder finales Ende sein und er wusste nicht sicher, ob er nach all der Zeit wirklich damit abschließen könnte.

Unabhängig davon würde er es akzeptieren. Was auch immer bei seinem bevorstehenden Gespräch mit Jack rauskommen sollte, er würde es akzeptieren.

Bevor er aus Angst wieder umkehrte, klingelte Dan und wurde fast sofort von Jack hineingebeten. Diesmal hatte er sich angekündigt, da er wusste, dass er es sonst noch weiter hinausschieben würde. Das hatte er schließlich schon zwei Mal getan.

"Hey." Jack begrüßte ihn an der Wohnungstür mit einem leicht erhobenen Mundwinkel. Oh Gott. Wie sollte Dan es nur schaffen gleich zu sagen, was er zu sagen hatte?

"Hallo", erwiderte Dan und lächelte fast automatisch. Die erste große Liebe war nun mal etwas ganz Besonderes, daran konnte er nichts ändern.

Jack machte ihm Platz, damit er Jacke und Schuhe loswerden konnte und bewegte sich dann Richtung Küche. Überrascht stellte Dan fest, dass zwei Stücke Kuchen auf dem Tisch standen. Jack hatte doch nicht-

"Setz dich", forderte Jack, bevor Dan seine Verwunderung verbalisieren konnte. Hatte das eine Bedeutung? Schokokuchen und Himbeer-Crumble wie bei dem Treffen damals nach ihrem zweiten ersten Kuss im ehemaligen Haus von Dans Mutter?

Er konnte sich nicht vorstellen, dass Jack sich gemerkt hatte, welche Sorte Kuchen Dan vor Wochen bestellt hatte und doch schien ihm das die logische Erklärung. Er sprach es nicht an, da Jack sicher nicht gerne auf seine kleinen Nettigkeiten aufmerksam gemacht wurde. Das zerstörte das Bild von ihm als Arsch.

Also beließ er es bei einem schlichten: "Danke" und einem reichlich lahmen: "Wie geht es dir?", während er einen Bissen des Kuchens nahm, der ausgezeichnet schmeckte.

"Ok", antwortete Jack schulterzuckend. Das war besser als erwartet. "Dir?", fragte er sogar zurück, was Dan überrascht einen Krümel verschlucken ließ. Hustend griff er nach einem Glas Wasser.

Unter Jacks skeptischem Blick beruhigte er sich nur langsam, doch als er nicht mehr husten musste, sagte er: "Ganz gut. Eigentlich. Aber um ehrlich zu sein, will ich mit dir über etwas reden."

Schweigend zog Jack die Augenbrauen nach oben.

"Ich will viel eher etwas fragen", spezifizierte Dan. Um Zeit zu schinden, aß er weiter seinen Kuchen. Er hatte dieses Gespräch so oft in seinem Kopf geführt, es sollte ihm nicht so schwerfallen.

"Dann frag", forderte Jack ihn auf.

"Antwortest du mir ehrlich?" Viel zu oft war Jack ihm ausgewichen oder hatte ihn von sich gestoßen, doch eine ehrliche Antwort gegeben hatte er nie.

"Wieso nicht?" Beide wussten welcher Lügen diese Gegenfrage Jack strafte.

"Ich habe das Gefühl, dass du die Wahrheit bei diesem Thema gerne verdrängst", erklärte Dan. Der Kuchen war so gut, dass es ihm gar nicht schwer viel, sich damit zu beschäftigen, statt Jack anzusehen.

"Sag nicht, dass du hier bist, um mit mir über Gefühle zu reden", seufzte Jack genervt, doch Dan entging nicht der leicht belustigte Unterton. Das war doch eine gute Voraussetzung.

"Doch", bestätigte er mutig, auch wenn sich alles in ihm dagegen sträubte. Jack atmete hörbar aus, doch intervenierte nicht.

Auch wenn Dan sich wahnsinnig dazu zwingen musste, brachte er die Frage schließlich ohne Umschweife oder langes Drumherumgerede heraus: "Würdest du eine Beziehung mit mir führen?"

Mehr als ein Kuss ~ boyxboyWhere stories live. Discover now