Kapitel 80

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Jack in diesem Anzug zu sehen, weckte verschiedene Gefühle in Dan. Es erinnerte ihn so sehr an ihren Abiball, wie er mit Jack getanzt hatte, wie sie sich fotografieren ließen, wie Jack sagte, das Schicksal würde sie schon zusammenführen, wenn es so sein soll und wie Jack sich ihm stundenlang hingegeben hatte.

Gleichzeitig dachte er aber auch an den Schmerz, den Jack ihm am Morgen danach zugefügt hatte.

Und jetzt saß er vier Jahre später mit ihm hier, in denselben Anzügen, wieder in einem Hotel - das ließ seine Gedanken an die kommende Nacht abschweifen.

Könnte er das nochmal haben? Könnten sie die Nacht wiederholen? Oder sollte das einfach nicht sein? Würde es überhaupt noch einen Unterschied bei seinen Schuldgefühlen machen, ob er und Jack Sex haben würden oder nicht?

"Weißt du schon, was du bestellst?", riss Jack ihn aus seiner Überlegung. "Ähm..." Dan warf einen Blick in die Karte. "Noch nicht. Du?"

"Hm, ja. Ich glaube, ich nehme diese Pasta-Sache."

"Klingt ja edel", mokierte sich Dan.

"Immerhin habe ich mich schon entschieden. Du hast die Karte nur in der Hand gehalten und mich angestarrt", wies Jack ihn zurecht.

"Du siehst sehr gut aus", sagte Dan das Erste, was ihm einfiel. Es stimmte schließlich. Jack in diesem Anzug war nicht zu verachten.

"Man könnte meinen, du hast es echt nötig", kommentierte Jack abfällig. Dann kam ein Kellner und nahm ihre Bestellung auf.

Dan entschied sich hastig für dasselbe Gericht wie Jack und als der Kellner anfing, ihnen passenden Wein vorzuschlagen, stimmte er mit einem: "Ja, klingt gut" zu, obwohl er keine Ahnung hatte.

"Warum darf ich dir nicht mal ein Kompliment machen?", wollte Dan wissen, sobald sie wieder allein waren.

"Darfst du doch."

"Und warum beleidigst du mich jedes Mal dafür?"

"Weil ich glaube, dass das, was du sagst, gelogen ist."

"Warum sollte es das sein?" Jacks Gedankengänge verwirrten Dan immer wieder.

Jack schaute demonstrativ an sich herunter und dann wieder zu Dan.

"Was willst du mir damit sagen?", hinterfragte Dan, der es sich zwar denken konnte, Jack jedoch nicht in seinem negativen Denken bestätigen wollte.

"Schau mich doch an", forderte Jack verbissen.

"Das tue ich die ganze Zeit, wie dir schon aufgefallen ist", gab Dan schlagfertig zurück.

"Damit sollte sich das Thema doch erübrigen."

"Tut es aber nicht." Dan lehnte sich nach vorne und sprach mit gesenkter Stimme: "Jack, das ändert überhaupt nichts."

"Das ändert alles", widersprach Jack resolut. Natürlich änderte das sein komplettes Leben, jedoch nicht Dans Gefühle zu ihm.

"Wieso konntest du mich dann bei mir zuhause küssen?", forschte Dan nach, in der Hoffnung, Jack so zu zeigen, dass es für ihn keinen Unterschied machte.

Jacks Blick huschte kurz zu den umliegenden Tischen. Ihm war seine Sexualität immer noch unangenehm. Trotzdem war er mit ihm hier, was für Dan einen riesigen Fortschritt bedeutete.

"Da war fast alles wie früher", sagte Jack vage.

"Was brauchst du, um dich wie früher zu fühlen? Willst du ein Arschloch sein und mich rumschubsen?", schlug Dan vor. Jack presste seinen Kiefer fest zusammen.

"Sehr lustig", kommentierte er trocken.

"Das war kein Witz", gab Dan ebenso trocken zurück.

"Ich komme einfach mit der Situation nicht klar. Du machst dieses ganze Wochenende für mich und ich..."

"Du?", motivierte Jack ihn zum Weiterreden.

"Ich bin einfach da."

"Das ist doch genau das, was ich will", versuchte Dan ihm klarzumachen.

"Ich gebe gar nichts", machte Jack nachdrücklich klar.

"Sei einfach nett zu mir und das reicht", sagte Dan, den das Thema langsam nervte. Das hatten sie doch vorhin schon alles. Seit wann hatte Jack überhaupt das Bedürfnis etwas zu geben, statt nur zu nehmen?

"Es ist erbärmlich, dass dir das ausreicht", murmelte Jack. Dan verdrehte die Augen. Ging das schon wieder los...

"Was braucht es, damit du das annehmen kannst?", fragte Dan, der einfach eine Lösung finden wollte, um das Thema nicht noch öfter anschneiden zu müssen.

"Keine Ahnung. Vielleicht dass ich auch was beitrage", überlegte Jack laut.

"Gut, dann lädst du mich zum Essen ein. Schön, dass wir das geklärt haben." Überrascht schaute Jack Dan an, stimmte jedoch zu.

Wie aufs Stichwort wurde ihr Essen serviert. Sie stießen mit dem Wein an, der für Dan um ehrlich zu sein schmeckte, wie jeder andere. Doch es war ihm egal, als er sah, dass Jack ihm über den Rand seines Glases ein leichtes Lächeln zuwarf.

Gott, es machte ihn schwach, wenn Jack lächelte.

Das Essen schmeckte wirklich gut und sie führten eine für ihre Verhältnisse gute Unterhaltung währenddessen. Je weiter sich die Flasche leerte, desto entspannter wurde die Stimmung zwischen ihnen.

"Noch eine?", bot Jack an und deutete auf die fast leere Flasche. Normalerweise hätte Dan Nein gesagt, doch es tat ihnen beiden gut, sich so entspannt verhalten und es auf den Alkohol schieben zu können.

"Ein Glas noch", zeigte Dan dann doch seine Grenze auf. Als der Kellner kam, um die Weinflasche abzuholen, bestellten sie beide noch ein Glas. Bevor der Keller gehen konnte, fügte Dan hinzu: "Könnten sie uns vielleicht noch ein Schälchen mit Erdbeeren bringen?"

Falls diese Anfrage den Kellner verwunderte, zeigte er es nicht. Jack jedoch schaute ihn skeptisch an, worauf Dan ihm ein anzügliches Grinsen zuwarf, das so eindeutig war, dass keine Fragen offenblieben. Er dachte ebenfalls an ihre letzte gemeinsame Nacht.

Sobald der Kellner mit ihrer Bestellung zurückkam, hielt Dan Jack sein Glas zum Anstoßen entgegen und mit einem tiefen Blick in seine Augen sagte er: "Auf eine ereignisreiche Nacht."

Mehr als ein Kuss ~ boyxboyWhere stories live. Discover now